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Urteil gegen Dresdner Autofahrer gefallen

Der Prozess zum Unfalltod einer Ägypterin in Cottbus zog sich lang hin. Für Aufsehen sorgten Rassismusvorwürfe. Jetzt steht die Strafe für den 22-Jährigen fest.

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Zum Prozessbeginn gegen einen Autofahrer, der 2017 eine ägyptischen Studentin bei einem Unfall überfahren hatte, schließt ein Justizmitarbeiter die Tür zum Verhandlungssaal im Amtsgericht Cottbus auf.
Zum Prozessbeginn gegen einen Autofahrer, der 2017 eine ägyptischen Studentin bei einem Unfall überfahren hatte, schließt ein Justizmitarbeiter die Tür zum Verhandlungssaal im Amtsgericht Cottbus auf. © Patrick Pleul/ZB/dpa

Cottbus. Im Prozess um den Unfalltod einer ägyptischen Studentin in Cottbus ist ein 22-Jähriger zu einer Jugendstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden. Das Amtsgericht Cottbus sprach ihn am Montag der fahrlässigen Tötung schuldig. Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer acht Monate auf Bewährung gefordert, die Nebenklage hatte sich der Forderung angeschlossen. Die Verteidigung plädierte dagegen auf Freispruch für den Beschuldigten. Gegen das Urteil kann noch Berufung eingelegt werden.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 22-Jährige Autofahrer aus Dresden in hohem Maße grob fahrlässig gehandelt habe, als er am 15. April 2017 den Unfall verursacht hatte. Dabei wurde die 22 Jahre alte Fußgängerin so schwer verletzt, dass sie kurze Zeit später starb.

Laut Anklage soll der Mann mit einer Geschwindigkeit von etwa 50 km/h unterwegs gewesen sein, als er die Frau an einer Straßenbahnhaltestelle im Bereich des Stadthallenvorplatzes erfasste. Erlaubt waren in diesem Bereich 30 km/h, weil sich dort eine Art Verkehrsinsel befindet, in der sich häufig Menschen aufhalten. Der Angeklagte hätte zwangsläufig Menschen wahrnehmen müssen, betonte die Richterin. Sie ging in ihrer Urteilsbegründung sogar davon aus, dass der Autofahrer noch schneller gefahren war. "Wir glauben, dass sie mehr als 50 Stundenkilometer gefahren sind".

Kritik an der Verteidigung

Zudem zeigte sich das Gericht "sehr erschüttert" über die "Würdelosigkeit", mit der die Verteidigung in dem Prozess aufgetreten sei. Eine Entschuldigung des Angeklagten bei den Hinterbliebenen des Opfers etwa habe sie "in hohem Maße" vermisst, sagte die Richterin.

Dass der 22-Jährige zu einer Jugendstrafe und nicht nach Erwachsenenrecht verurteilt wurde, begründete das Gericht mit einem jugendtypischen Verhalten des Beschuldigten. Es sei nicht auszuschließen, dass "Imponiergehabe" eine Rolle gespielt habe.

Die Familie der Getöteten war zur Urteilsverkündung nicht erschienen. Vlatka S., eine Freundin der Familie, sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Mutter habe nicht noch einmal die Kraft gehabt, nach Cottbus zu kommen. Die Freundin saß an nahezu allen Prozesstagen mit im Gericht. Die Mutter sei bis heute nicht über den Tod der Tochter hinweggekommen, erzählte sie. Zudem habe sie das Verhalten des Anwalts des Beschuldigten als zynisch und respektlos empfunden.

Die Staatsanwaltschaft hatte auch gegen einen Beifahrer des angeklagten Autofahrers wegen des Verdachts der Volksverhetzung und Beleidigung ermittelt: Er soll die verletzte Ägypterin am Unfallort mit fremdenfeindlichen Parolen beschimpft haben. Das Verfahren wurde eingestellt, weil nicht erwiesen sei, dass ausländerfeindliche und volksverhetzende Parolen gefallen seien, hieß es. (dpa)