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Visionär und Naturfreund

Jiří Rak hat in der Sächsisch-Böhmischen Schweiz zahlreiche Spuren hinterlassen. Nun verabschiedet sich der Tourismusmanager in Rente.

Von Steffen Neumann
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Eine seit über 50 Jahren währende Symbiose: Jiri Rak und die Böhmische Schweiz, hier im Kyjovské údolí (Khaa-Tal).
Eine seit über 50 Jahren währende Symbiose: Jiri Rak und die Böhmische Schweiz, hier im Kyjovské údolí (Khaa-Tal). © Steffen Neumann

Nein, mit dem Ruhestand hat Jiří Rak gar kein Problem. Eigentlich macht er da weiter, womit er sich die letzten 15 Jahre beruflich befasst hat: Er macht Ausflüge oder fährt gleich ganz in Urlaub. Obwohl Letzteres anfangs schwierig war. „Wohl in Reaktion auf den Beginn meines Ruhestands hatte die tschechische Regierung den Notstand ausgerufen“, scherzt er. Also musste er in Prag bleiben.

„Aber das war nicht schlimm. Wir hatten endlich mal Zeit, uns bisher unbekannte Ecken der Hauptstadt zu entdecken“, erzählt Rak über die Anfänge seines Ruhestands im März, als das Verlassen der Heimatgemeinde nur noch aus triftigen Gründen erlaubt war. Mit „wir“ meint er übrigens sein Frau Hana, die auf allen Ausflügen ihres Wandermannes dabei ist. Und ganz beiläufig verrät der langjährige Tourismusmanager der Böhmischen Schweiz zwei Dinge über sich, die ihn ganz treffend charakterisieren. Rak hat Humor und verliert nie den Spaß am Entdecken.

Manager und Netzwerker

Zwei Eigenschaften, die ihm in Verbindung mit seinen Deutschkenntnissen bei seiner Arbeit für den Tourismus sehr zugute kamen. Als Tourismusmanager verstand er sich als Netzwerker, der früh erkannte, dass die Regionen nur gemeinsam Erfolg haben können. Als Naturliebhaber lebte er den Tourismus, ob zu Fuß oder auf dem Rad. Das bestätigt auch Tino Richter, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Sächsische Schweiz: „Jiří ist einer, der für die Region brennt.“ Er war sich nicht zu schade, selbst Reisegruppen zu führen. Und mit Erfolg, Touren mit ihm waren besonders beliebt.

Besonders setzte sich Rak für den öffentlichen Nahverkehr ein. Die Buslinie von Hřensko (Herrnskretschen) über Mezní Louka (Rainwiese) und Jetřichovice (Dittersbach) nach Krásná Lípa (Schönlinde) zählt er zu den größten Erfolgen seiner Arbeit. Diese Linie blieb natürlich nicht die einzige. Seitdem ist fast jedes Ziel in der Böhmischen Schweiz mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. „Jetzt fehlt nur noch, dass tschechische Touristen nach Hřensko mit Bahn und Fähre über Schöna anreisen können“, wünscht sich Rak. Dafür müsste diese Fahrt Teil des Verbundtarifs des Bezirks Ústí werden, um attraktiv zu sein. Rak denkt immer voraus, sieht Möglichkeiten da, wo andere gar nicht hinsehen.

Den Spaß am Entdecken bewahrt

Dank seiner Ausdauer wurde die Eisenbahn-Nebenstrecke von Mikulášovice (Nixdorf) nach Krásná Lípa erhalten. Auch neue Verbindungen wie die Busverbindung zwischen Česká Lípa (Böhmisch Leipa) und Jetřichovice sowie die Direktzüge von Liberec (Reichenberg) und Prag nach Mikulášovice fanden seine Unterstützung. Auf andere Verbindungen wie einen Direktbus vom Großschönauer Trixi-Bad nach Varnsdorf (Warnsdorf) wartet er immer noch. Auch mit der Wiederbelebung der Bahnlinie von Rumburk (Rumburg) nach Jiříkov (Georgswalde) und Ebersbach wurde es nichts. Dafür hat Rak eine Vielzahl von Wanderwegen eröffnet, angefangen vom neuen alten Kammweg bis hin zu kürzeren, auch grenzüberschreitenden Verbindungen. Immer mit dem Ziel, Touristen von den stark frequentierten Wegen wegzulocken. Dazu schaffte er es noch, die Brauerei Falkenštejn mitzugründen.

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Die Sächsisch-Böhmische Schweiz ist Raks Heimat, wie er selbst sagt. Dabei stammt er gar nicht von hier, sondern aus Prag, wo er noch heute lebt. Seine Liebe zu den Sandsteinen wurde schon in frühester Kindheit gelegt.

„Mein Vater nahm mich mit ins Böhmische Paradies, da war ich drei.“ Mit 12 wird Rak zu einer zweimonatigen Kur geschickt - der Junge war zu schmächtig. Am Ende der Kur hatte er sieben Kilo zugenommen und seine lebenslange Liebe entdeckt: die Böhmische Schweiz. Denn die Kur verlebte er im Kindererholungsheim in Jetřichovice. In Prag im damaligen Haus der DDR erstand er seine erste Wanderkarte der Sächsischen Schweiz. Bis Anfang der 1980er-Jahre hatte er alle wichtigen Wanderwege in Sächsischer und Böhmischer Schweiz abgelaufen und den Grundstein für seine spätere grenzüberschreitende Tätigkeit gelegt.

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Die begann erst in der letzten Etappe seines Berufslebens, als ihn der damalige Chef des Tourismusverbandes Marek Mráz einlud, in seinem Team zu arbeiten. „Meine erste Antwort war ablehnend. Ich werde doch nicht meine gut bezahlte Managerstelle in Prag aufgeben“, erzählt Rak. Doch Mráz blieb hartnäckig. Anderthalb Jahre später mietete Rak sich eine Zweitwohnung in Krásná Lípa, dem Sitz des Verbandes. Von Beginn setzte er auf die Zusammenarbeit mit dem Tourismusverband Sächsische Schweiz. Diesen engen Kontakt, aus dem ein einheitliches Marketing und eine Vielzahl grenzüberschreitender Angebote hervorgingen, nennt er den zweiten großen Erfolg seiner Arbeit.

„Wir waren damals lange auf der Suche nach einem Partner in Tschechien. Als wir uns mit Jiří Rak das erste Mal in Bad Schandau trafen, wusste ich gleich, das ist unser Mann“, erinnert sich Tino Richter. „Jiřís Stärke ist seine Hartnäckigkeit. Er ist aber auch menschlich ein toller Charakter, so dass es eine Freude war, mit ihm zusammenzuarbeiten“, schätzt Richter an seinem Kollegen.

Trost nicht nur für ihn: Nach 16 Jahren verabschiedet sich Rak noch nicht endgültig. „Ich habe noch einen Teilzeitjob beim Tourismusverband und werde mich weiter um die Kontakte nach Sachsen sowie den Verkehr kümmern“, verkündet er die gute Nachricht. Visionen hat er ohnehin genug. So setzt er sich dafür ein, die Sommerferien nach deutschem Vorbild regional von Juni bis September zu stückeln. „Bei uns konzentriert sich alles auf die zwei Sommermonate und dann ist wieder Stille“, sagt er.

Tabu und Hoffnung

Vor allem sorgt er sich aber um den Tourismus in Zeiten sterbender Bäume. Und er kämpft für neue Wege. „Die Sächsisch-Böhmische Schweiz war früher durch viele historische Wege verbunden, wie vom Prebischtor zum Winterberg, von Mezní Louka nach Hinterhermsdorf oder durch die Schönlinder Brücke“, nennt er nur einige. Im Riesengebirge gebe es viele Verbindungen über die Grenze. „Warum soll das bei uns nicht auch möglich sein“, fragt er, wohl wissend, dass dieses Thema für beide Nationalparkverwaltungen ein großes Tabu ist.

Er hat die Hoffnung nicht aufgegeben, doch noch einmal über die alten Wege wandern zu können, mit denen seine Liebe zur Böhmischen Schweiz einst begann.