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Vogel nistet bei Esso im Nachtschalter

Der Feldsperling ist völlig unerschrocken. Die vielen Kunden an der Döbelner Tankstelle vor seinem Schnabel stören ihn nicht.

Von Jens Hoyer
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Anke Naumann zeigt an der Esso-Tankstelle auf den kleinen Schlitz unter dem Spätschalter, hinter dem sich der Vogel zum Brüten eingerichtet hat.
Anke Naumann zeigt an der Esso-Tankstelle auf den kleinen Schlitz unter dem Spätschalter, hinter dem sich der Vogel zum Brüten eingerichtet hat. © Jens Hoyer

Döbeln. Ein kleiner Vogel hat sich an der Esso-Tankstelle an der Leipziger Straße in Döbeln einen ungewöhnlichen Ort zum Brüten ausgesucht. In einem Hohlraum unter dem Spätschalter hat er sich ganz versteckt in einer Ecke ein Nest aus Halmen, Moos und Fasern gebaut. Durch einen Schlitz in der Verkleidung fliegt er ein und aus. Und er lässt sich beim Brutgeschäft auch nicht stören, obwohl ständig Kunden an den Nachschalter kommen. 

Direkt über dem kleinen Vogel quäkt der ziemlich laute Lautsprecher der Gegensprechanlage, über den sich die Mitarbeiterinnen mit den Kunden unterhalten. Ein Schieber fährt herein und heraus. Nicht nur nachts ist der Schalter in Betrieb, sondern auch am Tag. „Dort bezahlen die Kunden, die keinen Mund-Nase-Schutz dabeihaben“, sagte Anke Naumann, die stellvertretende Stationsleiterin.

Als der Vogel vor zwei oder drei Wochen angefangen hatte, sein Nest zu bauen, sei der Mund-Nase-Schutz gerade erst eingeführt worden. Damals hätten sogar noch mehr Kunden den Spätschalter benutzt. „Es stört den Vogel gar nicht, dass die Leute davorstehen“, sagte Anke Naumann. Über das Mikrofon der Wechselsprechanlage sei sogar das Piepsen des Vogels zu hören. Anke Naumann glaubt, dass es eine Blaumeise sein könnte, die sich dort wohnlich eingerichtet hat.

Durch den Schlitz unter dem Spätschalter der Esso-Tankstelle ist der Vogel kaum zu erkennen, geschweige denn, zu fotografieren.
Durch den Schlitz unter dem Spätschalter der Esso-Tankstelle ist der Vogel kaum zu erkennen, geschweige denn, zu fotografieren. © Jens Hoyer

Sächsische.de hat ein Foto des Vogels dem Döbelner Naturschutzbeauftragten Siegfried Reimer gezeigt. Er tippt eher auf einen Feldsperling. Darauf deute auch das Nest hin. „Das sieht beim Sperling immer ein bisschen wild aus“, sagte er. „Sperlinge sind Allerweltskünstler im Brüten. Denen genügt schon eine kleine Ecke an einem Träger oder irgendeine Spalte.“

Das völlig furchtlose Verhalten des kleinen Vogels verwundert den Experten nicht. Der Trieb zum Brüten sei bei Vögeln sehr stark. Und der zum Wegfliegen schwach. „Das ist Tierpsychologie. Solange die Vögel nicht die Augen des Beobachters sehen, verhalten sie sich teilnahmslos.“

Reimer hatte vor vielen Jahren einmal in einem Waldgebiet bei Westewitz die Anwesenheit von Höhlenbrütern in Nistkästen untersucht. Die Vögel seien beim Öffnen sitzengeblieben. „Nur der Siebenschläfer hat gefaucht und ist verschwunden“, erzählte Reimer.

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