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Unmut bei den Kameraden

Die Feuerwehr braucht Nachwuchs. Doch mangelnde Anerkennung und fehlende Investitionen erschweren die Suche.

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Von Mario Heinke

Paul Altmann dreht den Luftschlauch in das Gewinde des Lungenautomaten. Hinter der Atemschutzmaske seines Gegenübers verbirgt sich das Gesicht des Ortswehrleiters der Freiwilligen Feuerwehr Zittau, Abteilung I Innenstadt, Hagen Klausch. Zur selben Zeit zerrt Klausch seinerseits an Altmanns Ausrüstung und prüft, ob die Helm-Masken-Kombination des Kameraden richtig arretiert ist. Den Vorgang nennt man gegenseitige Unterstützung beim Anlegen der Atemschutzausrüstung, erklärt der Wehrleiter später. Die Verantwortung, dass alles richtig sitzt, trägt am Ende aber jeder selbst, denn das Anlegen der Ausrüstung endet mit einer Selbstkontrolle. Welche Fehler schon beim Anlegen auftreten können, erfuhr Kamerad Altmann in der vorangegangenen Übung mit den Druckluftflaschen. Dreimal wiederholte er den Flaschenwechsel, weil nach der Montage immer wieder Luft aus Schläuchen und Ventilen entwich. Mit einfühlsamen Worten wie „Wenn sich die Mutter nicht dreht, ist wohl noch Luft drauf“ oder „Nach fest kommt ab“ wies der Wehrleiter seinen Schützling auf mögliche Fehlerursachen hin, so lange, bis es funktionierte. Mit Druckluft ist nicht zu spaßen. Vergisst ein Kamerad beispielsweise vor dem Aufdrehen der Druckluft die Plastikabdeckung des Lungenautomaten zu entfernen, kann ihm diese um die Ohren fliegen oder andere Kameraden verletzen. Dichtlippen, Hochdruckleitung, Normaldruckleitung, Batterien, Innen-und Außenmaske, Brillenmaske, Entlüften – im Takt schwirren die Fachbegriffe durch die Halle. Hektik ist beim An- und Ablegen der Atemschutzausrüstung nicht angebracht und kann gefährlich werden. „Lasst euch nicht wuschig machen“, beruhigt Hagen Klausch mit sonorer Stimme die Truppe während der Ausbildung.

Es ist Freitagabend nach 18 Uhr. In dieser Zeit machen es sich die meisten Zittauer mit Blick auf das eingeleitete Wochenende auf dem heimischen Sofa bequem. Nicht so die Floriansjünger der Freiwilligen Feuerwehr Innenstadt. Sie treffen sich Freitag nach der Arbeit noch im Feuerwehr-Hauptquartier in der Franz-Könitzer-Straße, um die verschiedensten Ausbildungen zu absolvieren. Jeden Freitag, wohlgemerkt. An diesem steht neben der Atemschutzausbildung auch eine Einheit Funkausbildung auf dem Plan. Im Stationsbetrieb büffeln und proben zwanzig Kameraden für den nächsten Einsatz. Unter ihnen vier Frauen. Im wahren Leben gehen die Freiwilligen den unterschiedlichsten Professionen nach: Grenzschützer, Rettungsassistent, Sekretärin, Physiotherapeutin, Köchin, Bauingenieur oder Reinigungskraft. Nach rund zwei Stunden ist die Ausbildung beendet. „Wir sitzen dann noch zusammen“, sagt Klausch. Im alten Teil des Feuerwehrgebäudes lassen die Frauen und Männer bei Bier und Bockwurst das Erlebte im ziemlich heruntergekommenen Aufenthaltsraum sacken. „Wir renovieren den jetzt auf eigene Kosten“, murrt er. Es ist wohl das Gemeinschaftsgefühl, die Kameradschaft, die dabei hilft, die ausbleibende Anerkennung zu verdauen. 2 400 Stunden ehrenamtliche Arbeit leisteten die 31 aktiven Kameraden allein im vergangenen Jahr. Neben der Brandbekämpfung und der Beseitigung von Umweltschäden ist die Feuerwehr oft „Mädchen für alles“, reinigt Räume und Ausrüstung, hilft beim Spectaculum oder Weihnachtsmarkt.

Hagen Klausch will nicht klagen, wünscht sich aber wenigstens eine ordentliche Ausrüstung für seine Truppe. Sein eigener Schutzhelm ist bereits 25 Jahre alt. In einschlägigen Feuerwehrforen im Netz ist zu lesen, dass Schutzhelme nach 15 Jahren ausgetauscht gehören. In den Stiefeln schwitzt er seit acht Jahren. Die Ausrüstung – reichlich veraltet. Er hofft, dass den Bekenntnissen der Stadträte zur Feuerwehr irgendwann konkrete Investitionen folgen. Die Ausrüstung der hauptamtlichen Kräfte ist in den vergangenen Jahren peu à peu erneuert worden, jetzt wären die ehrenamtlichen an der Reihe, sagt Klausch. Die Suche nach Nachwuchskräften könne sonst schwierig werden.

„Nächste Woche treffen wir uns zur Gefahrgut-Ausbildung in Hirschfelde“, beendet der Ortswehrleiter vor den angetretenen, etwas müde wirkenden Feuerwehrfrauen und -männern die Ausbildung an diesem Freitagabend.

Interessierte Neu-Kameraden können sich immer freitags, ab 18 Uhr, in der Feuerwehr Zittau melden.