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Verzicht auf Wolfsabschuss

Umweltschützer hatten juristische Bedenken angemeldet. Die Verantwortlichen vom Landratsamt Bautzen nehmen jetzt den Finger vom Abzug.

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© Uwe Soeder

Von Sebastian Kositz

Vor zwei Wochen hatte das Umweltministerium den Abschuss eines Wolfs genehmigt, sogar einen Jäger hatte die zuständige Kreisverwaltung in Bautzen inzwischen beauftragt. Jetzt steht fest: Die Flinte darf wieder weggepackt werden. Bereits vor einigen Tagen hatte die Verwaltung eine zumindest vorübergehende Aussetzung des Vollzugs angekündigt, nachdem die Grüne Liga Widerspruch eingelegt hatte. Angesichts der rechtlichen Unwägbarkeiten geht der Landkreis inzwischen sogar noch einen Schritt weiter – und nimmt faktisch gänzlich Abstand vom Abschuss.

Nach dem erneuten Riss von mehreren Schafen in Laske bei Ralbitz Mitte Oktober hatte das Umweltministerium in Dresden dem seit Monaten währenden Drängen der Kreisverwaltung endlich nachgegeben und unter strengen Auflagen die Entnahme eines Wolfs aus dem Rosenthaler Rudel erlaubt. Umwelt- und Naturverbände sowie Wolfsbefürworter gingen prompt auf die Barrikaden. Die Grüne Liga und der Wolfsschutz Deutschland legten schließlich Widerspruch ein, verknüpften den mit einem Eilantrag beim Verwaltungsgericht.

Warten auf richterliche Entscheidung

Die rechtlichen Schritte blieben nicht ohne Wirkung. Das Landratsamt verzichtete zunächst für die Zeit, in der der Widerspruch geprüft wird, auf einen möglichen Abschuss. Doch offenbar sind die Bedenken in der Verwaltung noch größer. Inzwischen will der Kreis auch die vier Wochen, die nach einem Bescheid des Widerspruchs als Frist eingeräumt werden, sowie bei einer möglichen Klage gegen den Bescheid, keinen Gebrauch von der vom Umweltministerium erteilten Erlaubnis machen. Dieses gilt ohnehin nur bis Ende des Monats.

Die Kreisverwaltung möchte abwarten, bis in der Frage eine endgültige richterliche Entscheidung getroffen ist. Und das aus gutem Grund. „Solange die Angelegenheit nicht juristisch geklärt ist, besteht immer die Gefahr, dass der Jäger bei dem Abschuss des Wolfs eine Straftat begeht“, erklärt Gernot Schweitzer, Sprecher im Bautzener Landratsamt. Die Kreisverwaltung selbst ist übrigens zuständig, den Widerspruch der Umweltschützer zu prüfen. Entweder, die Mitarbeiter der Behörde erkennen dabei selber rechtliche Bedenken gegen das von ihr eingeforderte Vorgehen – oder fegen per Bescheid den Widerspruch erst einmal vom Tisch. Für diesen Fall, das kündigt Brigitte Sommer, Sprecherin vom Wolfsschutz Deutschland an, würden die Naturschützer allerdings definitiv klagen.

Angesichts der Ankündigung des Landratsamtes, bis zu einer endgültigen rechtlichen Klärung die Finger vom Abzug zu lassen, ist ein Abschuss damit auf absehbare Zeit ausgeschlossen. Sollte es zu einer Klage kommen, würde es Monate, wenn nicht sogar Jahre dauern, bis ein Urteil vorliegt. „Für uns ist das ein wichtiges Etappenziel“, erklärt Tobias Mehnert von der Grünen Liga. Der Rechtsanwalt der Umweltschützer, Andreas Lukas, will nun am eigentlichen Ziel arbeiten. „Wir kritisieren beispielsweise, dass bei der Prüfung von Alternativen zum Abschuss keine Herdenschutzhunde in Betracht gezogen wurden, was aus unserer Sicht artenschutzrechtlich zwingend erforderlich gewesen wäre“, so der Jurist.

Herdenschutzhunde seien die beste Lösung

Die Wolfsbefürworter sehen in der erteilten Abschussgenehmigung einen Verstoß gegen die Regeln des europäischen Artenschutzes. „An die Vergrämung ist gar nicht gedacht worden“, sagt Brigitte Sommer. Zudem sei nirgendwo wissenschaftlich bewiesen, dass der in der Erlaubnis angedachte Abschuss eines Wolfs während einer Attacke auf die Schafe eine abschreckende Wirkung auf die gesamte Herde habe. Brigitte Sommer verweist indes auf die Vergrämung durch Gummigeschosse, die sich als Alternativen bewährt hätten.

Auch der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) deutet die Entscheidung des Landratsamtes als positive Wendung. „Das gerichtliche Verfahren darf jedoch nicht zu Tatenlosigkeit in dem Wolfsrevier führen“, sagt Nabu-Wolfsexperte Markus Bathen. Erfahrungen aus über eineinhalb Jahrzehnten hätten gezeigt, dass Herdenschutzhunde die beste Lösung sind, um Übergriffe zu verhindern. Für den Nabu stehe es an erster Stelle, dass Herdenschutzmaßnahmen professionell und gemäß des Wolfs-Managementplans angewandt werden.