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Verdrängen Discounter die Bäckerfilialen?

Ein weiterer Bäcker hat seine Filiale in einem Supermarkt geschlossen. Nicht alle sehen die Entwicklung negativ.

Von Theresa Hellwig
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Der Handwerksbäcker ist weg, stattdessen gibt es Brötchen aus der Backstation. Auch bei anderen Supermärkten zeichnet sich die Tendenz ab.
Der Handwerksbäcker ist weg, stattdessen gibt es Brötchen aus der Backstation. Auch bei anderen Supermärkten zeichnet sich die Tendenz ab. © SZUwe Soeder

Bautzen. Das Licht ist aus. Der Tresen ist weg, weder der Duft von Kaffee noch von Kuchen schwebt in der Luft. Einzig das verblasste Werbeplakat an der Wand zeugt noch davon, dass im Penny-Markt am Bautzener Bahnhof bis vor Kurzem ein Bäcker seine Waren verkaufte. Nun ist die Bresan-Filiale weg, schon im Sommer wurde der Mietvertrag gekündigt. „Wir wären gerne in dem Markt geblieben“, sagt Clemens Bresan, Geschäftsführer der Bäckerei. Er zeigt sich verärgert: „Niemand hat uns das erklärt.“

Das Unternehmen, dem das Gebäude gehört, erklärt auf SZ-Nachfrage: „Wir haben den Mietvertrag mit dem Bäcker gekündigt, da der Fleischer uns mehr Platzbedarf signalisiert hat.“ Warum dann der Bäcker weichen musste, begründet das Unternehmen so: „Wir haben uns für diesen Schritt entschieden, um den Fleischer im Objekt halten zu können, da Penny selbst ein frisches Backwarenangebot hat.“ Penny erklärt auf Anfrage, in der Regel ein Konzept mit einer Fleischerei und einer Bäckerei im Gebäude zu präferieren. Im Falle des Bautzener Marktes habe der Gebäude-Eigentümer die Entscheidung gefällt. Die Fleischerei möchte sich dazu nicht äußern und bestätigt auch den Plan, die Filiale ausbauen zu wollen nicht.

Besorgniserregende Tendenz

Es ist kein Einzelfall, dass ein Bäcker aus einem Supermarkt weichen muss. Die meisten Läden verkaufen heute eigene Backwaren. Mal ist es die Konkurrenz im Einkaufszentrum, mal eine bewusste Entscheidung des Bäckers – immer mehr Bäckerfilialen verlassen die Vorräume der Kaufhallen. 2015 machte bereits Lidl Schlagzeilen mit flächendeckenden Kündigungen der Mietverträge. In Kamenz und auch in Bautzen mussten im Zuge dessen Bäcker aus den Märkten ausziehen. „Die Discounter verdängen die Bäckerfilialen“, da ist sich Stefan Richter sicher. Der Bäckermeister aus Kubschütz gelangte 2015 ins Augenmerk der Öffentlichkeit, als er einen satirischen Brief an Lidl schrieb. Der Discounter warb mit Qualität – Richter erklärte den Unterschied zwischen Discounterbrot und Handwerkserzeugnis. „Da stecken teilweise aggressive Marketing- und Entmietungsstrategien dahinter“, sagt er.

Auch Bresan erkennt eine besorgniserregende Tendenz im Schließen der Bäckerfilialen: „Irgendwann wird das Bäckerhandwerk ein Kunsthandwerk sein“, sagt er. „Wir werden kaputtgemacht von der Industrie.“ Er wünscht sich deshalb, dass die Politik eingreift: „Es wäre schön, wenn das, was vor Ort produziert werden kann, auch dort hergestellt werden müsste“, findet er. Lange Wege, das sollte nicht die Regel sein.

Aus dem Lidl in der Bautzener Steinstraße musste damals die Landbäckerei Trittmacher ausziehen. „Manche Menschen müssen beim Brotkauf auf den Preis schauen, nicht alle können sich ein Handwerksbrot leisten“, sagt Ute Trittmacher. Die Geschäftsführerin der Landbäckerei blickt nicht unbedingt negativ gestimmt zurück. Sie erklärt, dass sich die Bäcker nicht als direkte Konkurrenten zu den Backstationen sehen dürften – ein Preiskampf sei nicht sinnvoll. „In unseren Mengen sind Preise wie die der Industriebäcker nicht möglich.“ Dass die Bäckereien durch die Verdrängung aus den Supermärkten sterben, darum sorgt sie sich nicht. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass Bäcker, die mit der Zeit gehen und sich eine Strategie überlegen, am Markt bestehen. Viele Menschen interessieren sich für Ernährung, für Fitness – immer häufiger fragen sie vor dem Kauf: „Was steckt in diesem Brot?“ oder „Woher stammt das Mehl?“ Alte Mehlsorten, regionale Produkte, Brote ohne Zusatzstoffe – darauf setzt deshalb nicht nur ihre Bäckerei.

Ähnlich sieht das auch die Bäckerinnung. Der Bautzener Obermeister Lutz Neumann, Inhaber der gleichnamigen Bäckerei, prophezeit, dass sich die Bäckerlandschaft in dieser Hinsicht verändern wird. „Die Bäcker müssen ihre Nischen finden“, sagt er. „Immer mehr Menschen haben Darmprobleme. Ein lange geführter Sauerteig ist viel verträglicher als ein Industrieprodukt – damit können wir arbeiten.“