Döbeln
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Verheiratet mit dem Fußball

50 Jahre ist Manfred Otto Schiedsrichter. Außerdem war er Spieler und Trainer. Heute wird der Roßweiner 70 Jahre alt.

Von Dirk Westphal
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Pfeife sowie Gelbe und Rote Karte sind Andenken von Manfred Otto an die Zeit als Aktiver Schiedsrichter. Heute ist der 70-Jähriger noch als Beobachter tätig und will diese Funktion noch ein, zwei Jahre ausführen.
Pfeife sowie Gelbe und Rote Karte sind Andenken von Manfred Otto an die Zeit als Aktiver Schiedsrichter. Heute ist der 70-Jähriger noch als Beobachter tätig und will diese Funktion noch ein, zwei Jahre ausführen. © Dirk Westphal

Döbeln. Eine ganze Generation von Schiedsrichtern hat in den vergangenen Jahren die Pfeife an den Nagel gehängt. Namen wie Peter Gühne, Rainer Weber, Horst Lorenz oder Achim Grune sind den Fußballfans in Erinnerung geblieben. 

Manche in guter, andere eher nicht. Am heutigen Freitag überschreitet mit Manfred Otto vom Roßweiner SV ein weiterer Unparteiischer die Schwelle zur 70. Und auch wenn er in den vergangenen Jahren nur noch als Beobachter aktiv war, denken die Fußballer positiv an sein Auftreten auf dem Rasen zurück.

Darüber freut sich der heutige Jubilar natürlich. „Du hast nicht alles falsch gemacht“, sagt der gebürtige Hallenser. Selbst als viele Schiedsrichter in Ostrau immer wieder Probleme mit Trainer Gerhard Ballaman hatten, kam Otto dort zurecht. Wie überall. „Ich hab da vielleicht mal unterbrochen und gesagt: Gerhardt, das geht nicht“, sagt er schmunzelnd. 

Und der ehemalige Ostrauer Coach adelt den Referee: „Manfred war als Schiedsrichter in Ordnung. Der hatte nicht nur das nötige Fingerspitzengefühl, sondern mit ihm kam man aus.“ Und so freut sich Otto: „Auch wenn ich irgendwo jetzt als Beobachter hinkomme und dort von Leuten, die ich früher gepfiffen habe, ordentlich begrüßt werde, das ist schon etwas wert. Selten das jemand sagt: Das Rindvieh.“ Das würde zwar auch passieren, wäre nach 50 Jahren im Schiedsrichterwesen aber ganz normal. „Unter dem Strich ist doch mittlerweile alles vergessen“, sagt der 70-Jährige, der über seine fast fünf Jahrzehnte als aktiver Schiedsrichter lediglich 30 Rote Karten gezeigt hat. Alle anderthalb Jahre mal eine.

Die Schiedsrichterprüfung hat Manfred Otto 1969 in Halle nach einer eher weniger erfolgreichen Fußballkarriere abgelegt. Ein Jahr vorher machte der gelernte Rohrschlosser bereits den Trainerschein, übernahm eine Nachwuchsmannschaft und gründete 1970 eine Frauenmannschaft. „Die Frauenspiele musste man oft selber leiten“, sagt er und dass er von 1974 bis 1977 auch in der Bezirksklasse Halle gepfiffen hätte. 

Durch die Lehrertätigkeit seiner Frau Ute verschlug es ihn nach Roßwein. „Ich war eine Woche hier und habe mich beim Fußball angemeldet“, sagt Otto. Bis zu seiner zweiten Hüftoperation 2015 war er dann nicht nur als Schiedsrichter, sondern auch als Trainer verschiedener Teams aktiv, hauptsächlich im Nachwuchs. „Zur Hochzeit 1975 habe ich meiner Frau wortwörtlich gesagt, dass sie nicht nur mich heiratet, sondern auch den Fußball“, sagt Otto. Aber sie hätte viel Verständnis dafür gehabt, auch wenn es mit drei Kindern nicht immer einfach gewesen wäre, wenn Manfred am Wochenende zum Spiel fuhr.

Bis zu seinem 65. Geburtstag pfiff er aktiv, dann stoppten ihn die Ärzte. Ganz loslassen wollte Manfred Otto aber dennoch nicht. Fortan stellte er sich als Schiedsrichterbeobachter zur Verfügung, um sein Wissen an junge Unparteiische weiterzugeben. Das würde ihm viel Spaß bereiten. Bereits im Kreisfachausschuss Döbeln, in dem er Jahrzehnte mitarbeitete, war Otto Chef der Beobachter. Eine Funktion, die er auch noch zwei Jahre im Verband Muldental/Leipziger Land innehatte. Und auch weiterhin wird sich der Roßweiner als Schiedsrichterbeobachter zur Verfügung stellen, da mittlerweile die Altersgrenze von 70 Jahren keinen Bestand mehr hat. Er denkt, noch ein, zwei Jahre weiterzumachen. Auch wenn die Zeit knapp sei. 

So würden neben dem Fußball auch seine sechs Enkel und das Wochenendgrundstück in der Sächsischen Schweiz die Aufmerksamkeit des 70-Jährigen fordern, der beruflich zunächst als Meister in der Teppichfabrik verankert war und später zum Weinvertreter umsattelte. „Die Beobachterei ist vor allem im Herbst und Winter, da bekomme ich das zeitlich schon auf die Reihe“, sagt Otto und fügt an: „Selbst wenn ich manchmal wegen der Kälte schimpfe.“

Kritisch sieht der erfahrene Referee, der zweimal Schiedsrichter des Jahres war, übrigens den Videobeweis. „Das ist etwas, was kein Mensch braucht“, sagt er und fügt an: „Der geht doch gar nicht.“ So seien Fehler menschlich und gehörten als Tatsachenentscheidungen dazu. Rund 120 Jahre sei das so gegangen und nun plötzlich nicht mehr.

In Ostrau hätte er mal im Spiel gegen Hochweitzschen die Fahne wegen Abseits gehoben, doch im Gegenlicht hätte er einen Verteidiger nicht gesehen. Ein Zuschauer echauffierte sich darüber. Als Otto sah, dass er falsch lag, gab er das zu. Dafür gab es Schulterklopfen. „Alles in Ordnung“, meinte der Mann. „Man muss Fehler als Schiedsrichter auch zugeben können“, erklärt Manfred Otto, der irgendwann mal einen Spieler, ebenfalls in Ostrau, fragte, ob er das Tor mit der Hand erzielt hat. „Der gab es zu und ich pfiff Freistoß. So muss es doch sein“, sagt Manfred Otto, der bis auf einmal kein böses Wort von Fans oder Spielern gehört hat.

Und so denkt er gern an all die Jahre auf dem Platz zurück, wo er auch vier Kreispokalendspiele leitete. „Das war vor größerer Kulisse schon emotionaler als sonst“, sagt er. Und der Freitag wird das wohl ebenfalls, auch wenn Manfred Otto kein Feierbiest sei. Denn zahlreiche Gratulationen von ehemaligen Schiedsrichterkollegen und Sportfreunden werden den Jubilar heute ganz sicher erreichen.