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Ein Jahr Krieg in der Ukraine: Demonstrationen in Dresden

Mehr als 1.500 Menschen gedenken in Dresden der Opfer des Kriegs in der Ukraine. Dazu gab es am Freitag eine zentrale Versammlung auf dem Neumarkt. Pegida und AfD demonstrierten nicht weit entfernt.

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Mehr als 1.500 Menschen haben sich zum Gedenken an die Opfer des Krieges in der Ukraine auf dem Dresdner Neumarkt versammelt.
Mehr als 1.500 Menschen haben sich zum Gedenken an die Opfer des Krieges in der Ukraine auf dem Dresdner Neumarkt versammelt. © Jürgen Lösel

Dresden. Auf dem Dresdner Neumarkt haben sich am Freitagnachmittag schätzungsweise mehr als 1.500 Menschen versammelt, um der Opfer des Ukraine-Krieges zu gedenken und ihre Solidarität mit dem Land zu bekunden. Per Video meldete sich auch Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko.

"An diesem Tag sind wir zusammen, wo auch immer wir sind", sagte Klitschko. "Vereint durch ein gemeinsames Ziel, den Feind zu besiegen und unser Land von den Besatzern zu befreien und die Ukraine wieder aufzubauen." Denn der von Russland entfesselte Krieg sei eine Bedrohung für die gesamte demokratische Welt. "Wir alle glauben an die Ukraine, wir glauben an unsere Streitkräfte, wir glauben an den Sieg, den wir bald gemeinsam feiern werden. Alle zusammen." An die "deutschen Freunde" gerichtet, sagte der Ex-Box-Profi: "Ich möchte mich ganz herzlich bedanken, bei jedem von euch, für eure Unterstützung. Das ist sehr wichtig für uns. Und wir werden das nie vergessen."

OB Hilbert: "Stehen an der Seite der Ukraine"

Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) sagte aufgrund des einsetzenden Regens auf dem Neumarkt, dass auch das Wetter die Trauer zum Ausdruck bringe. Er dankte in seiner Rede allen für die Teilnahme: "Sie bekunden damit ihre Solidarität mit der Ukraine. Sie trauern mit den Ukrainerinnen und Ukrainern um die Opfer und die Zerstörung. Und Sie stehen ihnen bei – in Worten und in Taten." Das sei menschliches Gebot in dieser schwierigen Zeit.

© Jürgen Lösel
© Jürgen Lösel
© Jürgen Lösel
© Jürgen Lösel

Jeder wisse noch, wie ihn die Nachricht vom 24. Februar 2022 getroffen habe. "Ungläubig, bestürzt, fassungslos haben wir sie aufgenommen: Russland greift die Ukraine an? Kriegsausbruch mitten in Europa? Nur einen Tag Autofahrt entfernt? 77 Jahre nach Ende des Weltkriegs?" Inzwischen lebten rund 9.000 Ukrainerinnen und Ukrainer in Dresden, so Hilbert. Sie seien zu drei Viertel in privaten Haushalten untergebracht. "Sie lernen, arbeiten, helfen, engagieren sich in Dresden. Die Kinder gehen hier in die Kita oder zur Schule. Vergessen wir alle dabei bitte nicht, dass ihr Alltag trotzdem äußerst belastet ist. Sie leben in täglicher Sorge um ihre Angehörigen, ihre Heimat, die Kulturschätze ihres Landes."

Der Oberbürgermeister sei stolz auf die Dresdner Stadtgesellschaft, die Soforthilfe leistete und immer noch leistet.

Ukrainischer Botschafter: "Danke, Deutschland"

Auch der Botschafter der Ukraine in Deutschland, Oleksii Makeiev, sendete eine Videobotschaft: "Heute ist Deutschland blau-gelb. Deutschland ist seit einem Jahr blau-gelb. Dies ist eine Demonstration unserer Stärke und unserer Unbezwingbarkeit. Heute stehen wir Seite an Seite mit unseren deutschen Freunden." Und so sei es auch ein Zeichen der Dankbarkeit der Ukraine.

Makeiev danke Deutschland und den Deutschen: "Liebe Deutsche, ich danke euch im Namen von allen meinen Landsleuten. Denen, die mit euch jetzt auf den Straßen und Plätzen stehen. Denen, die eure Gastfreundschaft seit einem Jahr dankend genießen. Denen, die das Licht zu Hause in der Ukraine nur dank deutscher Generatoren haben. Und denen, die jetzt die Ukraine und Europa mit deutschen Waffen verteidigen. Wir stehen zusammen. Danke, Deutschland, für deine fantastische, ungebrochene Solidarität. Wir werden diesen Krieg gewinnen."

Vater berichtet von seiner Ankunft in Dresden

Ebenfalls per Videobotschaft erzählte ein Musiker aus der Ukraine sein Schicksal. Der Mann lebte mit seiner Frau und ihrem achtjährigen Sohn in Lwiw. Als die Frau und der Sohn in einem medizinischen Zentrum in Winnyzja waren, griffen die Russen dieses mit Raketen an. Die Frau wurde getötet – erschlagen und zerquetscht von großen Steinen der zusammenfallenden Klinik. Bei dem Raketenangriff wurden fast 30 Personen getötet. Der Sohn überlebte schwerstverletzt, sah seine tote Mutter und konnte sich aus dem zerstörten Gebäude schleppen. Der Mann und sein Sohn kamen nach Dresden, wo dem Jungen in einer Klinik mit mehreren Operationen und Hauttransplantationen das Leben gerettet werden konnte. Wenn der Krieg vorbei ist, wollen beide zurück in die Ukraine, sagt der Mann, denn sein Sohn frage täglich danach.

Kühnert: "Ich bin auch hier, um zu widersprechen"

Zu der zentralen Veranstaltung auf dem Neumarkt waren die Teilnehmer über mehrere Demonstrationszüge oder individuell angereist. Darunter auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, der unter anderen gemeinsam mit Dresdens SPD-Chefin Rasha Nasr kam.

Es gehe ihm darum, mit der Zivilgesellschaft der Opfer des Krieges zu gedenken und Solidarität zu äußern, so Kühnert. "Aber ich bin auch hier, um zu widersprechen, gegen den wiederholten Versuch von Rechtsaußen die Stadt Dresden als Kulisse für ihre rechtsradikalen Umtriebe zu missbrauchen. So ist es jahrelang zum 13. Februar mit Aufmärschen aus halb Europa passiert und jetzt soll es noch dazu unter Missbrauch der Kriegsopfer in der Ukraine wieder passieren. Dagegen steht hier heute die Zivilgesellschaft auf. Wir lassen das AfD, Pegida und Co. nicht durchgehen, dass sie die Opfer des Krieges nochmals durch den Dreck ziehen."

Protest gegen Versammlung auf dem Theaterplatz

Worauf sich Kühnert bezog, war die Demonstration nur wenige hundert Meter entfernt. Ein rechtes Bündnis aus Pegida und AfD hatte zu einer Demonstration unter dem Motto "Großer Dresdner Friedensspaziergang" aufgerufen. Auf dem Theaterplatz sprachen am Abend unter anderem der Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke und der sächsische Landesvorsitzende Jörg Urban.

"Frieden mit Russland", war auf Transparenten zu lesen. Von "Kriegshysterie" war zu hören, nicht mit Bezug auf Russland, sondern auf die deutsche Außenpolitik. "Keine deutschen Waffenexporte", lautete eine Forderung. Viele der etwa 1.500 Teilnehmer trugen Transparente, Friedenstrauben und auch Russlandfahnen. Getrennt durch Gitter protestierten vor der Oper Hunderte gegen AfD, Pegida und ihre Vorstellungen, wie dieser Krieg begann und wie er enden soll.

630 Polizeibeamte im Einsatz

Die Polizeidirektion Dresden und die sächsische Bereitschaftspolizei sicherten die Kundgebungen ab, größtenteils blieb es friedlich. Im Einsatz waren 630 Beamte.

Allerdings versuchten einzelne Personen die AfD/-Pegida-Demonstration zu stören. Als diese versuchten, auf die Strecke der Demonstranten zu gelangen, wurden sie von den Polizisten abgedrängt. Aggressiv wurde es aus dem Aufzug von AfD und Pegida heraus. An der Schloßstraße stieß ein Mann laut Polizei einen wartenden Radfahrer, der 47-Jährige stürzte und wurde dabei verletzt. Die Polizei ermittelt wegen Körperverletzung. Außerdem ermittelt die Polizei gegen einen 18-jährigen Deutschen wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Er hatte sich auf der Augustusbrücke vermummt.

Friedensandacht in der Dresdner Frauenkirche
Friedensandacht in der Dresdner Frauenkirche © Jürgen Lösel

Das Gedenken an die Kriegsopfer endete an diesem Jahrestag mit einer ökumenischen Friedensandacht in der Frauenkirche. Die Orgel spielt Bachs "Wenn wir in höchsten Nöten sein". Die Glocken der Frauenkirche läuteten.