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US-Polizist erschießt schwarze Jugendliche

Die vier tödlichen Schüsse aus einer Polizeiwaffe fielen in Columbus nur wenige Minuten vor der Verkündung des Schuldspruches im Fall George Floyd.

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Eine Menschenmenge versammelt sich in Columbus, um in der Nachbarschaft zu protestieren, in der ein Polizeibeamter ein jugendliches Mädchen erschossen hat.
Eine Menschenmenge versammelt sich in Columbus, um in der Nachbarschaft zu protestieren, in der ein Polizeibeamter ein jugendliches Mädchen erschossen hat. © Jay Laprete/AP/dpa

Columbus. Ein Polizist im US-Bundesstaat Ohio hat ein 16 Jahre altes schwarzes Mädchen erschossen, das Videoaufnahmen zufolge mit einem Messer bewaffnet war. Das Mädchen habe andere Menschen angegriffen, erklärte der amtierende Polizeichef der Stadt Columbus, Michael Woods. Die vier tödlichen Schüsse fielen nur wenige Minuten vor der Verkündung des Schuldspruches gegen den weißen Ex-Polizisten Derek Chauvin im Fall des getöteten Afroamerikaners George Floyd.

"Wir wissen, basierend auf diesen Aufnahmen, dass der Polizist Maßnahmen ergriffen hat, um ein anderes junges Mädchen in unserer Gemeinde zu schützen", sagte der Bürgermeister der Stadt, Andrew Ginther, am Dienstag (Ortszeit) bei einer Pressekonferenz. "Aber eine Familie trauert heute Abend", sagte er. Das junge Mädchen werde nie wieder nach Hause kommen. Ginther forderte die Anwohner der Stadt auf, Ruhe zu bewahren. Der Bürgermeister hatte zunächst von einer 15-Jährigen gesprochen, später wurde das Mädchen, das bei einer Pflegefamilie lebte, als 16 Jahre alte Ma'Khia Bryant identifiziert.

Die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Jen Psaki, erklärte am Mittwoch im Weißen Haus: "Die Tötung der 16-jährigen Ma'Khia Bryant durch die Polizei in Columbus ist tragisch. Sie war ein Kind." Psaki fügte hinzu, es sei bekannt, dass "Polizeigewalt überproportional Schwarze und Latinos trifft". Die Regierung setze sich daher für den Kampf gegen strukturellen Rassismus und Vorurteile ein. Zudem werbe das Weiße Haus für dringend benötigte Polizeireformen, so Psaki.

Die Polizei in Columbus erklärte, die Beamten waren an den Tatort gefahren, nachdem ein Notruf eingegangen war, wonach eine Bedrohung durch mit Messer bewaffnete Frauen vorgelegen habe. Um den Hergang der Tat zu erläutern, veröffentlichte die Polizei Aufnahmen aus der Kamera des Beamten, der als erster am Ort eingetroffen war und letztlich die Schüsse abfeuerte.

Die Aufnahmen zeigen eine unübersichtliche und schnell eskalierende Situation. Es sind mehrere Menschen zu sehen, die in einer Einfahrt zwischen zwei Autos stehen. Das Video zeigt dann ein Handgemenge, ein Mann wirft eine junge Frau zu Boden und tritt sie mit Füßen. Ma'Khia Bryant geht dann mit einem Messer auf eine weitere junge Frau los. Sie drückt die in pink gekleidete Frau gegen ein Auto - dann sind vier Schüsse zu hören, Bryant sackt in sich zusammen. Die Polizei zeigte bei der Pressekonferenz eine verlangsamte Aufnahme des Zwischenfalls, der sich in nur etwa 30 Sekunden abspielte. Der Fall werde nun von der zuständigen Behörde, dem Büro für Kriminaluntersuchungen (BCI) des Bundesstaats untersucht, hieß es.

Eine Frau, die angab, eine Tante des Opfers zu sein, berichtete der Zeitung "Columbus Dispatch", ihre Nichte sei in eine Auseinandersetzung mit jemandem geraten. Sie habe ein Messer gehabt, dieses aber fallengelassen, bevor sie von mehreren Schüssen der Polizei getroffen worden sei, berichtete Hazel Bryant weiter. Die Zeitung berichtete über kleinere Proteste in der Stadt mit Schildern, auf denen unter anderem "Black Lives Matter" zu lesen war.

Allein im vergangenen Jahr wurden in den USA nach einer Datenbank der "Washington Post" 243 Schwarze von der Polizei erschossen. (dpa)