Radebeul
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Unternehmenskultur macht den Unterschied

Auch Mitras in Radeburg muss sich dem Fachkräftmangel und der Globalisierung stellen. Doch es gab noch eine andere Herausforderung zu meistern.

Von Sven Görner
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Die Mitras Composites Systems GmbH in Radeburg setzt auf Automatisierung. Dazu gehört auch dieser Roboter. Arbeitsplätze werden dadurch nicht abgebaut.
Die Mitras Composites Systems GmbH in Radeburg setzt auf Automatisierung. Dazu gehört auch dieser Roboter. Arbeitsplätze werden dadurch nicht abgebaut. © Arvid Müller

Radeburg. Ein bisschen sieht es so aus, als würden Heiko Böhme und der Roboter an der großen Presse Hand in Hand arbeiten. Allerdings hat der kräftig blaue Robbi keine menschenähnliche Gestalt und daher auch keine Hände. Stattdessen erledigt er seinen Job einarmig mit einem auf seine Aufgabe angepassten Werkzeug.

Seit dem vergangenen Jahr arbeitet der neue Kollege bei der Mitras Composites Systems GmbH in Radeburg. Der Einsatz des Roboters ist der zweite Schritt einer Automatisierung, die im Betrieb mit seinen 150 Mitarbeitern gerade vorangetrieben wird. Produziert werden dort glasfaserverstärkte Kunststoffteile im Heißpress- und Spritzgussverfahren. „In einem ersten Schritt haben wir 2017 eine Schneidemaschine aufgestellt“, sagt Geschäftsführer Stefan Ott. Der Roboter legt nun das Material ein und nimmt es wieder heraus. „Im nächsten Jahr soll dann alles vollautomatisch laufen, einschließlich Entgraten“, ergänzt der Geschäftsführer. „Arbeitsplätze werden wir dadurch keine abbauen.“

Mensch und Roboter sollen vielmehr ein Team sein. Stefan Ott: „Dieser technologische Umstieg fordert von den Mitarbeitern neue Qualifikationen. Wir kümmern uns darum, dass sie diese nächsten Schritte mitgehen können.“ Künftig werden die Mitarbeiter vor allem die Anlagen bedienen, die Qualität kontrollieren und die Prozesse am Laufen halten.

Für die Automatisierung nennt der Geschäftsführer drei Gründe: Zum einen wolle man damit dem Fachkräftmangel entgegnen. Zum anderen natürlich die Produktivität steigern, um wettbewerbsfähig zu bleiben. „Und schließlich wollen wir das Arbeitsumfeld für die Mitarbeiter attraktiver machen.“

Vieles von dem, was für die Automatisierung verbaut wird, seien Eigenentwicklungen. „Der Robbi natürlich nicht.“ Stefan Ott spricht von einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess, um Fehler und Verschwendung zu vermeiden. Das funktioniere nur, wenn die Mitarbeiter einbezogen werden und eine offene Kommunikation im Unternehmen herrsche. „Wenn ein Fehler passiert, ist nicht wichtig, wer ihn gemacht hat, sondern, warum er passiert ist. Und wie er künftig vermieden werden kann.“

Für Stefan Ott, seit 2003 Geschäftsführer in Radeburg, ist diese Herangehensweise ein Schlüssel zum Erfolg. „Wenn wir wirklich gut sind, kann ein Wettbewerber unsere Technologie kopieren“, sagt er. „Die Unternehmenskultur macht den Unterschied, das ist meine feste Überzeugung.“

Gut möglich, dass diese auch ihren Anteil daran hatte, den Großbrand vom 27. Dezember 2016 zu überstehen, ohne dadurch auch nur einen Kunden zu verlieren. Bei Wartungsarbeiten war damals eine der großen Pressen in Brand geraten. Das Feuer breitete sich auf das Dach und eine Halle aus. „Der Schaden belief sich auf drei Millionen Euro“, sagt Stefan Ott. Betroffen war auch die Systemtechnik GmbH (ZSR), das Schwesterunternehmen der Mitras, die mit 22 Mitarbeitern Dreh- und Frästeile aus Metall fertigt. Die beiden Unternehmen haben einen Jahresumsatz von 18 beziehungsweise drei Millionen Euro. Bei Mitras konnte Anfang Januar 2017 wieder produziert werden, die ersten Maschinen bei der ZSR liefen Ende des gleichen Monats wieder. „Ich bin stolz, dass wir das so hinbekommen haben. Die Leute haben mitgezogen, auch mit Wochenendschichten.“

An diesem Wochenende wird in Radeburg nun erst einmal gefeiert. Mit einem Sommerfest für Mitarbeiter und Angehörige begeht die Mitras Composites Systems GmbH das 30. Jubiläum der Senata-Gruppe. Das Unternehmen in der Zille-Stadt ist eines von mittlerweile 14 Tochterunternehmen in ganz Europa.

Die Radeburger haben dabei allen Grund, stolz auf die eigene Entwicklung zu sein. Nicht nur, weil sie im nächsten Jahr selbst ihr 30. Jubiläum feiern können, sondern auch, weil sich das Unternehmen seit dem Neustart im Juni 1990 kontinuierlich entwickelt und vergrößert hat. Deutlich sichtbar baulich, vor allem aber auch was das Eingehen auf die Bedürfnisse der Kunden angeht.

Auf Mitras-Produkte stößt man an vielen Stellen: die grauen Anschlusskästen vor Häusern, Deckel für die Antennen auf Mobilfunkmasten, Teile in Feuerwehrhelmen, die Sitze der Wiener Straßenbahnen, die Bodenwannen der Nasszellen im T 6 California von VW sind nur einige davon.