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Vergewaltigung nach Kneipenbesuch

Eine 30-jährige Frau wurde auf dem Heimweg überfallen. Der mutmaßliche Täter bestreitet das. Trotz klarer Beweise droht ein längerer Prozess.

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Von Alexander Schneider

Eine 30-Jährige war mit einer Freundin in der Neustadt unterwegs. Sie verbrachten den Abend im „Hebedas“ auf der Rothenburger Straße. Nach 1 Uhr ging die Frau alleine nach Hause. Dabei bemerkte sie, dass ihr drei Männer folgten, die ihr zuvor schon in der Kneipe aufgefallen waren. Plötzlich sei sie von einem gepackt worden. Er habe sie gegen die Tür eines Hauses in der Hoyerswerdaer Straße gedrückt. Dann seien sie plötzlich in dem Hausflur gewesen. Offenbar war die Tür aufgesprungen. In dem Haus habe einer der Männer sie geschlagen, gewürgt, ausgezogen, sich auf sie gelegt – und vergewaltigt. Das berichtete die Frau gestern im Landgericht Dresden.

Dort muss sich Asise S., ein 24-jähriger Marokkaner, seit vergangener Woche verantworten. Nur wenige Tage nach der Tat am 16. Januar hatte die 30-Jährige den Mann ausfindig gemacht. Sie fand ihn in einer Kneipe in der Neustadt. Dort wurde der Verdächtige festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Neben Vergewaltigung muss er sich auch wegen Diebstahls verantworten, weil er nach der Tat den Rucksack der Frau samt Handy, Dokumenten und Geld entwendet habe.

Gegenüber der Polizei hatte S. den Sex mit der Frau nicht bestritten. Das wäre auch schlecht möglich gewesen, die Polizei hatte seine DNA an Stellen sichergestellt, die praktisch keinen anderen Schluss zulassen. Allerdings hatte der Mann, der zuletzt in einem Wohnheim in der Neustadt gelebt hatte, behauptet, in dem Hausflur sei es zu einem einvernehmlichen Kontakt der Geschlechter gekommen. Die Wunden im Gesicht der Ingenieurin oder ihr geraubter Rucksack, der später bei S. gefunden wurde, und die Angaben der Frau sprechen jedoch für eine Gewalttat.

Verdacht gegen die Komplizen

Am ersten Prozesstag hatte S. berichtet, wie er als Kind mit 16 Geschwistern in Marokko aufgewachsen sei, später in Libyen war und von dort schließlich über das Mittelmeer nach Rom geflüchtet war, weil er verfolgt worden sei. Seit Herbst 2014 lebe er in Deutschland. Das meiste berichtete der Angeklagte in nichtöffentlicher Sitzung. Das Gericht hatte die Öffentlichkeit für seine Aussage ausgeschlossen.

Am zweiten Prozesstag wurde gestern die 30-jährige Nebenklägerin vom Gericht befragt. Sie berichtete, als sie vom Angeklagten vergewaltigt wurde, hätten die beiden Begleiter wohl Schmiere gestanden. Einer sei auch in den Hausflur gekommen – mit bereits geöffneter Hose. Er habe sie jedoch nicht auch noch angefasst. Die beiden mutmaßlichen Mittäter sind ebenfalls bekannt, weil die Zeugin sie auf Polizeifotos wiedererkannt habe.

Da S. unter schweren Beruhigungsmitteln steht, laut Gericht ist er depressiv und latent suizidgefährdet, droht der Prozess nun länger zu dauern als geplant. Verteidiger Alexander Hübner sagte, S. sei seit Monaten im Leipziger Haftkrankenhaus untergebracht. Gestern schlief S. nach einer Pause, in der er Medikamente geschluckt hatte, ein. Kurz: Er war nicht mehr verhandlungsfähig. Die Vernehmung der 30-jährigen Frau musste abgebrochen werden und wird am Mittwoch fortgesetzt.