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Twitter verliert vorm Landgericht Dresden

Wegen des Vorwurfs der Wahlbeeinflussung sperrte das Netzwerk den Account eines Grünen-Mitglieds. Das war rechtswidrig.

Von Karin Schlottmann
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Twitter sperrte den Account des Grünen-Mitglieds Dietrich Herrmann - zu Unrecht, wie ein Gericht entschied.
Twitter sperrte den Account des Grünen-Mitglieds Dietrich Herrmann - zu Unrecht, wie ein Gericht entschied. © Sven Ellger

Dresden. Das Landgericht Dresden hat im Rechtsstreit eines Grünen-Politikers eine einstweilige Verfügung gegen den Kurznachrichtendienst Twitter bestätigt. Darin wird dem Unternehmen aufgegeben, die Sperre des Twitter-Accounts des Dresdner Grünen-Mitglieds Dietrich Herrmann aufzuheben. 

Dieser hatte vor der Europa- und Kommunalwahl im vorigen Mai in einem satirischen Beitrag die AfD-Wähler aufgefordert, ihren Stimmzettel mit einem blauen Kugelschreiber persönlich zu unterschreiben. Die Äußerung sei erkennbar scherzhaft gemeint gewesen und hätte auch nicht anders ausgelegt werden können, entschied das Landgericht in seinem jetzt bekannt gewordenen Urteil. 

Twitter hatte die Sperre damit begründet, dass Tweets wie dieser Einfluss auf das Wahlergebnis haben würden. Aufrufe, ungültige Stimmzettel zu produzieren, widersprächen den Twitter-Richtlinien, die die Nutzer anerkannt hätten.

Das Gericht sah das anders. Herrmanns Twitter-Follower dürften Anhänger seiner politischen Linie sein, so dass die Nachricht den politischen Gegner, also die AfD, im Zweifel gar nicht erreicht habe. 

„Die Mitteilung war erkennbar mehr darauf gerichtet, den eigenen Anhängern die Dummheit der Wähler der AfD vorzuführen als Personen eine Handlungsanweisung zu erteilen, die die Nachricht ohnehin nicht lesen“, entschied die Kammer. Herrmann hatte bei der Landtagswahl für die Grünen kandidiert und sah sich durch die Sperre im Wahlkampf beeinträchtigt.

Zustellanschrift als Pflicht

Auch das Argument, die einstweilige Verfügung des Dresdner Landgerichts vom Juni sei nicht wirksam beim Unternehmen in Irland eingegangen, ließ das Gericht nicht gelten. Kläger-Anwalt Jonas Kahl sagte, das Urteil stelle klar, dass eine Plattform wie Twitter die Meinungsfreiheit berücksichtigen müsse und nicht nach eigenem Gutdünken Regeln aufstellen könne.

Es sei bedenklich, dass das Unternehmen sich in solchen Rechtsstreitigkeiten häufig darauf berufen würde, die Zustellung von Gerichtsdokumenten und Urteilen am Sitz in Dublin sei nicht rechtwirksam.

Er fordert ebenso wie die sächsischen Grünen, dass die Sozialen Netzwerke gesetzlich verpflichtet werden müssten, eine Zustellanschrift in Deutschland anzugeben. Betroffene müssten dann nicht mehr den Umweg über Irland gehen und gerichtliche Eilverfahren würden erheblich beschleunigt.