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Unternehmer zieht es ins Industriegelände

Noch vor Jahren prägten Klubs das Leben im Gewerbegebiet. Doch dieses hat weit mehr zu bieten als wummernde Bässe.

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Von Ulrike Kirsten

Abends wird es still im Industriegebiet in der Albertstadt. Noch vor ein paar Jahren war das ganz anders. Die Dresdner kamen zum Feiern, die ansässigen Klubs waren voll. Nur wenige sind geblieben, wie das Eventwerk oder das Paula. Viele sind inzwischen ins Zentrum gezogen oder haben ganz aufgegeben (die SZ berichtete). Geschadet hat das dem Gebiet zwischen Meschwitz- und Herrmann-Mende-Straße aber nicht. Immer mehr Unternehmen siedeln sich an, die Wirtschaft boomt. Anja Laatsch hat schon vor Jahren erkannt, dass hier die Musik spielt, das Industriegebiet Potenzial hat und für Unternehmer äußerst attraktiv ist. Ideal ist vor allem die Verkehrsanbindung, findet Anja Laatsch, auch für die Kunden ihres Mannes. Er war lange Mieter einer Halle an der Werner-Hartmann-Straße. Noch heute betreibt er dort das Küchenstudio Milano. Mittlerweile ist seine Frau Eigentümerin des Gebäudes und weiterer Hallen. Weil sich der ehemalige Besitzer die Immobilien nicht mehr leisten konnte, wurden diese zwangsversteigert. „Wir haben mitgeboten und bekamen den Zuschlag“, sagt die 46-Jährige.

Seitdem hat Anja Laatsch selbst erlebt, wie rasant sich das Industriegebiet verändert hat. 175 Firmen sind derzeit auf dem Gelände angesiedelt. Anfang der 90er-Jahre waren es nur 120 Unternehmen. Bei Anja Laatsch sind unter anderem Architekten, Künstler, Start-up-Unternehmen eingemietet. Im Keller eines Gebäudes war bis vor einem Jahr der Visions Club ansässig. Die Gästezahlen waren aber so gering, dass die Klubgründer aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben mussten. Andreas Pönicke, der bis Mitte 2013 in einer Halle von Anja Laatsch das Fahrenheit geführt hat, hätte sie gern länger als Mieter gehabt. Pönicke zog aber lieber dem Trend hinterher, in die Innenstadt, wo heute die meisten Klubs sitzen. Für die renovierte Halle hat Anja Laatsch viele Interessenten, darunter eine Tanzschule. „Das könnte ich mir gut vorstellen. Ich würde mir wieder einen Mieter aus dem kreativen Bereich wünschen.“

Seit 1990 hat sich das Industriegelände in der Albertstadt stark gewandelt. Vor der Wende war das Gebiet durch Großbetriebe wie den VEB Strömungsmaschinenbau und den VEB Otto Buchwitz Starkstromanlagenbau geprägt. Heute haben sich viele kleine Unternehmen angesiedelt, darunter die ekiosk GmbH, die direkt neben Anja Laatsch in der Werner-Hartmann-Straße 5 sitzt und auch gegenüber das Gebäude der ehemaligen Straße E zur Produktion erworben hat. Die Firma stellt unter anderem digitale Informationssysteme für die Deutsche Bahn her. An den Geräten können Kunden per Touchscreen, also über die Berührung mit den Händen, Fahrscheine an den Automaten ordern.

Derzeit arbeiten 2.500 Menschen im Industriegebiet. Seit dem Jahr 2000 investierten die ansässigen Firmen über 70 Millionen Euro. Von 2008 bis 2012 erweiterten 13 Unternehmen für rund 30 Millionen Euro ihre Standorte. „Nach der Wende hat die Stadt das Gebiet kontinuierlich weiterentwickelt, Gehwege wurden gebaut und Grundstücke erschlossen“, sagt Torsten Rex, Referent des Wirtschaftsbürgermeisters Dirk Hilbert. 12,9 Millionen Euro hat die städtische Wirtschaftsförderung bisher in das Gewerbegebiet investiert. Zudem wurde ein zentraler Parkplatz mit 130 kostenfreien Stellplätzen westlich der Königsbrücker Straße gebaut, so Rex. „Das ist für die Unternehmer und ihre Mitarbeiter optimal. Die Autobahn ist schnell zu erreichen, der Flughafen nicht weit weg, und die Straßenbahn hält direkt vor der Tür.“