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Umweg über Dresden

Marvin Stefaniak will in die Bundesliga, aber das klappt nicht auf Anhieb. Deshalb spielt er nun gegen Dynamo.

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© Robert Michael

Von Sven Geisler

Er soll nicht zu viel erzählen und sowieso nur einmal mit den Medien sprechen in dieser Woche, die für ihn eine besondere ist. Ein falsches Wort könnte hohe Wellen schlagen. Marvin Stefaniak kehrt zwar nicht zum ersten Mal zurück in das Stadion, in dem er seine bisher beste Zeit als Fußball-Profi hatte. Aber erstens war es mit dem VfL Wolfsburg im Sommer 2017 nur ein Testspiel, und zweitens musste er damals verletzt zuschauen. Deshalb hofft er, dass bis Karsamstag nichts passiert und „ich endlich auf diesem Platz aufdribbeln kann“. Für seinen nächsten neuen Verein.

Im Januar ist der 23 Jahre alte Mittelfeldspieler nach Nürnberg ausgeliehen worden und wieder in der zweiten Liga gelandet, in der er auch in Dresden spielen könnte. Nun tritt er gegen Dynamo an. Wodurch dieses Wiedersehen besonders brisant wird, ist die Konstellation: Während seine früheren Mitspieler um den Klassenerhalt kämpfen müssen, will er mit seiner neuen Mannschaft den Aufstieg schaffen.

„Wir wollen gewinnen, um oben dranzubleiben, aber in Dresden, wo das Stadion immer boomt, wäre auch ein Punkt gut“, erklärt Stefaniak also im Gespräch mit den Nürnberger Journalisten, das den Dresdner Kollegen übermittelt wird. In seinen Antworten bekommt er den Spagat hin, von Dynamo zu schwärmen, ohne die Club-Fans zu verprellen. „Ich habe noch nie ein geileres Stadion erlebt, alles ist eng beieinander“, sagt er und meint, daran könne man sich als Spieler hochziehen. „Auch als Auswärtsmannschaft, wenn es gelingt, in Führung zu gehen und Dresden zu ärgern.“

In Spanien schon gegen Dynamo

Das ist der Plan. Seiner ist noch nicht richtig aufgegangen, der nächste Schritt in seiner Karriere im ersten Versuch misslungen. „Ich will so schnell wie möglich Stammspieler werden, genau wie in Dresden.“ Mit diesem Anspruch ist Stefaniak für eine Ablöse von mehr als zwei Millionen Euro nach Wolfsburg gewechselt, gespielt hat er aber nur dreimal für die U23 des VfL in der Regionalliga – oder in Testspielen wie im Wintertrainingslager in Spanien beim 2:1 gegen Dynamo. Allerdings fiel er nur mit einer Schwalbe auf, für die es einen Elfmeter gab.

Mit seiner technischen Klasse, seiner Schnelligkeit und dem Ballgefühl bei Standards hat Stefaniak erstklassige Voraussetzungen, aber es ist noch mal etwas anderes, sich in der höchsten Liga durchzusetzen. Die Chance dazu hat er nicht bekommen, sodass er einen zweiten Anlauf gestartet hat. Ob im Winter auch eine Rückkehr nach Dresden ein Thema gewesen ist, „darüber will ich nicht reden“.

In den vergangenen zwei Partien stand er in der Nürnberger Startelf. „Am Anfang – da bin ich selbstkritisch genug – habe ich ein bisschen gebraucht“, meint er. „Jetzt bin ich langsam in meinem Spielrhythmus und hoffe, dass wir aufsteigen.“ Dann wäre er wieder ganz oben angekommen, müsste aber zurück, jedenfalls gilt sein Vertrag in Wolfsburg noch vier Jahre. Seine Frau wohnt weiter dort, obwohl er, wie er sagt, in Nürnberg sesshaft geworden ist. Das war gar nicht so einfach, und vor allem ist es nicht billig. „Ich habe eine kleine, möblierte Wohnung gefunden. Die ist super, kostet aber viel“, erzählt er. „Ich hätte nicht gedacht, dass Nürnberg so teuer ist.“

Damit habe er sich abgefunden, es sei ja nur noch für zwei Monate. „Danach wird man sehen, was passiert. Aber ich will nicht über die Zukunft reden.“ Zur Vergangenheit ist auch alles schon mal gesagt. „Ich habe Dynamo viel zu verdanken, denke aber, dass ich auch viel zurückgeben konnte“, meinte Stefaniak im Juli vorigen Jahres. Nach dem Abstieg 2014 war der gebürtige Hoyerswerdaer, der im Nachwuchs vom Stadtnachbarn SC Borea zur SGD kam, ein Hoffnungsträger für den Neustart. „Ich bin Ralf Minge sehr dankbar, dass er auf mich gesetzt hat.“ Der Sportgeschäftsführer überzeugte Stefaniak, seinen Vertrag noch mal zu verlängern. „Damit habe ich gezeigt: Ich bin ein Dresdner Junge.“

Er würde nicht jubeln, sollte ihm ein Tor gelingen, hat er doch außerhalb der Nürnberger Runde der Bild-Zeitung erzählt. Wenn das Karriereende naht, wolle er noch mal für Dynamo spielen. Er sei gespannt, wie er in der Heimat empfangen wird, auf die Reaktionen, das Drumherum. „Ich freue mich tierisch, endlich dort sein zu können.“ Sein Papa und einige Freunde werden auf der Tribüne sitzen. Wenn Stefaniak behauptet, sie seien „immer für den Verein, bei dem ich spiele“, hat er auch diese mögliche Fangfrage sicher beantwortet.