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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

Wöller unter Druck + Reaktion auf MEK-Skandal + Beschwerden vor OB-Wahl in Dresden + Mehrheit der Sachsen gegen Lieferung "schwerer Waffen"

Von Tobias Winzer
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Sachsens Innenminister Roland Wöller steht wegen seiner Personalpolitik in der Kritik. Nicht nur die Opposition fordert den Rücktritt.
Sachsens Innenminister Roland Wöller steht wegen seiner Personalpolitik in der Kritik. Nicht nur die Opposition fordert den Rücktritt. © dpa-Zentralbild

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Guten Morgen,

vor einigen Tagen haben wir an dieser Stelle den Fall Anne Spiegel besprochen - und als Grund für ihren Rücktritt eine schwerwiegende Fehleinschätzung darüber, was von einem politischen Entscheidungsträger erwartet wird, verbunden mit einem Kommunikationsproblem ausgemacht. Ein paar Parallelen dazu weist nun auch die Debatte um die Personalpolitik des sächsischen Innenministers Roland Wöller auf, die in der vergangenen Woche noch einmal an Schärfe gewonnen hat.

Dass Wöllers Ex-Referent, Florian Oest, nun die Stabsstelle Kommunikation im Innenministerium leitet, wurde von Wöllers Ministerium vor zwei Wochen noch als "Personalangelegenheit" abgetan, zu der es nichts weiter zu erklären gebe. Kann man so machen, muss man aber nicht, wenn man um die Brisanz des Vorwurfs der Vetternwirtschaft weiß. Zumal nun mit der Personalie Manja Hußner ein zweiter Fall bekannt geworden ist, bei dem einiges zusammenkommt: Bekanntschaft zu Wöller, höhere Eingruppierung und Absenkung der Zugangsvoraussetzung. Wöller scheint das erkannt zu haben und versuchte, anders als im Fall Oest, vor den Osterfeiertagen die Wogen zu glätten. Die Frage wird sein, ob sich das unvorteilhafte Bild, was in der Öffentlichkeit entstanden ist, noch einmal richten lässt.

Zumal die Rahmenbedingungen aus der Sicht des Innenministers nicht ganz einfach sind. Dass die Oppositionsparteien seinen Rücktritt fordern, war zu erwarten. Dass auch die Polizeigewerkschaften diesen Schritt fordern, ist schon ungewöhnlicher. Angesichts der in acht Wochen anstehenden Landrats-, Oberbürgermeister- und Bürgermeisterwahlen könnte der Druck auf Wöller nun auch in den eigenen Reihen steigen.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen

+++ Rücktrittsforderungen gegen Wöller +++

Nach neuerlicher Kritik an seiner Personalpolitik hat Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) den Vorwurf der Vetternwirtschaft zurückgewiesen. "Stellenbesetzungen erfolgen auf Basis von Auswahlverfahren nach Eignung, Leistung und Befähigung. Etwaige Bekanntschaften spielen hierbei keine Rolle, sind aber auch kein Ausschlusskriterium für geeignete Bewerberinnen oder Bewerber", sagte er am Donnerstag. Hintergrund ist eine Personalie an der sächsischen Polizeihochschule. Dort soll Manja Hußner neue Kanzlerin werden. Sie hat mit Wöllers Ehefrau studiert. Kritisiert wird auch, dass der Job besser bezahlt wird und die Zugangsvoraussetzungen gesenkt wurden. Dies erst macht die Bewerbung Hußners möglich. Die Leipziger Volkszeitung und die Bild-Zeitung berichteten.

Die beiden Polizeigewerkschaften DPolG und GdP fordern den Rücktritt Wöllers - außerdem die beiden Oppositionsparteien im Landtag, die AfD und die Linkspartei. Laut Bild-Zeitung wird auch aus der CDU-Fraktion heraus gefordert, Wöller abzulösen. Wie der MDR berichtet, gibt es auch Kritik aus den Reihen der Grünen. Laut Leipziger Volkszeitung hat Wöller für heute, 14 Uhr, ein Gespräch mit den Polizeigewerkschaften angesetzt. CDU-intern sollen Nachfolger gehandelt werden: Kultusminister Christian Piwarz oder Ex-Generalstaatsanwalt Hans Strobl, der laut Bild-Zeitung jedoch Rektor der Polizei-Hochschule werden soll.

+++ MEK-Skandal: Polizeichef kündigt Konsequenzen an +++

Nach dem jüngsten MEK-Skandal hat Sachsens neuer Landespolizeipräsident, Jörg Kubiessa, ein hartes Vorgehen angekündigt. "Das Fehlverhalten dieser Spezialeinheiten werden wir nicht nur aufklären, sondern daraus auch Schlüsse und Konsequenzen ziehen", sagte Kubiessa der Leipziger Volkszeitung. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass sie gegen 25 Beamte des MEK Leipzig und eine Polizeiärztin ermittle. Bei einer Abschlussprozedur für zwei neue MEK-Angehörige sei einer der beiden von Schüssen aus einer Übungswaffe getroffen und verletzt worden. Es sei Farbmunition abgefeuert worden.

In den kommenden Wochen steht die weitere Aufarbeitung des Falls an. Grünen-Innenpolitiker Valentin Lippmann sagte nach einer Sitzung des Innenausschusses im Landtag am Donnerstag, für ihn bleibe vor allem die Frage offen, ob es entsprechende Rituale bei den Mobilen Einsatzkommandos (MEK) auch in der Vergangenheit und an anderen Standorten gegeben habe.

+++ OB-Wahl: Sechs Beschwerden gegen Hilbert +++

Wegen der Ungereimtheiten rund um die Zulassung des Amtsinhabers Dirk Hilbert (FDP) zur Oberbürgermeister-Wahl in Dresden sind inzwischen sechs Beschwerden bei der Landesdirektion eingegangen. Sie wurden von den Mitbewerbern Martin Schulte-Wissermann (Piraten), André Schollbach (Linke), Maximilian Krah (AfD), Marcus Fuchs (parteilos) sowie den Vertrauenspersonen von Albrecht Pallas (SPD) und Eva Jähnigen (Grüne) eingereicht. Das teilte die Landesdirektion am Donnerstag mit. Nun soll "zügig" entschieden werden, wie ein Sprecher sagte.

+++ Mehrheit lehnt Lieferung "schwerer Waffen" ab +++

Die deutliche Mehrheit der Sachsen lehnt die Lieferung "schwerer Waffen" an die Ukraine ab. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfragen von saechsische.de und den Meinungsforschern von Civey. Demnach würden fast zwei Drittel (61 Prozent) das Liefern "schwerer Waffen" nicht unterstützen, etwa ein Drittel (30 Prozent) findet diese Art der Rüstungslieferungen richtig. Bundesweit zeigt sich ein völlig anderes Meinungsbild: Mehr als die Hälfte der Deutschen (56 Prozent) meinen, es sei richtig auch schweres Gerät wie Panzer, Flugzeuge oder Schiffe an die Ukraine im Kampf gegen Russland zu liefern. 35 Prozent der Deutschen halten das für den falschen Weg. Eine weitere Civey-Umfrage ergab, dass sich die Ostdeutschen angesichts einer möglichen Energiekrise weniger einschränken wollen als Westdeutsche. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) rief erneut dazu auf.

Mit ihrer Meinung zu Waffenexporten liegen die Sachsen auch auf der Argumentationslinie ihres Ministerpräsidenten. Michael Kretschmer (CDU) sagte am Donnerstag in einem Interview mit der Rheinischen Post, dass Deutschland bereits enorm viel leiste und sich nicht zur Kriegspartei machen dürfe. Die Lieferung schweren Kriegsgeräts bezeichnete er als Linie, die nicht überschritten werden dürfe, um Chancen für eine diplomatische Lösung des Konflikts mit Russland zu wahren. Dafür wurde Kretschmer erneut auf Twitter von Ukraines Botschafter Andrij Melnyk kritisiert, der wiederum von Ex-Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) angegriffen wurde.

Alle aktuellen Entwicklungen im Ukraine-Krieg gibt es in unserem Newsblog.

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