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Soll man am Jahrestag des Ukraine-Kriegs gedenken oder protestieren?

Zum Jahrestag des Ukraine-Kriegs wollen Tausende in Dresden demonstrieren. Manches ist schwer zu ertragen. Aber so ist Demokratie. Ein Kommentar.

Von Marcus Thielking
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Wenn Friedenstauben neben Russlandfahnen wehen, wird es irrsinnig, kommentiert Sächsische.de-Redakteur Marcus Thielking.
Wenn Friedenstauben neben Russlandfahnen wehen, wird es irrsinnig, kommentiert Sächsische.de-Redakteur Marcus Thielking. © dpa

An solch einem Tag würde man sich viel lieber stilles Gedenken und leises Mahnen wünschen. Vor genau einem Jahr überfielen russische Truppen die Ukraine, und der Krieg kehrte zurück nach Europa. Doch nicht nur Friedenskerzen werden diesen Jahrestag prägen. In mehreren Städten sind an diesem Freitag auch Demonstrationen angekündigt. Allein in Dresden werden 6.000 Teilnehmer aus ganz unterschiedlichen Lagern erwartet. Da kann es auch mal laut und hässlich werden.

Auf manchen Demos wehen gar Russlandfahnen neben Friedenstauben – eine Kombination, die derzeit ungefähr so irrsinnig ist wie Soljanka mit Vanillesoße obendrauf. Selbst von Menschen, die sonst ganz unpolitisch sind, hört man deshalb nun häufiger Sätze wie: Muss denn jeder Unfug erlaubt sein? Kann man Demonstrationen an so einem Datum nicht einfach untersagen, um die Würde der Kriegsopfer zu wahren?

Die Antwort kann nur lauten: Auf keinen Fall! Gerade mit Blick auf Putins Diktatur, wo Andersdenkende im Gefängnis landen, sollten wir stolz sein auf eine Demokratie, die nicht so ängstlich und schwächlich reagiert, sondern so stark, dass sie den Streit zulässt und aushält – sogar den Irrsinn.

Wer das unerträglich findet, ist nicht zur Ohnmacht verdammt. Zur Freiheit gehört auch, gegen die Feinde der Freiheit auf die Straße zu gehen. Und wem das an diesem Tag zu laut und zu schrill ist: Manchmal können auch Kerzen und mahnendes Schweigen eine angemessene Form des Protests sein.