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Erdgas: Türken und Griechen verhandeln

Im Sommer 2020 wäre der Erdgastreit zwischen der Türkei und Griechenland fast eskaliert. Was ist nun von den Verhandlungen zu erwarten?

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Auch Deutschlands Außenminister Heiko Maas (l,SPD), war an den Gespräche beteiligt. Neben ihm sein türkischer Amtskollege  Mevlüt Cavusoglu.
Auch Deutschlands Außenminister Heiko Maas (l,SPD), war an den Gespräche beteiligt. Neben ihm sein türkischer Amtskollege Mevlüt Cavusoglu. © Turkish Foreign Ministry/AP

Istanbul. Nach fünfjähriger Pause haben Griechenland und die Türkei wieder Sondierungsgespräche zur Beilegung des Erdgasstreits im östlichen Mittelmeer aufgenommen. Die insgesamt 61. Runde der Gespräche zwischen den Delegationen beider Länder fand am Montag im Dolmabahce-Palast in Istanbul statt, berichtete der staatliche Nachrichtensender TRT.

Zwischen den beiden Nachbarländern schwelt seit Monaten ein Konflikt um Erdgas. Im vergangenen Jahr wäre er fast militärisch eskaliert. EU-Mitglied Griechenland wirft der Türkei vor, in Meeresgebieten nach Erdgas zu suchen, die nach internationalem Seerecht nur von Griechenland ausgebeutet werden dürften. Nach Lesart Ankaras gehören diese Gebiete jedoch zum türkischen Festlandsockel.

Günter Seufert, Leiter des Centrums für angewandte Türkeistudien (CATS) in Berlin, sagte, es sei positiv zu bewerten, dass beide Seiten miteinander redeten. Schnelle Ergebnisse erwarte er aber nicht, Athen und Ankara sei daran gelegen, Zeit zu gewinnen. "Die Türkei fühlt sich in der Außenpolitik, was die Westanbindung betrifft, auf dem Prüfstand und kann es sich im Augenblick nicht leisten, zu eskalieren", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Ankara sei auch das erste Mal gleichzeitig mit Sanktionen von Seiten der EU und den USA belegt - unter dem neuen US-amerikanischen Präsidenten Joe Biden könnten weitere folgen. Erdogan hatte zuletzt immer wieder betont, die Beziehungen mit der EU verbessern zu wollen.

Ankara will mehr besprechen als Athen

Griechenland wiederum wolle Zeit gewinnen, weil das Land auf eine härtere Linie gegen die Türkei von Seiten der EU hoffe, sagte Seufert. Athen wolle außerdem die eigene Verteidigungsfähigkeit erhöhen. "Griechenland arbeitet daran, letzten Endes der Türkei auch auf dem militärischen Feld stärker gegenüber treten zu können."

Erste Sondierungsgespräche zwischen Ankara und Athen wurden im Februar 2002 geführt. Anschließend gab es rund 60 Treffen bis zum Jahr 2016. Traditionell geben beide Seiten offiziell nichts von Stand und Entwicklung der Gespräche preis. Die aktuelle türkische Delegation leitet laut TRT der Erdogan-Sprecher Ibrahim Kalin und der stellvertretende Außenminister Sedat Önal, die griechische der Diplomat Pavlos Apostolidis.

Bisher waren sich die Konfliktparteien nicht einig darüber, was sie besprechen wollen. Geht es nach Ankara, sollen alle strittigen Themen auf den Tisch kommen, darunter die jeweiligen Hoheitsgebiete und Ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) in der Ägäis sowie die Entmilitarisierung griechischer Inseln vor der türkischen Küste und Differenzen über die jeweilige Ausdehnung des Luftraums. Athen hingegen will ausschließlich den Erdgaskonflikt besprechen, also über das Ausmaß der Festlandsockel beider Länder in der Ägäis und die damit zusammenhängenden Wirtschaftszonen.

"Als stärkere Konfliktpartei will Ankara die Gespräche also auf die politische Ebene heben, wo es seine Macht ausspielen kann", sagte Seufert. "Bei der maritimen Grenzziehung werden beide Seiten nachgeben müssen." Bei den anderen Themen könne Griechenland nur verlieren, «weil der bisherige Status quo in seinem Interesse ist".

Die EU hatte der Türkei im Dezember neue Sanktionen angedroht, sollte diese den Konflikt weiter eskalieren lassen. Einem Gipfelbeschluss zufolge wird beim nächsten regulären EU-Gipfel am 25. und 26. März erneut über die Beziehungen der EU zur Türkei beraten. (dpa)