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Überall Leinenzwang

Großenhain ist nicht gerade hundefreundlich.

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© Archiv/Klaus-Dieter Brühl

Von Birgit Ulbricht

Großenhain. Es gehört zu den hartnäckigen Irrtümern, dass Hunde im Wald immer an der Leine laufen müssen. Gehorcht der Hund Befehlen und ist stets auf Abrufweite, muss er das nicht. Ausnahmen können bestimmte Brutzeiten sein, doch selbst das muss ausgewiesen sein. Erfahrene Jäger wissen das.

Hundehalter sind da oft verunsichert. Dagegen glauben viele, im Stadtpark oder auf Grünflächen wie am Kupferberg könnten sie ihren Vierbeiner schon mal laufen lassen. Doch genau das stimmt nicht.

In Deutschland kann jede Kommune, jedes Bundesland die Leinenpflicht für sich regeln. Und Großenhain geht da rigide vor. Laut Ortspolizeiverordnung besteht auf allen öffentlichen Flächen, Wegen und Plätzen Leinenzwang. Das gilt auch für die Dörfer, die als Ortsteile der Stadt plötzlich dieser Regelung unterliegen und die eigentlich genug Freiraum für Mensch und Hund haben.

Drei Fälle, drei Urteile

Müssen Jogger für Hunde stoppen? Ja, sonst haben sie Mitschuld, wenn etwas passiert, meinte das Oberlandesgericht Koblenz, als ein Läufer stürzte. Er hatte den Hund gesehen, war aber stur weiter gelaufen. Das Gericht zog 30 Prozent vom Schmerzensgeld ab (Az. 5 U 27/03). Die Hauptschuld traf den Halter – wegen der Gefährdungshaftung. Aus Juristensicht stellen Hunde immer ein Risiko dar. Daher haftet der Halter auch, wenn dem Biss ein Fehlverhalten des Opfers vorausging. Man kann nicht erwarten, dass sich jeder hundegerecht verhält oder weiß, was hundegerechtes Verhalten ist (Bayerischer Oberverwaltungsgerichtshof, Az. 10 ZB 14.688).

Muss der Hund an die Leine, wenn Spaziergänger kommen? Das ist höflich, aber nicht Pflicht. Es kommt darauf an, wie gut der Hund erzogen ist. Wenn er aufs Wort hört, und wenn er bisher nie aggressiv wurde, reicht es auf Feldwegen, ihn mit Befehlen und Zeichen zu führen (Oberlandesgericht Koblenz, Az. 12 U 1312/96). Aber während der Brut- und Aufzuchtzeit von Vögeln und anderen Tieren, meist von April bis Mitte Juli, sehen viele Städte auch in der freien Natur Leinenzwang vor.

Was, wenn der Hund beißt, wenn ihn jemand streicheln will? Wer auf einen Hund zugeht, um ihn zu streicheln, muss selbst aufpassen. Das erklärte das Oberlandesgericht Celle einem Vater, dessen zehnjähriger Sohn gebissen wurde. Er wollte einen Münsterländer streicheln, den der Besitzer vor einem Laden angeleint hatte. Dass so etwas bei einem Tier passieren kann, muss jeder wissen, auch ein Zehnjähriger (Az. 22 Ss 9/02).

Quelle: Stiftung Warentest

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Weil der Gesetzgeber aber „eine Regelung für unzulässig erklärt, nach der ohne Rücksicht auf Art und Größe der Hunderasse für das gesamte Gemeindegebiet ohne zeitliche Ausnahmen ein genereller Leinenzwang besteht, weil sie gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot verstößt – sprich die Rechte von Tierhaltern und die der artgerechten Tierhaltung unangemessen eingeschränkt werden – hat die Stadt vor ein paar Jahren den Hundefreilaufplatz am Schacht ausgewiesen.

Formal ist sie damit auf der sicheren Seite. Allerdings ist es lebensfremd, dass Zabeltitzer oder Straucher mit ihrem Vierbeiner zum Toben an den Schacht fahren. In diesem Jahr hat der Vollzugsdienst deswegen einmal ein Bußgeld über 55 Euro ausgesprochen. Auch beim Maulkorbzwang geht Großenhain weiter als andere Kommunen. Während in vielen Städten nur Kampfhunde bei großen Menschenansammlungen Maulkorb tragen müssen, gilt das in Großenhain für alle Hunderassen.