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Verteidigung: Mordvorwurf nicht nachweisbar

Im Prozess um Entführung und Tod der 17-jährigen Anneli-Marie aus Klipphausen haben die Verteidiger ihre Plädoyers gehalten. Zuvor fielen sehr emotionale Worte des Vaters und der Schwester des Opfers.

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© Robert Michael

Von Thomas Schade

Dresden. Die Verteidigung im Prozess wegen Entführung und Tötung der 17-jährigen Anneli-Marie sieht keine Beweise für eine Verurteilung wegen Mordes. Die Anwälte von Markus B. plädierten am Freitag vor dem Dresdner Landgericht für zwölf Jahre Freiheitsstrafe wegen erpresserischen Menschenraubes mit Todesfolge. Für Norbert K. forderte Verteidiger Andrej Klein eine Verurteilung wegen Beihilfe - und nannte später vier Jahre und fünf Monate als Strafmaß. Das Urteil soll am 5. oder 6. September verkündet werden.

Angeklagte Norbert K. wird in den Gerichtssaal geführt.
Angeklagte Norbert K. wird in den Gerichtssaal geführt. © Robert Michael
In sehr emotionalen Erklärungen haben Annelis Vater (l.) und ihre Schwester (r.) die Auswirkungen des Verbrechens auf die Familie geschildert.
In sehr emotionalen Erklärungen haben Annelis Vater (l.) und ihre Schwester (r.) die Auswirkungen des Verbrechens auf die Familie geschildert. © Robert Michael
Die Staatsanwaltschaft fordert für Markus B. lebenslänglich und will zudem die besondere Schwere der Schuld festgestellt haben - auch, weil B. zu keinem Zeitpunkt einen Anflug von Reue erkennen ließ.
Die Staatsanwaltschaft fordert für Markus B. lebenslänglich und will zudem die besondere Schwere der Schuld festgestellt haben - auch, weil B. zu keinem Zeitpunkt einen Anflug von Reue erkennen ließ. © Robert Michael

Die verschuldeten Männer sind wegen erpresserischen Menschenraubes mit Todesfolge angeklagt, B. zudem wegen Mordes. Sie sollen die Unternehmer-Tochter am 13. August 2015 entführt und 1,2 Millionen Euro verlangt haben. Die Staatsanwaltschaft hatte am Mittwoch eine Verurteilung wegen Mordes zur Verdeckung einer anderen Straftat für B. und wegen Mordes durch Unterlassen für den Mitangeklagten K. beantragt.

Es gebe keinen Beweis dafür, dass B. die Gymnasiastin getötet habe, betonte sein Rechtsanwalt Rolf Franek. Die Anklage stütze sich nur auf die Aussage von K., der aber mehrere Stunden mit der Entführten allein war. Möglich sei daher, dass Anneli schon tot war, als B. am Mittag des 14. August zurückkam. Da laut Franek weder eine alleinige noch eine gemeinsame Täterschaft von B. oder K. belegbar ist, könne nach dem Grundsatz „im Zweifel zugunsten des Angeklagten“ keiner der Männer wegen Mordes verurteilt werden.

Auch Rechtsanwalt Andrej Klein sieht für keine der Behauptungen der Anklage gegen K. einen Beweis. Der Beschuldigte sei von der Entführung überrascht worden und dann davon ausgegangen, dass das Lösegeld gezahlt werde. Er bedauere die Tat furchtbar, sagte sein Mandant am Ende - weinerlich und kaum verständlich.

„Ausgeburten der Hölle“

Vor den Plädoyers der Verteidigung hatten der Vater des Mädchens, Uwe Riße, und ihre Schwester Annet vor Gericht das Wort ergriffen. Annet Riße sagte, dass der Tod ihrer Schwester tiefe Spuren hinterlassen habe, sie werde bis heute von Alpträumen heimgesucht. Die beiden Angeklagten hätten die Harmonie der Familie zerstört.

Vater Uwe Riße berichtet von Selbstzweifeln, die ihn bis heute plagten. Er frage sich immer wieder, ob er alles getan habe, um seine Tochter zu retten. Die Angeklagten griff er überaus scharf an: Sie seien „Ausgeburten der Hölle“. Vor Markus B. müsse die Gesellschaft für immer geschützt werden, sein Komplize Norbert K. habe sich nach Rißes Meinung „mit dem Teufel eingelassen“.

Die beiden beschuldigten Männer sind wegen erpresserischen Menschenraubes mit Todesfolge und - im Fall von Markus B. - wegen Mordes angeklagt. B. und Norbert K. sollen die Unternehmer-Tochter am 13. August 2015 entführt haben, um von ihrem Vater 1,2 Millionen Euro zu erpressen. An das Geld allerdings kamen die beiden verschuldeten Männer nicht.

Die Staatsanwaltschaft forderte bei B. eine Verurteilung im Sinne der Anklage und eine lebenslange Freiheitsstrafe, weil der 40-Jährige Anneli-Marie am Tag nach der Entführung aus Angst vor Entdeckung rücksichtslos und brutal erdrosselt habe. Bei K. plädierte sie auf Mord durch Unterlassen, weil er die Jugendliche mehrfach hätte retten können, es aus Angst vor den Konsequenzen der Entführung für sich jedoch nicht getan habe. Da der 62-Jährige aber bei der Aufklärung half und im Gegensatz zu B. nicht vorbestraft ist, soll er zu 15 Jahren Haft verurteilt werden. (szo/dpa)