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Urteil gegen "Oldschool Society"-Mitglied

Die rechte Terrorgruppe hat sich im Hass auf Ausländer radikalisiert. Ein Gründungsmitglied kommt nun mit einer glimpflichen Strafe davon.

Von Alexander Schneider
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Der wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung Angeklagte kommt vor der Urteilsverkündung in den Gerichtssaal in Dresden.
Der wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung Angeklagte kommt vor der Urteilsverkündung in den Gerichtssaal in Dresden. © Sebastian Kahnert/dpa

Dresden. Der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Dresden hat einen Mitbegründer der rechtsextremen Terrorgruppe „Oldschool Society“ (OSS) verurteilt. Der 39-jährige Marco K. erhielt am Donnerstag wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten.

Es ist das erste Urteil gegen Mitglieder der wohl ersten sächsischen Terrorgruppe, die bereits ab 2014 im Raum Borna ihr Unwesen getrieben hatte. Die OSS habe Anschläge auf Ausländerunterkünfte mit Pyrotechnik geplant und dabei Tote in Kauf genommen. Der Dresdner Senat verhandelt bereits seit Februar gegen zwei weitere mutmaßliche OSS-Mitglieder. Die vier Anführer der OSS wurden bereits 2017 am OLG München zu Freiheitsstrafen zwischen drei und fünf Jahren verurteilt.

Der Prozess gegen Marco K. hatte Ende März begonnen. Als erster Beschuldigter hat K., der heute in Braunschweig lebt und sich von der rechtsextremen Szene losgesagt hat, ein umfassendes Geständnis abgelegt. Er war Mitte 2014 nach Borna gezogen und zählt zu den Mitgliedern der ersten Stunde. Die Gruppe hat in einer WhatsApp-Gruppe ihren Anfang genommen und sich zunehmend radikalisiert. 

Ab September 2014 gab sich die Gruppe eine eigene Satzung. K. war als Kassenwart vorgesehen. Doch schon beim ersten persönlichen Treff der Neonazis in einer Bornaer Gartensparte im November 2014 wurde K. gezwungen, seinen Drogenkonsum vor allen anderen einzugestehen, berichtete der Vorsitzende Richter Thomas Fresemann. K. sei als Kassenwart abgelöst und „nach unten durchgereicht“ worden. Es sei ein Aspekt der Dynamik solcher Gruppen, sich selbst überhöht darzustellen. Tatsächlich sei die OSS jedoch abhängig machenden Mitteln nicht abgeneigt gewesen.

Festnahmen verhinderten Anschläge

Marco K. sei jedoch mehr als ein typischer Mitläufer gewesen. Die OSS sei für ihn eine Ersatzfamilie gewesen, er habe auch Mitglieder geworben und etwa eine Turnhalle mit dem OSS-Logo beschmiert. Er habe sich etwa auch selbst Böller aus Tschechien bestellt. 

Der Angeklagte habe sich glaubwürdig eingelassen, sagte Fresemann, und habe auch den einen oder anderen neuen Anhaltspunkt geliefert. So hatte er etwa berichtet, er sei mit der Beschaffung von Lebensmitteln für das zweite Treffen Anfang Mai betraut worden. Unmittelbar vor der Zusammenkunft wurden die Anführer von der Polizei verhaftet. Die Strafe gegen den 39-Jährigen wurde zur Bewährung ausgesetzt, wie es die Generalstaatsanwaltschaft und Verteidiger Andreas Gumprich gefordert hatten.

Die Ziele der OSS nannte Fresemann „nationalistisch, rassistisch, ausländerfeindlich und völkisch“. Es ging um die „Gewalt und Zerstörung all dessen, was Deutschland kaputtmacht“.  Die Vereinigung mit zuletzt etwa 30 Mitgliedern in ganz Deutschland und einem Ableger in Österreich  plante den Ermittlungen zufolge nach verbaler Radikalisierung in Chats auch Brand- und Sprengstoffanschläge auf bewohnte Asylbewerberunterkünfte, um Flüchtlinge zu vertreiben. 

Die Mitglieder zeichne auch eine hohe Waffenaffinität aus. Ihr Gefährdungspotenzial sei mangels Geld aber vergleichsweise gering gewesen, die Festnahme von vier führenden Köpfen Anfang Mai 2015 in Borna (Landkreis Leipzig) habe die Pläne verhindert. Der Geheimdienst hatte die OSS seit August 2014 überwacht und die Ermittler eingeschaltet.

Marco K., der wegen anderer Delikte bereits vorbestraft und im Gefängnis war, hat keinen Kontakt mehr zu den alten Freunden, dafür eine neue Familie, Aussicht auf einen festen Job in Braunschweig und sein Drogen- und Alkoholproblem überwunden. Vor Gericht hatte er seine Abkehr vom Rechtsextremismus noch einmal betont: "Mit dem Kapitel bin ich durch, ich will über solche Sachen gar nichts mehr hören."

Im Verfahren gegen die beiden weiteren mutmaßlichen OSS-Mitglieder ist nach Angaben einer Gerichtssprecherin noch kein Ende in Sicht. (mit dpa)