Von Franz Herz
Eine Gerichtsverhandlung wegen Urkundenfälschung vor dem Jugendrichter am Amtsgericht Dippoldiswalde ist gestern ausgegangen wie das Hornberger Schießen. Pünktlich saßen Richter, Staatsanwalt, Pflichtverteidiger, Jugendgerichtshelferin und ein Dolmetscher für die Sprache Tigrinya im Verhandlungssaal. Tigrinya ist neben Arabisch die wichtigste Sprache in Eritrea. Von dort stammt der junge Angeklagte, der zurzeit im Asylbewerberheim in Schmiedeberg lebt. Er ist allerdings nicht zur Verhandlung gekommen.
Dolmetscher kommt aus Wiesbaden
Er soll vergangenes Jahr auf seinem Weg von Eritrea nach Deutschland in Italien einen gefälschten Fremdenpass gekauft haben, der auch auf einen anderen Namen lautete. Danach ist er mit dem Flugzeug nach München geflogen und hat das gefälschte Papier dort auch vorgezeigt. Damit hat er ein Verfahren wegen Urkundenfälschung ausgelöst. Das hat dann einen weiten Weg zurückgelegt. Die Staatsanwaltschaft im bayerischen Landshut hat es eröffnet, bis es schließlich in Dippoldiswalde landete, weil der Mann inzwischen hier wohnt. Wegen der Urkundenfälschung hatte das Gericht ihm per Strafbefehl eine Geldstrafe aufgebrummt. Doch dagegen ist er in Widerspruch gegangen. Das ging aus Erläuterungen von Richter und Staatsanwalt hervor. Ohne Angeklagten konnte der Richter nicht verhandeln. Einen neuen Termin ansetzen, wäre eine Lösung gewesen. Den Aufwand wollte der Richter aber auch nicht betreiben. Immerhin ist der Dolmetscher aus Wiesbaden angereist, weil das Gericht in Sachsen keinen für die seltene Sprache Tigrinya gefunden hat.
Verfahren wird wahrscheinlich eingestellt
Das Verfahren wird auf schriftlichem Weg weitergeführt. Der Richter deutete an, dass er sich eine Einstellung des Verfahrens gegen 20 bis 30 Arbeitsstunden vorstellen kann. Der Angeklagte hat sich bisher nichts zuschulden kommen lassen. Er besucht einen Deutschkurs am Berufsschulzentrum in Freital und ist dabei, sich zu integrieren, wie die Jugendgerichtshelferin berichtete. Sie hat ihn in der Schule besucht. In Eritrea würde ihm Gefängnis drohen, weil er nicht zur Armee gegangen ist.
Der Pflichtverteidiger hingegen verwies auf die Genfer Flüchtlingskonvention. Die schließt aus, dass Flüchtlinge wegen unrechtmäßiger Einreise oder Aufenthalts bestraft werden, wenn sie aus einem Gebiet kommen, in dem ihr Leben oder ihre Freiheit bedroht ist. Er stellte auch die Frage, ob der Angeklagte auf seiner Flucht das Unrecht seines Tuns erkennen konnte.
Das wurde nicht mehr geklärt. Der Richter deutete aber an, dass ein Papier mit einem falschen Namen durchaus als unrechtmäßig zu erkennen ist. Der Richter schloss die Verhandlung. Womöglich wird das Verfahren jetzt gegen Arbeitsstunden ganz eingestellt.