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Urologen sind hart im Nehmen

Ein 32-jähriger Arzt wurde zum Opfer eines Überfalls einer Frau mit K.-o.-Tropfen. Sein Vortrag musste ins Wasser fallen.

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© dpa

Von Alexander Schneider

Ein Whisky und vier Bier in drei Stunden sind schon ganz ordentlich. Hinters Steuer sollte man mit so viel Alkohol nicht mehr. Um sich jedoch in Dimensionen einer totalen Amnesie vorzutrinken, reicht diese Menge nun auch wieder nicht. Schon gar nicht bei einem trainierten 32-jährigen Urologen, der nach dem nächtlichen Genuss dieser Getränke noch in seinem Hotelzimmer an seinem Vortrag feilen wollte. Dass es anders kam, sich der Italiener an fast nichts mehr erinnert und sein Vortrag auf dem Urologen-Kongress ins Wasser fiel, lag wohl nicht am Alkohol. Urologen sind offensichtlich hart im Nehmen. Der 32-Jährige wurde Opfer einer blonden Frau, die ihm nachts gegen 3 Uhr in einer Diskothek heimlich K.-o.-Tropfen in sein letztes Getränk geträufelt haben soll. Das war ein Glas Cola.

Seit Anfang April steht Sandra P. wegen Raubes und Diebstahls vor dem Landgericht Dresden. Die 32-jährige Hebamme aus Serbien soll im September 2013 mehrere Nachtschwärmer in Dresden mit ihren Tropfen ausgeschaltet haben, ehe sie ihnen Bargeld und die Handys abknöpfte. Zum Prozessauftakt legte sie sofort ein tränenreiches Geständnis ab, bezichtigte allerdings ihren Partner, den sie nur „Elvis“ nannte, als Drahtzieher der Taten. Er habe sie dazu gezwungen.

Der 32-jährige Italiener war der erste Geschädigte, der im Prozess gehört wurde. Allerdings nicht persönlich. Verteidigung und Staatsanwaltschaft waren mit der Verlesung der Aussage vor der Polizei einverstanden, um dem Mann eine erneute Reise nach Dresden zu ersparen. Auch zwei Tage nach dem K.-o.-Tropfen-Angriff lag der 32-Jährige noch in der Uni-Klinik und war benommen, wie er den Beamten berichtete. Der Grund für seinen Zustand war zunächst völlig unklar. Er war offenbar eines der ersten Opfer der Hebamme.

Die Stunde der Hebamme

Zunächst berichtete der Urologe, er sei nach 23 Uhr vom Flughafen in der Innenstadt eingetroffen. Dort habe er mit Kollegen einen Whisky und zwei Hefeweizen getrunken. Danach habe er noch einen Kaffee trinken wollen, mit einem Taxifahrer gesprochen, der ihn dann zum „Blue Dance Club“ an der Wallstraße gefahren habe. „Hätte ich auch laufen können“, sagte der ortsfremde Arzt, fast ein wenig verärgert. Obwohl er sich deplatziert gefühlt habe, trank er dort zwei Bier. Und kam dann mit einer blonden Frau ins Gespräch. Das war wohl die Stunde der Hebamme und ihres heimtückischen Betäubungsmittels.

Am nächsten Vormittag gegen 9.30 Uhr fanden Passanten den total verwirrten Urologen in der Johannstadt. Allein, mit blutverschmiertem Gesicht, ohne Handy und ohne Bargeld. Die Frau war verschwunden. Der Kongress fand nun ohne den 32-Jährigen statt. Der Mann kam mit seinen rätselhaften Symptomen in die Uniklinik.

„Männer nehmen K.-o.-Tropfen, um Frauen gefügig zu machen, Frauen verwenden sie, um Männer auszurauben. Ist das der Unterschied?“, fragte die Vorsitzende Richterin Birgit Wiegand den ermittelnden Polizisten. Der stimmte zu. Der Prozess wird fortgesetzt. Es sollen weitere Geschädigte aussagen. Nun auch persönlich.