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Undines Comeback

Eine Kosmetikexpertin, die einst in Dresden studierte, belebt die DDR-Marke wieder neu. Der Duft nach grünen Äpfeln ist geblieben.

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© Anja Jungnickel

Von Sven Heitkamp

Unter dem blauen Deckel des Duschgels strömt ein Duft von knackigen, grünen Äpfeln hervor – es ist nahezu der gleiche Geruch wie in den 80er-Jahren, als „Undine“ in vielen Badezimmern der DDR stand. Der Wiedererkennungseffekt ist durchaus beabsichtigt bei der neuen Undine, die jüngst auf den Markt gekommen ist: Die Kosmetikexpertin Winnie Hortenbach hat sich die altbekannte Marke 2014 gesichert, als sie vom Beiersdorf-Konzern freigegeben wurde. Seither hat Hortenbach das Comeback als neue Serie zeitgemäßer, hundertprozentiger Naturkosmetik organisiert. Seit Ende vorigen Jahres gibt es Undine nun wieder als Duschgel, Shampoo, Deo und Lotion mit Apfelduft. Die ersten 4 000 Produkte wurden bereits schneller verkauft als gedacht, eine weitere Auflage ist schon im Handel. Im August sollen zudem eine neue Flüssigseife und eine Handcreme auf den Markt kommen. Auch weitere Produkte etwa mit Quitten-Duft sind geplant.

Zu haben sind die Pflegekreationen im Online-Shop sowie in einer Handvoll Läden in Sachsen, darunter in Roßwein, Leipzig und Chemnitz. „Der Apfelduft ist nicht jedermanns Sache und polarisiert“, sagt die Unternehmerin. „Aber für mich verbindet er auf wunderbare Weise Einfachheit, Regionalität und Frische.“ Die neue Undine sei ein Angebot für alle, die den grünen Apfelduft ebenso vermisst haben wie sie. „Für die Nase, für die Seele und für die Haut.“

Die Undine-Neuauflage ist dabei keine gewagte Start-up-Idee verrückter Studenten. Winnie Hortenbach hat einen Namen als Entwicklerin in der Kosmetikbranche, und sie weiß, was sie tut. 1996 hat sie ihr Diplom als Lebensmittelchemikerin an der TU Dresden gemacht und in der Forschung gearbeitet. 1997 ging sie zu Florena nach Waldheim und übernahm dort zuerst die Sicherheitsbewertung. 2002 wechselte sie in die Produktentwicklung und leitete bald das Team, bis die Florena-Abteilung 2008 in die Beiersdorf-Zentrale nach Hamburg geholt wurde. Seinerzeit wechselte Hortenbach zur Großmolkerei Ehrmann ins Allgäu, dann zum Kosmetikhersteller „Servicos“ bei Bern, wo sie Eigenmarken für große Handelsketten entwickelte. „Ein schnelles, preissensibles Geschäft“, sagt sie.

Schlicht & einfach

Undine steht in der Mythologie für einen weiblichen Wassergeist. Frauen tragen diesen Namen, ein Apfel wurde nach Undine benannt und Sergej Prokofjew nannte eine seiner Opern „Undine“. Sie blieb allerdings unvollendet.

Zu DDR-Zeiten war die Kosmetikserie Undine der Inbegriff einer modernen, duftintensiven und ausdrucksstarken Kosmetik. Mit Shampoo, Schaumbad, Deodorant, Seife, Duschgel und Balsam bediente die Marke das komplette Körperpflegesegment. Und schon damals gab es innige Fans und Skeptiker. Der Duft polarisiert bis heute.

Der grüne Apfel war und ist das Leitbild dieser Serie. Er verbindet auf wunderbare Weise Einfachheit, Reduzierung auf das Wesentliche, Regionalität und Frische.

2014 ist Winnie Hortenbach mit der Marke mit einer Minipflegeserie neu gestartet.

Erhältlich sind diese Produkte im gut sortierten Fachhandel, vorzugsweise im Großraum in und um Leipzig, sowie über den Undine- Online-Shop.

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Ab 2011 folgten vier Jahre als Teamleiterin beim führenden anthroposophischen Naturkosmetik-Konzern Weleda in der Nähe von Basel – bis sie mit ihrem Mann beschloss, zurück nach Sachsen zu gehen und sich selbstständig zu machen. Ihr Mann ist Grafiker und hatte eine neue Stelle in Leipzig gefunden. Von ihm stammt auch die Federzeichnung der Äpfel auf den Kosmetik-Flaschen. Seit Sommer 2015 führt Winnie Hortenbach jetzt in Leipzig ihre eigene Undine Kosmetik GmbH mit derzeit zwei Mitarbeitern, wenn auch noch nicht in Vollzeit.

Doch das soll sich ändern: Die Gründerin träumt von einem Entwicklerteam mit sechs bis acht Kollegen. „In fünf Jahren sehe ich die Undine als sächsische Naturkosmetikmarke mit den Serien Apfel, Bio-Wein und Quitte etabliert“, sagt die 45-Jährige selbstbewusst. Bisher erfindet Hortenbach neue Rezepturen allerdings vor allem im Auftrag großer Unternehmen. Ihr Laborservice von der Produktentwicklung bis zur Qualitätssicherung ist ihre wirtschaftliche Basis, und die Auftragslage ist bestens: Die Wärme- und Kühlschränke in ihrem kleinen Labor in der Leipziger Südvorstadt sind mit Proben proppenvoll, zwischen Magnetrührern und Bechergläsern ist kaum noch Platz zum Arbeiten. Im August zieht die Undine daher an einen neuen Standort in Leipzig um – und eine Kollegin wird in Vollzeit angestellt.

Am liebsten kümmert sich Winnie Hortenbach dabei um ihre eigenen Kreationen. „Undine“, sagt sie, „ist das Herz meiner kleiner Firma.“ Als Festangestellte habe sie sich immer Zwängen beugen müssen. „Bei Undine kann ich alle Bausteine so gestalten, wie ich sie für richtig halte.“ Paraffin-Öle und Parfümöle, künstliche Farbstoffe und synthetische Duftstoffe würden vermieden. Stattdessen arbeite sie nur mit rein natürlichen, pflanzlichen Ölen und regionalen Inhaltsstoffen.

Dazu gehört auch ausschließlich naturtrüber Bio-Apfelsaft. „Wir unterstützen den Erhalt des Streuobstanbaus einer Kelterei und des Naturschutzbundes BUND im Muldental“, sagt Hortenbach. Zudem erfülle sie alle Anforderungen des hochwertigen „NaTrue“-Biosiegels. Allerdings habe sie sich aus Kostengründen bisher nicht offiziell zertifizieren lassen. Dieser Schritt könne aber zügig nachgeholt werden, wenn es ein Großabnehmer erwartet. Hergestellt werden die Undine-Pflegeprodukte bei einem Dienstleister in der Nähe von Eisenach.

Die Undine-Ideen hatten auch die Jury für den Sächsischen Gründerinnenpreis begeistert: Unter 54 Bewerberinnen wurde Winnie Hortenbach dieses Jahr als eine der Favoritinnen nominiert. Die Jury lobte, dass Undine die Artenvielfalt und die heimische Wirtschaft unterstützt. In der DDR war das anders. „Man hat sogar Devisen eingesetzt, um eine Parfümöl-Basis in der Schweiz entwickeln zu lassen“, erzählt Hortenbach. 1979 wurde die Marke vom VEB Chemisches Kombinat Miltitz als Kosmetikmarke eingetragen und bis 1989 produziert. Heute ist in Leipzig-Miltiz der amerikanische Konzern „Bell Flavours & Fragrances“ ansässig – mit deren Parfümeuren arbeitet die Gründerin ebenfalls zusammen.