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Wirtschaft in Sachsen - Das Wochen-Briefing

Neue Debatte um Kohleausstieg + Porsche stoppt Produktion + Kretschmer warnt vor hohem Getreidepreis + Jeder zweite Sachse will nachhaltig leben

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Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer warnt vor wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges in Sachsen.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer warnt vor wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges in Sachsen. © dpa-Zentralbild

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Guten Morgen,

mir fällt es schwer, heute dieses Editorial zu schreiben. Denn angesichts der erschütternden Bilder aus der Ukraine, die wir seit sieben Tagen am Fernseher verfolgen - von den Vätern, die sich von ihren kleinen Kindern verabschieden und nicht wissen, ob sie sie jemals wieder sehen, von den Frauen, die Molotowcocktails bauen, von Tod und Zerstörung - fehlen mir die richtigen Worte, um dies zu fassen. Und rücken die Themen, über die ich sonst an dieser Stelle schreibe, in den Hintergrund.

Gerade in Ostdeutschland stehen viele Menschen vor den Trümmern ihrer Fehleinschätzungen über Wladimir Putin. Hören Sie sich das Gespräch meiner Kollegin Annette Binninger mit Matthias Platzeck an, das sie unmittelbar nach Ausbruch des Krieges vergangene Woche mit ihm führte. Ich nehme ihm sein Entsetzen und seine Bestürzung über den Angriff ab, inzwischen ist er als Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums zurückgetreten.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer brauchte am Dienstag in der Kabinettspressekonferenz über eine halbe Stunde, bis er den Satz herausbrachte, dass er sich mit Putin nicht mehr an einen Tisch setzen würde. Altkanzler Gerhard Schröder schafft es bis heute nicht, sich zu distanzieren. Sie alle haben jahrelang für mehr Verständnis für die russische Position geworben. Obwohl auch in der DDR aufgewachsen, fiel es mir angesichts von unbarmherziger Unterdrückung der Opposition, Mordanschlägen auf Gegner, der Annexion der Krim etc. schwer, dieses Verständnis nachzuvollziehen.

Wir wissen noch nicht, welche Folgen dieser Krieg und seine Auswirkungen auf Energiepreise und Handelsbeziehungen für die sächsische Wirtschaft haben wird. Aber hoffentlich unterbleiben dieses Mal die Rufe nach einem Ende der Sanktionen und der Druck von Wirtschaftsverbänden auf sächsische Politiker, sich dafür einzusetzen. Harte Wirtschaftssanktionen sind eine der wenigen Waffen, die die Europäer haben im Kampf gegen Putins Aggression.
Kommen Sie gut durch den Tag,

herzlichst,

Ihre Nora Miethke, Leiterin Wirtschaftsredaktion sächsische.de

Das Wichtigste aus Sachsens Wirtschaft

+++ Neue Debatte um Kohleausstieg +++

Der Ukraine-Krieg sorgt für neue Diskussion um den Kohleausstieg. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hält einen Kohleausstieg nach 2030 für möglich. "Man muss sich ehrlich machen und die Scheuklappen bei Seite lassen, was Braunkohle und was Atom angeht. Möglicherweise brauchen wir sie doch etwas länger als gedacht", sagte er am Dienstag bei der Konferenz zur Infrastrukturentwicklung im Lausitzer und Mitteldeutschen Revier. Sachsens Energieminister Wolfram Günther (Grüne) bezeichnet dies im Interview mit der Leipziger Volkszeitung als "Zombie-Diskussion", stellte aber klar, dass die Versorgungssicherheit in diesem Winter gesichert sei. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schließt hingegen auch eine längere Laufzeit der Kohlekraftwerke nicht aus, nachdem er zuvor Pläne für eine Beschleunigung der Energiewende vorgelegt hatte. Die geplanten neuen Flüssiggasterminals können derweil wohl erst 2026 in Betrieb gehen.

+++ Ukraine-Krieg: Produktionsstopp bei Porsche +++

Wegen Lieferengpässen muss Porsche im Werk Leipzig den Bau von Autos unterbrechen. Die Fabrik sei gezwungen, die Produktion bis zum Ende der kommenden Woche auszusetzen, teilte ein Sprecher am Mittwoch mit. Wegen fehlender Lieferungen von Kabelbäumen aus der Westukraine ist die Fertigung auch in den VW-Werken in Zwickau und Dresden in dieser Woche unterbrochen. Wie die Leipziger Volkszeitung berichtet, ist nächste Woche auch im BMW-Werk Leipzig wegen Lieferproblemen nur eine von zwei Schichten besetzt. Zudem sind weitere sächsische Firmen direkt vom Ukraine-Krieg betroffen - vor allem wegen der verhängten Sanktionen. So kann zum Beispiel der Anlagenbauer Kreisel aus Ostsachsen derzeit nicht an Firmen in Russland liefern, auch Inspektionen ruhen. Wie die Freie Presse berichtet, könnten nach Einschätzung der IHK vor allem Anlagen- und Maschinenbauer betroffen sein.

Der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Thomas Kralinski, sagte am Dienstag, Sachsen werde auch wirtschaftliche Auswirkungen des Krieges und der Sanktionen zu spüren bekommen. Der Freistaat habe seit der Krim-Besetzung 2014 bereits ein Unterstützungsprogramm von 20 Millionen Euro für die etwa 500 betroffene Unternehmen zur Verfügung. Dieses könne bei Bedarf auch noch aufgestockt werden. Derweil werben sächsische Firmen auch um ukrainische Arbeiter.

+++ Kretschmer warnt vor steigenden Getreidepreisen +++

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat vor den Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die sächsische Landwirtschaft gewarnt. "Wir werden nicht verhungern, aber es kann ganz schnell dramatische Auswirkungen auf den Getreidepreis geben", führte Kretschmer am Mittwoch bei einem Vor-Ort-Termin in Grimma an. "Die Landwirte haben zu Recht darauf hingewiesen, dass in diesen Tagen entschieden wird, wie die Ernte am Ende des Jahres ausfallen wird." In der Diskussion geht es etwa um die Menge an Dünger, die ausgebracht werden darf. Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) hatte zuvor klargestellt, dass wegen zu hoher Nitratbelastung weitere Ackerflächen als "rote Gebiete" markiert werden und damit dort weniger gedüngt werden darf. Kretschmer stellt dies nun in Frage.

+++ Jeder zweite Sachse will nachhaltig leben +++

Mehr als der Hälfte der Sachsen ist ein nachhaltiger Lebensstil wichtig, jedem und jeder Dritten sogar sehr wichtig. Allerdings sind sie nicht bereit, dafür höhere Kosten in Kauf zu nehmen. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage hervor, die saechsische.de gemeinsam mit den Meinungsforschern von Civey durchgeführt hat. Demnach ist den Menschen im Freistaat besonders wichtig, Produkte zu kaufen, die langlebig sind und repariert werden können. Nur einer von vier Sachsen ist hingegen bereit, für Produkte, die die Umwelt weniger belasten, mehr zu zahlen - ein deutlich kleinerer Anteil als in Gesamt-Deutschland.

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