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Das Ende von Mühlrose ist besiegelt

Seit über 50 Jahren leben die Mühlroser mit dem Tagebau Nochten. Mit der historischen Unterschrift zur Umsiedlung geht nun dieses Kapitel zu Ende.

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Von der Umsiedlung sind rund 200 Einwohner betroffen.
Von der Umsiedlung sind rund 200 Einwohner betroffen. © dpa

Von Miriam Schönbach

Für einen Augenblick muss Waldemar Locke doch um Worte ringen. "Es wird kein einfacher Weg, wenn man seine Heimat aufgibt", sagte der Mühlroser Bürgermeister kurz bevor er mit Helmar Rendez, Vorstandsvorsitzender der Lausitz Energie Bergbau AG (Leag) und dem Amtskollegen aus der Nachbargemeinde Schleife, Reinhard Bork, den Umsiedlungsvertrag für sein Dorf unterschreibt. Mit der Unterschrift ist der Weg frei für die Abbaggerung des sächsischen Dorfes in der Lausitz. Bis Ende 2024 soll die Umsiedlung in die Nachbargemeinde Schleife abgeschlossen sein.

Uwe Grosser, Helmar Rendez, Michael Kretschmer, Waldemar Locke und Reinhard Bork (vlnr) unterzeichnen  in Mühlrose den Vertrag zur Umsiedlung des Dorfes.
Uwe Grosser, Helmar Rendez, Michael Kretschmer, Waldemar Locke und Reinhard Bork (vlnr) unterzeichnen  in Mühlrose den Vertrag zur Umsiedlung des Dorfes. © dpa

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte in Mühlrose, die Unterzeichnung des Vertrags sei eine wichtige Zukunftsentscheidung für die Menschen in der Region. "Seit 15 Jahren warten sie auf Klarheit. Es ist ein gutes Signal, dass sie sich gewünscht haben." Zugleich sei es eine Entscheidung für Investitionssicherheit und die Zeit, "um den Strukturwandel in der Region zu gestalten". Die Kohlekommission der Bundesregierung hat einen Stufenplan zum Ausstieg aus der Kohle bis 2038 vorgeschlagen.

Bei der historischen Unterschrift über das Ende ihres Dorfes ist der Saal der Gaststätte in Mühlrose bis auf den letzten Platz gefüllt. Dazu gibt es Beifall. Die Entscheidung der Leag für die Mühlroser Braunkohle haben die meisten Einwohner mit Erleichterung aufgenommen. Schon 2007 war die Umsiedlung des Dorfes in den Blick geraten.

Diese Ungewissheit habe nun ein Ende, sagte Rendez. Die Umsiedlung sei "ein Neuanfang". Das Energieunternehmen rechnet im Teilfeld Mühlrose mit einer Fördermenge von 150 Millionen Tonnen Kohle. "Wir gehen davon aus, dass unsere Kohle hier gebraucht wird", sagte Rendez.

Waldemar Locke, Bürgermeister der Gemeinde Trebendorf. 
Waldemar Locke, Bürgermeister der Gemeinde Trebendorf.  © dpa

Auf der Kippe steht im Lausitzer Leag-Revier außerdem noch das brandenburgische Dorf Proschim. Die Entscheidung über die Erweiterung des Tagebaus Welzow II solle bis 2020 fallen, kündigte der Vorstandsvorsitzende an.

Die Mühlroser Einwohner hatten sich in einer 2017 durchgeführten Bürgerbefragung mehrheitlich für eine gemeinsame Umsiedlung in den Nachbarort Schleife ausgesprochen. Baureife Grundstücke sollen ab Sommer 2020 zur Verfügung stehen. Der neue Ortsteil behält den Namen "Mühlrose".

Grüne Liga, die Linken und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im sächsischen Landtag kritisieren den "großen Rummel" um die Unterzeichnung des Umsiedlungsvertrags. Es fehle jede Genehmigung in Form eines Rahmenbetriebsplans für den Braunkohleabbau im Teilfeld Mühlrose und der rechtliche Rahmen dafür, eine solche Genehmigung überhaupt zu beantragen, teilte Andreas Jahnel-Bastet, Pressesprecher der Grünen-Fraktion, mit. Über die bergrechtliche Genehmigung entscheide nach seinen Worten das sächsische Wirtschaftsministerium.

Gleichzeitig sei es gut, wenn eine vertragliche Basis existiere, um den Menschen, die als langjährig Tagebaugeschädigte auf gepackten Koffern säßen, endlich eine Entschädigung zu zahlen. Doch das habe keinerlei Bindungskraft für jene, die weiterhin dort bleiben wollten. "Kein Vertrag zwischen der Leag und der Gemeinde kann die individuellen, verfassungsmäßigen Rechte jeder einzelnen Bewohnerin, jedes einzelnen Bewohners aushebeln", sagte Jahnel-Bastet. Im Archiv verschwundener Orte in Lausitz erhält Mühlrose die Nummer 138. (dpa)