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USA: Mehr als 40 Länder im Visier von Chinas Ballon-Spionage

Chinas hat offenbar eine Flotte von Spionageballons in Länder auf fünf Kontinenten geschickt. Die Flugobjekte sollen Teil eines weltweiten Überwachungsprogramms sein.

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Matrosen der Explosive Ordnance Disposal Group 2 bergen Rest des abgeschossenen Spionageballons vor der Küste von Myrtle Beach.
Matrosen der Explosive Ordnance Disposal Group 2 bergen Rest des abgeschossenen Spionageballons vor der Küste von Myrtle Beach. © U.S. Navy via AP

Washington. China hat nach Angaben der US-Regierung mit einer Flotte von Spionageballons mehr als 40 Länder auf fünf Kontinenten ins Visier genommen. Das erklärte ein hochrangiger Mitarbeiter des US-Außenministeriums am Donnerstag in Washington. Die US-Regierung wende sich direkt an die Länder, um sie über den Umfang des chinesischen Programms zu informieren. "Wir wissen, dass China diese Ballons zur Überwachung eingesetzt hat", betonte er.

Der vor der US-Küste abgeschossene chinesische Ballon habe über "mehrere Antennen" verfügt und sei vermutlich in der Lage gewesen, "Kommunikation zu sammeln und zu lokalisieren". Die USA hätten mit Hilfe von Aufklärungsflugzeugen hochauflösende Bilder gemacht, um die Fähigkeiten des Ballons zu bestimmen. Dessen Ausrüstung habe "eindeutig der nachrichtendienstlichen Überwachung" gedient und stimme nicht mit der Ausrüstung von Wetterballons überein.

"Wir wissen, dass diese Ballons alle zu einer Flotte von Ballons der Volksrepublik China gehören, die für Überwachungszwecke entwickelt wurden", sagte der Vertreter des US-Außenministeriums weiter. Diese Art von Aktivitäten werde häufig auf Anweisung des chinesischen Militärs durchgeführt. "Wir sind sicher, dass der Ballonhersteller in direkter Beziehung zum chinesischen Militär steht", sagte er.

Das US-Militär hatte dieen chinesischen Ballon vor der Küste des Bundesstaates South Carolina am Samstag über dem Atlantik abgeschossen.
Das US-Militär hatte dieen chinesischen Ballon vor der Küste des Bundesstaates South Carolina am Samstag über dem Atlantik abgeschossen. © Larry Mayer/The Billings Gazette/AP/dpa

Das Auftauchen eines gewaltigen chinesischen Beobachtungsballons über US-Territorium hatte die ohnehin frostigen Beziehungen beider Länder weiter abgekühlt. Das US-Militär hatte den Ballon am Samstag vor der Küste des Bundesstaates South Carolina über dem Atlantik abgeschossen. Die US-Regierung wirft China vor, es habe Militäreinrichtungen ausspionieren wollen. Peking sprach dagegen von einem zivilen Forschungsballon vor allem für meteorologische Zwecke. Dieser sei vom Kurs abgekommen, der Abschuss eine "Überreaktion".

Angesichts des Streits hatte US-Außenminister Antony Blinken kurzfristig eine Reise nach Peking abgesagt. Blinken hatte bereits am Mittwoch erklärt, der abgeschossene chinesische Ballon sei Teil eines umfangreichen Überwachungsprogramms. "Die Vereinigten Staaten waren nicht das einzige Ziel dieses breit angelegten Programms, das die Souveränität von Ländern auf fünf Kontinenten verletzt hat." Die USA hätten dazu mit Dutzenden Ländern Informationen ausgetauscht.

Der mutmaßliche Spionageballon aus China ist einem Bericht der "Washington Post" zufolge Teil des Überwachungsprogramms. Derartige Ballons hätten seit Jahren Informationen über militärische Einrichtungen in Ländern und Gebieten gesammelt, die für China von strategischem Interesse seien, berichtete die Zeitung am Dienstagabend (Ortszeit) unter Berufung auf US-Geheimdienstkreise.

"Die Chinesen haben eine unglaublich alte Technologie mit modernen Kommunikations- und Beobachtungsmöglichkeiten kombiniert, um Informationen über die Streitkräfte anderer Länder zu sammeln", zitierte die "Washington Post" einen nicht namentlich genannten US-Regierungsvertreter.

China hat Gespräch nach Abschuss von Ballon abgelehnt

Peking hat unterdessen nach Angaben der US-Regierung ein Gesprächsangebot ausgeschlagen. Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Pat Ryder, teilte am Dienstag in Washington mit, unmittelbar nach dem Abschuss des Ballons am Samstag habe das Pentagon ein Gespräch zwischen Ressortchef Lloyd Austin und seinem chinesischen Amtskollegen Wei Fenghe erbeten. Die chinesische Seite habe dies jedoch abgelehnt.

© dpa Grafik

"Wir sind davon überzeugt, dass die Aufrechterhaltung offener Kommunikationswege zwischen den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China wichtig ist, um die Beziehungen verantwortungsvoll zu gestalten", erklärte Ryder weiter. Gerade in Momenten wie diesem sei die Kommunikation zwischen den Streitkräften beider Länder besonders wichtig. Die US-Seite bemühe sich weiter um offene Kommunikationskanäle mit Peking.

US-Präsident Joe Biden hat die Führung in Peking zudem am Dienstag mit deutlichen Worten gewarnt. "Wenn China unsere Souveränität bedroht, werden wir handeln, um unser Land zu schützen, und das haben wir getan", sagte Biden bei seiner offiziellen Rede zur Lage der Nation vor beiden Kammern des US-Kongresses. Er sei aber entschlossen, mit China dort zusammenzuarbeiten, wo amerikanische Interessen zum Wohle der Welt gefördert werden könnten. Er habe dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass die USA den Wettbewerb suchten, nicht den Konflikt. (dpa)