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Über 250 Fahrraddiebstähle im Jahr

Nur die wenigsten Fälle werden aufgeklärt. Die Besitzer könnten mehr dafür tun, sagt Riesas Revierleiter.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. Der Keller des Riesaer Polizeireviers ist immer noch gut gefüllt. Dabei haben die Beamten gerade erst einen Schub von 25 Fahrrädern ins Fundbüro im Rathaus geschafft, sagt Hermann Braunger. Die seien einfach keinem Besitzer zuzuordnen gewesen. Doch noch immer stehen Dutzende aneinandergereiht in der Kammer, die die Polizei beschlagnahmt hatte. Teils sind auch nur noch die Rahmen übrig, das eine oder andere sieht auch aus, als sei es komplett neu zusammengebaut worden. „Das hier war sicher nicht so im Handel“, sagt der Revierleiter und zeigt auf ein Rad, bei dem sich Rahmen und Gabel ganz deutlich voneinander unterscheiden. „Die Diebe verändern häufig das Aussehen der Räder oder bauen sie gleich vollständig auseinander.“

Insgesamt 260 Fahrraddiebstähle verzeichnete das Riesaer Polizeirevier, das für den Altkreis Riesa und Lommatzsch zu ständig ist, im vergangenen Jahr. Laut Braunger entspricht das mehr als fünf Prozent der Gesamtkriminalität im Revierbereich. Auch in diesem Jahr habe es schon rund 90 Fälle gegeben. Jede Menge Arbeit also für Hermann Braungers Kollegen. „Wir haben einen Sachbearbeiter, der sich ausschließlich damit beschäftigt.“

Gerade einmal jeder fünfte Fall wird aufgeklärt – und damit steht Riesa sogar noch sehr gut da: Im sachsenweiten Schnitt liegt die Aufklärungsquote seit Jahren bei unter zehn Prozent. Das liegt zu einem guten Teil an den Besitzern. Denn die könnten ihr Fahrrad häufig einfach nicht gut genug beschreiben, sagt Hermann Braunger. „Je schlechter die Datenqualität, desto schwieriger wird es für uns.“ Deshalb sei es aus Sicht der Riesaer Polizei der Idealfall, wenn ein Fahrrad codiert wurde – so wie das zum Beispiel seit vielen Jahren von der Gröditzer Verkehrswacht gemacht wird. „Anhand der Codierung können wir den Eigentümer ablesen“, erklärt Braunger.

Weil die Polizisten sehr oft die Kleinkriminellen kennen, sei sozusagen schon im Vorbeifahren erkennbar, ob da jemand wahrscheinlich mit einem gestohlenen Rad unterwegs sei. „Codierte Räder werden aber selten gestohlen“, sagt Braunger. Vielleicht auch, weil den Dieben die Gefahr schon bewusst ist. Das habe sich auch in Gröditz gezeigt. „Die Stadt war Hochburg des Fahrraddiebstahls.“ Das habe sich mittlerweile verändert. Eine andere günstige Variante, um im Fall eines Diebstahls den Ermittlern die Arbeit zu erleichtern, sei der Fahrradpass. „Der ist das A und O, und mittlerweile gibt es ihn auch als App fürs Handy.“ Neben Informationen wie etwa der Rahmennummer lassen sich dort auch Fotos hochladen, die man im Diebstahlsfall der Polizei zur Verfügung stellen kann.

Wer glaubt, mit einem besonders günstigen Fahrrad keine Zielscheibe für Diebe abzugeben, der täuscht sich. „Geklaut wird in allen Preislagen.“ Da sei das gebrauchte Billigmodell genauso dabei wie das E-Bike für 2 000 Euro. Viele Besitzer schließen ihre Räder auch falsch an, sagt Braunger. Das Vorderrad lasse sich heutzutage einfach vom Rahmen lösen, wer das Schloss an Hinterrad und Rahmen anbringt, der hat das gleiche Problem: Der Dieb trägt das Fahrrad dann einfach weg. Am sichersten sei ein Bügelschloss, mit dem der Rahmen an den Ständer angeschlossen wird.

Da seien ein Stück weit auch die Gemeinden gefragt, erklärt Braunger. Es fehle nun einmal des Öfteren an den großen Metallbügeln, an die Besitzer ihr Gerät anlehnen und anschließen können. Bei Neuplanungen müsse man das bedenken.

Die meisten Räder werden übrigens aus dem öffentlichen Raum gestohlen. Dass Räder aus Kellern verschwinden, komme in und um Riesa so gut wie nie vor. Besonders die Fahrradständer an Bahnhöfen seien Schwerpunkte. Zum Motiv der Täter kann Braunger angesichts der Aufklärungsquote wenig Belastbares sagen. Man habe auch schon mal in einem polnischen Transporter geklaute Räder entdeckt, die die Diebe mit Schmutz bedeckt hatten, um sie alt aussehen zu lassen. In den allermeisten Fällen stecke aber wohl Beschaffungskriminalität dahinter.

Von sogenannten GPS-Trackern, das sind Sender, mit denen sich gestohlene Fahrräder orten lassen, hält Braunger wenig, denn oft seien die noch mit zusätzlichen monatlichen Kosten verbunden. Auch beim Allgemeinen Deutschen Fahrradclub ADFC rät man davon ab. „GPS-Tracker sind primär für die Ermittlungsarbeit der Polizei eine Hilfe“, sagt Landesgeschäftsführer Konrad Krause. In Holland habe man damit gute Erfahrungen gemacht. Für den Privatgebrauch seien die Sender aber nur im Ausnahmefall sinnvoll.

Weitere Tipps unter: www.polizei-beratung.de