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Nato zieht Truppen aus Irak ab

Dem Militärbündnis wird es in Teilen des Krisenlandes zu gefährlich. Auch Deutschland versetzt Truppen ins Ausland. Die Lage im Überblick.

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© Michael Kappeler/dpa

Der internationale Konflikt nach der Tötung von Irans Top-General Soleimani durch die USA hat Auswirkungen auf die Bundeswehr: Sie zieht ihre Soldaten aus den Standorten Bagdad und Tadschi im Irak vorerst ab. Aus den USA kommt überraschend eine andere Ansage.  

Bei einer Massenpanik während des Trauerzugs für den iranischen General Ghassem Soleimani in der Stadt Kerman sind am Dienstag mindestens 56 Menschen ums Leben gekommen, mehr als 200 Menschen wurden verletzt. Die Lage im Überblick:

  • Bundeswehr und Nato versetzen Truppen - US-Regierung dementiert Abzugspläne
  • Mindestens 56 Tote bei Massenpanik bei Soleimani-Trauerzug
  • Irans Außenminister darf nicht zum UN-Sicherheitsrat in New York
  • USA warnen vor möglichen iranischen Aktionen gegen Handelsschiffe
  • Pentagon distanziert sich von Trumps Drohungen
  • Soleimanis Tod eint den Iran
  • Auswärtiges Amt rät von Iranreisen ab

Nach der Bundeswehr hat wegen der Spannungen im Nahen Osten nun auch die Nato einen Teil ihrer Soldaten aus dem Irak abgezogen. Das bestätigte ein Sprecher des Militärbündnisses am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Die Nato habe sich zum Schutz der Soldaten entschlossen, einen Teil des Personals an andere Orte im Irak oder außerhalb des Landes, sagte der Sprecher. Man sei bereit, die Ausbildungsmission wieder aufzunehmen, wenn es die Lage vor Ort zulasse. Zuvor hatte der "Spiegel" darüber berichtet.

Angesichts der aktuellen Lage in der Region hatte die Nato bereits am Wochenende entschieden, die tägliche Ausbildungsarbeit zunächst auszusetzen. Die Mission laufe aber grundsätzlich weiter, hatte ein Sprecher betont.

Nachdem die USA in der Nacht zum Freitag den iranischen Top-General Ghassem Soleimani getötet hatten, hatten die Spannungen zwischen Teheran und Washington stark zugenommen. Am Sonntag stimmte das Parlament im Irak dann für eine Resolution, nach der die Regierung den Abzug aller ausländischen Truppen im Land einleiten soll, die Teil des US-geführten Bündnisses zum Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sind. Die Bundeswehr zog ihre im Zentralirak eingesetzten Soldaten bereits ab. Sie wurden nach Jordanien und Kuwait geflogen.

© Grafik: A. Brühl, Redaktion: D. Loesche

Auch ein Teil des kroatischen Kontingents der Nato-Mission wurde von Bagdad nach Kuwait verlegt, wie das Verteidigungsministerium in Zagreb mitteilte. Dies betreffe 14 Soldaten. 7 weitere hätten ihre Mission abgeschlossen und seien zurück in die Heimat geflogen worden.

Der aktuelle Irak-Einsatz der Nato läuft seit Oktober 2018. Er soll die irakischen Streitkräfte in die Lage versetzen, ein Wiedererstarken der Terrormiliz IS zu verhindern. Dazu schulen mehrere hundert Ausbilder irakische Militärausbilder und helfen beim Aufbau von Militärschulen. Als Ausbildungsort wurde neben der Hauptstadt-Region Bagdad unter anderem der Militärkomplex in Tadschi ausgewählt. Die Bundeswehr ist an dem Nato-Einsatz nicht beteiligt.

© Michael Kappeler/dpa POOL/dpa (Archiv)

In der Debatte um den Verbleib der Bundeswehr im Irak hat der CDU-Politiker Johann Wadephul unterdessen versichert, dass der Einsatz keineswegs beendet sei. "Die meisten deutschen Soldaten bleiben im Irak", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion am Dienstag im "Inforadio" des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb). Obwohl ein Teil der Truppe aus Sicherheitsgründen nach Jordanien verlegt werde, sei entscheidend, "dass der ganz große Teil des Kontingents in Erbil, also im Irak bleibt", erklärte er weiter.

Wadephul kritisierte die US-Regierung für ihr Vorgehen gegen den iranischen General Ghassem Soleimani: "Dieser Anschlag hat nicht für mehr Sicherheit, sondern für mehr Unsicherheit gesorgt. (...) Er gefährdet auch Europa und das zeigt für die Zukunft, dass wir uns sicherheitspolitisch von den Vereinigten Staaten unabhängiger machen müssen", sagte Wadephul. 

Die Bundeswehr unterstützt den Kampf gegen den IS mit Tornado-Aufklärungsjets und Tankflugzeugen sowie mit Militärausbildern im Irak. Die Flüge über dem Irak und Syrien finden nach wie vor statt.

Massenpanik mit Toten bei Soleimanis Beerdigung

Bei einer Massenpanik während des Trauerzugs für den iranischen General Ghassem Soleimani in der Stadt Kerman im Südosten des Landes sind mindestens 56 Menschen ums Leben gekommen. Das berichtete das Staatsfernsehen am Dienstag unter Berufung auf die örtlichen Behörden. Außerdem wurden Dutzende Menschen verletzt.

Soleimani war in der Nacht zum Freitag in der irakischen Hauptstadt Bagdad bei einem US-Angriff getötet worden und sollte am Dienstag beigesetzt werden. Wegen der riesigen Menschenmenge musste die Beisetzung Suleimanis verschoben werden. Es bestehe keine Möglichkeit die Leiche zum Friedhof zu transportieren, hieß es zur Begründung.

In Kerman hatten sich nach Medienangaben Hunderttausende Menschen versammelt, um den Trauerzug durch den Geburtsort Soleimanis zu begleiten. Der Marsch führte am Dienstag durch das Zentrum der Stadt im Südosten des Landes zum Märtyrer-Friedhof. Die Zeremonie wurde erneut auf fast alle Fernsehkanälen live übertragen.

Anwesend am Trauerzug war auch der Kommandeur der iranischen Revolutionsgarden (IRGC), Hussein Salami. "Wir werden Rache nehmen und die wird konsequent und hart sein, so dass die Amerikaner ihre Tat bitter bereuen", sagte Salami. Die Masse erwiderte den Aufruf mit "Rache, Räche"- und "Allahu Akbar"-Rufen ("Gott ist der Größte").

Wegen des erwarteten Massenandrangs war der Dienstag in Kerman zum örtlichen Feiertag erklärt worden - wie zuvor schon der Montag in der Hauptstadt Teheran. Damit wollte die Regierung möglichst vielen Menschen die Möglichkeit geben, sich von dem als Märtyrer verehrten General zu verabschieden.

Vor der Beisetzung des bei einem US-Raketenangriff getöteten iranischen Generals Soleimani haben Medienangaben zufolge Hunderttausende Menschen den Trauerzug durch seinen Geburtsort Kerman begleitet.
Vor der Beisetzung des bei einem US-Raketenangriff getöteten iranischen Generals Soleimani haben Medienangaben zufolge Hunderttausende Menschen den Trauerzug durch seinen Geburtsort Kerman begleitet. © Erfan Kouchari/Tasnim News Agency/AP/dpa

Zuvor hatte es in mehreren iranischen Städten große Trauerzüge gegeben. Allein in Teheran nahmen am Montag nach Medienberichten Millionen Menschen Abschied von Soleimani. Zuvor hatten Hunderttausende an Trauerzeremonien in Ahwas, Maschad und Ghom teilgenommen. Die Bilder der von unzähligen Menschen gesäumten Straßen gingen um die Welt.

USA verweigern Visum für Reise zu UN

Unterdessen haben die USA dem iranischen Außenminister Mohammed Dschawad Sarif nach dessen Angaben das Visum für eine Reise zu den Vereinten Nationen verweigert. "Der amerikanische Außenminister hat den UN angeblich mitgeteilt, dass sie keine Zeit hatten, für Sarif ein Visum auszustellen", sagte der iranische Chefdiplomat am Dienstag der Nachrichtenagentur Isna. 

Dem Außenminister eines UN-Mitgliedstaates das Visum zu verweigern, sei ein Zeichen für den "politischen Bankrott" der derzeitigen US-Regierung, fügte er hinzu. Sarif war vom vietnamesischen Außenminister zu einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats am Donnerstag in New York eingeladen worden.