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FDP-Urgestein Gerhart Baum kritisiert Kretschmer scharf

Im Podcast "Politik in Sachsen" sagt der frühere Bundesinnenminister, Sachsens Ministerpräsident gebe in der Ukraine-Krise zu sehr der öffentlichen Meinung nach.

Von Fabian Deicke
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Gerhart Baum, früherer Bundesinnenminister, ist zu Gast im Podcast "Politik in Sachsen".
Gerhart Baum, früherer Bundesinnenminister, ist zu Gast im Podcast "Politik in Sachsen". © [M] Britta Pedersen/dpa/SZ

Dresden. Der frühere FDP-Bundesinnenminister Gerhart Baum hat die ablehnende Haltung von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer gegenüber Waffenlieferungen an die Ukraine scharf kritisiert. Wladimir Putin gehe es um eine Neuordnung Europas. "Und manche unserer Politiker machen sich immer noch etwas vor", kritisiert der 89-jährige Dresdner auch Sachsens Regierungschef. "Das ist wie eine Krankheit, die ich ansonsten eher bei Teilen der SPD diagnostiziert habe. Die Krankheit nämlich, die wahren Absichten des System Putins zu verharmlosen - nicht zu erkennen, dass Dialoge nur zum Schein geführt werden", sagt Baum im Podcast "Politik in Sachsen".

Der Expansionsdrang Putins sei real, das hätten auch die Kriege in Georgien und die Krim-Annexion sowie die Besetzung der Ostukraine gezeigt, warnt Baum, der als 13-Jähriger die Bombennächte in Dresden miterlebte. Jetzt seien Moldawien, die baltischen Staaten und Finnland bedroht. "Diese Bedrohungssituation muss bekämpft werden, nicht nur die in der Ukraine. Und da helfen keine guten Worte, wie der sächsische Ministerpräsident wohl immer noch meint", kritisiert Baum weiter. "Warum wird Putin-Russland nicht so verstanden, wie etwa Nawalny es versteht und andere Oppositionelle - diese Frage sollte sich auch Herr Kretschmer stellen."

Kretschmer hatte sich in dieser Woche mehrfach gegen die Lieferung schwerer Waffen in das Kriegsgebiet ausgesprochen. Zudem unterstützte er inhaltlich einen auf der Website "Emma" erschienen Offenen Brief an Kanzler Olaf Scholz (SPD), in dem vor einer globalen Eskalation gewarnt wird, sollte sich auch Deutschland an Rüstungshilfen beteiligen. Kretschmer sieht darin "durchaus die Mehrheitsmeinung der Gesellschaft" und seine eigene abgebildet, hatte er erklärt.

Baum, der von 1978 bis 1982 Bundesinnenminister war, reagiert darauf mit Unverständnis und Empörung. "Ich erwarte von einem führenden Politiker, dass er Einfluss nimmt auf eine gefährliche öffentliche Meinung und ihr nicht einfach nachgibt", sagt der FDP-Politiker im Podcast. Er hält es für "schlimm", dass sich einer Umfrage von Sächsiche.de zufolge, rund 68 Prozent der Sachsen gegen die Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine aussprechen. "Die Antwort würde anders ausfallen, wenn Sachsen bedroht würde."

Deutschland dürfe und könne sich nicht heraushalten aus dem Krieg in der Ukraine. "Es ist unser Krieg. In der Ukraine werden auch wir verteidigt, die Demokratie und die Freiheit", sagt Baum im Podcast. "Ich sage es mal ganz provokativ: Die Panzer, die wir jetzt liefern, verteidigen letztendlich auch uns. Wenn wir jetzt nachgeben, wird es nur noch mehr Opfer geben. Putin wird jede Schwäche ausnutzen."

Zur Frage, wie in der Ukraine wieder Frieden einkehren könnte, meint Baum: "Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass man mit Putin einen tragfähigen Vertrag abschließt." Es komme darauf an, was die Ukrainer wollten. "Sie wollen ihre ukrainische Identität bewahren. So verstehe ich das" Einen "Frieden ohne Freiheit", die auch mit Waffen verteidigt werden müsse, sehe er deshalb nicht.

Das ganze Gespräch hören Sie im Podcast "Politik in Sachsen" direkt über den oben eingebetteten Player.

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