Deutschland & Welt
Merken

Erstes Bild von "Webb"-Teleskop zeigt tiefen Blick ins All

Kostenexplosionen und Verschiebungen überschatteten den Start von "James Webb". Aber zeigt das leistungsfähigste Weltraumteleskop, was es kann.

 0 Min.
Teilen
Folgen
Das erste Bild, dass vom bisher leistungsfähigsten Weltraumteleskop "James Webb" veröffentlicht wurde, zeigt den Galaxienhaufen SMACS 0723.
Das erste Bild, dass vom bisher leistungsfähigsten Weltraumteleskop "James Webb" veröffentlicht wurde, zeigt den Galaxienhaufen SMACS 0723. © Space Telescope Science Institut/NASA/ESA/CSA/dpa

Washington. Die erste Aufnahme des vor kurzem ins All geschossenen "James Webb"-Teleskops liefert einen besonders tiefen und detailreichen Blick ins All. Gemeinsam mit US-Präsident Joe Biden und dessen Vize Kamala Harris präsentierte die US-Raumfahrtbehörde Nasa in der Nacht auf Dienstag die "tiefste und schärfste bislang aufgenommene Infrarot-Sicht auf das Universum".

Auf dem Bild sind mittig helle weiße Punkte zu sehen. Das ist der Galaxie-Cluster "SMACS 0723", wie Ulrich Walter, Professor für Raumfahrttechnik an der TU München, auf Anfrage erklärte. Der Cluster übernimmt die Funktion einer Linse, so dass dahinterliegende, weiter entfernte Galaxien sichtbar werden. Diese sind laut Walter auf dem Bild als kreisförmig angeordnete, langgezogene orangene Flecken zu erkennen. Biden sprach von einem "historischen Tag", Harris von einem "aufregenden neuen Kapital in der Erforschung unseres Universums".

"Wir sind bereit, mit diesem Weltklasse-Observatorium unsere Reise zurück zu den frühen Tagen unseres Universums zu beginnen", sagte Günther Hasinger, Wissenschaftsdirektor der europäischen Weltraumorganisation Esa, die an "James Webb" beteiligt ist. Das Teleskop ist nach einem früheren Nasa-Chef benannt, der die Behörde in den für die Raumfahrt wichtigen 60er Jahren leitete.

Joe Biden, Präsident der USA, spricht während eines Briefings von NASA-Beamten über die ersten Bilder des James-Webb-Weltraumteleskops, die höchstauflösenden Bilder des infraroten Universums, die jemals aufgenommen wurden.
Joe Biden, Präsident der USA, spricht während eines Briefings von NASA-Beamten über die ersten Bilder des James-Webb-Weltraumteleskops, die höchstauflösenden Bilder des infraroten Universums, die jemals aufgenommen wurden. © Evan Vucci/AP/dpa

Auf dem Bild sei nur "ein kleiner Teil des Universums" zu sehen, sagte Nasa-Chef Bill Nelson. Seine Erklärung an Biden: "Das Licht, was du auf einem dieser kleinen Flecken siehst, ist seit 13 Milliarden Jahren unterwegs."

Infrarotstrahlung ist für das menschliche Auge nicht zu sehen, dafür braucht man bestimmte Detektoren, wie Walter erklärt. Und die können das Infrarotlicht mit großen Teleskopen nur im Weltraum sehen, weil die Erdatmosphäre dieses Licht absorbiert.

Am Dienstagnachmittag wollte die Nasa weitere Bilder veröffentlichen. Die Farbbilder seien von Vertretern verschiedener an dem Projekt beteiligter Raumfahrtagenturen ausgewählt worden und zeigten unter anderem den sogenannten Carinanebel, eine Art Gaswolke, und den außerhalb unseres Sonnensystems gelegenen Planeten "Wasp-96 b", hatte die Nasa zuvor mitgeteilt. Die Veröffentlichung der Fotos markiere auch den offiziellen Beginn der wissenschaftlichen Arbeit mit dem bislang größten und leistungsfähigsten Teleskop, das je ins All gebracht wurde.

Am 13. April 2017 haben Techniker den Spiegel des James-Webb-Weltraumteleskops mit einem Kran im Goddard Space Flight Center angehoben.
Am 13. April 2017 haben Techniker den Spiegel des James-Webb-Weltraumteleskops mit einem Kran im Goddard Space Flight Center angehoben. © Laura Betz/NASA/AP/dpa

"James Webb" war am 25. Dezember an Bord einer Ariane-Trägerrakete vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana ins All gestartet - nachdem es zuvor Kostenexplosionen und immer neue Verschiebungen gegeben hatte. Die Weltraumagenturen der USA, Kanadas und Europas kooperieren bei dem Projekt.

Das "James Webb Space Telescope" (JWST) wurde rund 30 Jahre lang entwickelt und kostete schlussendlich etwa 10 Milliarden Dollar (rund 8,8 Milliarden Euro). Es folgt auf das Teleskop "Hubble", das seit mehr als 30 Jahren im Einsatz ist. Während "Hubble" im optischen und ultravioletten Bereich arbeitet, untersucht "James Webb" im infrarotnahen Bereich.

"James Webb" soll rund 1,5 Millionen Kilometer weit ins All fliegen und unter anderem mit Hilfe eines 25 Quadratmeter großen Spiegels neue Bilder aus dem frühen Universums liefern. Wissenschaftler erhoffen sich von den Aufnahmen unter anderem Erkenntnisse über die Zeit nach dem Urknall vor rund 13,8 Milliarden Jahren. Sie hoffen auf Bilder von Sternen, die älter sind als unser Sonnensystem und vielleicht nicht mehr existieren - und möglicherweise sogar auf Hinweise auf eine zweite Erde. Die Lebensdauer von "James Webb" ist dabei erstmal auf zehn Jahre angelegt. (dpa)