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Silvia Berger schenkt das ganze Jahr über ihre Kraft dem kleinsten Zoo Sachsens – dem Bischofswerdaer. Weihnachten darf sie nun genießen.

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© Steffen Unger

Von Constanze Knappe

Silvia Berger freut sich auf das Zusammensein mit ihren zwei Kindern und den vier Enkeln zu Weihnachten. Doch ehe es so weit ist, hat die 55-Jährige Dienst im Tier- und Kulturpark Bischofswerda. Am Heiligen Abend zu arbeiten, empfindet sie aber gar nicht als lästige Pflicht. Zusammen mit Besucherkindern bringen Pfleger den Tieren Geschenke. Für Silvia Berger und ihre Kollegen ist das die Einstimmung aufs Weihnachtsfest zu Hause und zugleich ein schöner Moment im Jahr.

Silvia Berger privat in Großdrebnitz mit drei ihrer Enkel – von links: Ella, Eric und Richard. Weihnachten feiern sie gemeinsam.
Silvia Berger privat in Großdrebnitz mit drei ihrer Enkel – von links: Ella, Eric und Richard. Weihnachten feiern sie gemeinsam. © Steffen Unger

Die Tierparkchefin mag alle Zoo-Bewohner, an den Papageien aber hängt ihr Herz besonders. Deshalb nimmt sie es den hellroten Aras auch nicht übel, dass einer der beiden sie mal gebissen hat. Bei dem kräftigen Schnabel kann das aber gefährlich sein. Silvia Berger hatte Glück, dass es zu keiner größeren Verletzung kam.

Die Aras sind Streithähne

Die beiden Aras Ariane (15) und Robert (18) leben seit Jahren im Zoo Bischofswerda. Sie stammen aus einer Neubauwohnung in Berlin, wo sie in der Schrankwand schlüpften, aus Platzgründen aber nicht bleiben konnten. Kleine Streithähne seien sie, sagt Silvia Berger. Man müsse den Geschwistern gleichzeitig eine Nuss geben, damit sie nicht eifersüchtig aufeinander reagieren. „Fast wie bei meinen Enkelkindern“, erzählt Silvia Berger lachend.

Ihre Familie verbringt den Heiligabend reihum. Diesmal sei sie an der Reihe. Weil sie erst noch arbeitet, wurde der Baum schon geschmückt. Wenn sie für abends den Kartoffelsalat zubereitet, läuft nebenbei ein Märchenfilm. Die Geschenke liegen bereit. Sie gönnt sich einen Kaffee, ehe sie ihre Runde dreht, um die Tiere zu Hause zu versorgen. Seit Kurzem hält die Tierparkchefin zu Hause Kaninchen und bringt es nicht übers Herz, eins davon zu schlachten, Katze, Schafe, Hühner und die beiden Hunde, die darauf warten, dass es noch einmal rausgeht, gehören schon länger dazu. Vier Generationen wohnen auf dem Hof, sonst wäre die Tierhaltung so nicht möglich.

Enkel leben ganz in der Nähe

Nach Kirche und Abendbrot kommt bei Silvia Berger und ihrer Familie der Weihnachtsmann. Dass ihre Enkel, die zwischen drei und sieben Jahren Jahre alt sind, in der Nähe leben, sieht die Großdrebnitzerin als großes Glück. Sie versucht, möglichst viel Zeit mit ihnen zu verbringen – den Sommer über draußen, auch im Tierpark. Im Winter wird öfter drin gespielt, da bleibt der Fernseher aus. Weil sie oft zu Weihnachten arbeitet, ist über die Jahre der vierte Advent zum Familientag geworden. Früher, so sagt sie, habe sie sich während der Feiertage viele Gedanken gemacht, ob es denn im Tierpark läuft. Mittlerweile kann sie die freien Tage genießen. „Wir haben im Tierpark ein zuverlässiges Team, da muss ich mir keine Sorgen machen“, sagt sie. Zum Glück gab es zu Weihnachten auch noch nie eine Havarie im Zoo.

Groß geworden ist Silvia Berger auf einem Bauernhof. Das bestimmte ihren Wunsch, später etwas mit Tieren machen zu wollen. Sie lernte Zootechnikerin, betreute unter anderem den Kälberstall der LPG Weickersdorf. Als dieser 1990 aufgelöst wurde, bewarb sie sich im Tierpark Bischofwerda. Seit 1991 arbeitet sie dort, wurde 1995 Vorarbeiterin und mit der Übernahme der Einrichtung durch die Lebenshilfe 2001 Leiterin. Es folgten Qualifizierungen zur Wildtierhaltung und eine sonderpädagogische Zusatzausbildung zur Arbeit mit behinderten Menschen. 1994 gründete sie den Tierparkförderverein mit, dessen Vorsitzende sie bis 1999 war.

Nächstes Jahr gibt es ein Jubiläum

Seit sie den Zoo leitet, ist sie zu einem großen Teil des Tages im Büro beschäftigt. Bis Jahresende werden jeweils die Projekte fürs nächste Jahr vorbereitet. 2017 feiert der Tierpark seinen 60. Geburtstag. Zudem arbeitet sie an einem Konzept für den Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien, welches die regionale Bedeutsamkeit des Tierparks Bischofswerda nachweisen soll. Ein bisschen ärgert sie sich über den zusätzlichen bürokratischen Aufwand. Der sei aber notwendig, um auch weiterhin Fördermittel zu bekommen. Ideen sind immer neue gefragt, wie etwa die Alpaka-Touren, die der Tierpark künftig anbieten will. Die drei neuen Bewohner des Zoos haben sich gut eingelebt und nicht nur das Herz der Chefin „im Sturm erobert“. Froh ist Silvia Berger, dass der Umbau der Fasanerie weitgehend beendet ist. Sonst, sagt sie, würde ihr Weihnachtsfest nicht so entspannt verlaufen. Sie hatte „ziemliche Kopfschmerzen“, weil die Papageien in ihrem Interimsquartier beengt waren. Einen Graupapagei nahm sie deshalb mit nach Hause. Inzwischen bezogen die Vögel die Innenräume der neuen Anlage, dürfen sie derzeit der Vogelgrippe wegen allerdings nicht verlassen. Der Graue von zu Hause lebt ebenfalls wieder im Zoo. Sie selbst habe an Papageien einen Narren gefressen, erklärt sie. Das war einer der Gründe, weshalb sie sich seinerzeit im Zoo bewarb, um dort ihr Hobby zum Beruf zu machen. Schon als Ziergeflügelzüchterin stand sie einst im Kontakt zum Leiter Siegfried Nützsche. Das tut sie jetzt noch gelegentlich, auch zu Wilfried Ziller, der ebenfalls mal Leiter war.

Wenn in dem kleinen Zooteam Personal knapp wird, hilft die Zoochefin in der Tierpflege aus. Sie lasse sich das nicht nehmen, weil sie so näher an den Tieren ist und sich besser in die Lage der Mitarbeiter versetzen kann, sagt sie. Selbst an einem reinen Bürotag macht sie ihre Runde durch den Tierpark. Den Königspython, der in einem Müllcontainer gefunden wurde und jetzt in einem Terrarium im Begegnungszentrum des Zoos lebt, verwöhnt sie so mit einer morgendlichen Dusche. Respekt hat Silvia Berger vor den Bären, lustig findet sie die Rennmäuse. Tiere zu beobachten, dafür nimmt sie sich immer ein paar Minuten Zeit. „Ich habe doch einen schönen Beruf“, sagt sie und könnte sich keinen besseren vorstellen. Auch wenn der bedeutet, dass sie Heiligabend und am zweiten Feiertag arbeiten muss.

Heiligabend im Tierpark Bischofswerda: ab 10 Uhr Bescherung der Tiere, 11 Uhr Handpuppenspiel