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VW steckt Millionen in Dresdner Werk

Es geht weiter in der Gläsernen Manufaktur. Der Autokonzern hat sein neues Konzept für ein „Zentrum für die Mobilität der Zukunft“ vorgestellt.

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© Thomas Kretschel

Von Nora Miethke

Dresden, bislang für Kunst und Kultur bekannt, will weg vom Barock-Image. Die Landeshauptstadt soll als Stadt der Zukunft und der Innovationen wahrgenommen werden. Was passt da besser, als eine Modellstadt für die Mobilität von morgen zu werden. In Volkswagen hat die Stadtverwaltung nun den Partner gefunden, mit der sich diese Vision realisieren lässt.

Am Mittwoch unterzeichneten Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und VW-Sachsen-Chef Siegfried Fiebig eine Grundsatzvereinbarung für eine umfangreiche Zusammenarbeit bei Elektromobilität, Digitalisierung und innovativem Fuhrpark-Management. Nach Berlin, Hamburg und München ist Dresden die vierte Großstadt in Deutschland, die Europas größter Autobauer zu einem „Zentrum für die Mobilität der Zukunft“ ausbauen will. Das lässt sich VW in den kommenden fünf Jahren einen „hohen zweistelligen Millionenbetrag“ an Euros kosten. Fiebig wertete diese Entscheidung als „klares Bekenntnis zum sächsischen Standort“. Der Stopp der Phaeton-Produktion im vergangenen März stecke den VW-Mitarbeitern wie den Partnern in der Stadt noch in den Knochen. „Doch wir haben den Kopf nicht in den Sand gesteckt, es geht weiter in der Gläsernen Manufaktur“, so der VW-Manager.

Und das nicht nur mit der Fertigung eines Modells. Ab April 2017 will VW mit der Produktion von E-Autos in einer Schicht wieder starten.

Neu ist dagegen die Dimension, in Dresden auch Forschung und Entwicklung zu etablieren. Anfang kommenden Jahres beginnt Volkswagen damit, auf dem Gelände der Gläsernen Manufaktur ein gemeinsames Labor mit regionalen Forschungsinstituten und der TU Dresden zu errichten. Der Konzern wird ein eigenes Forscherteam von zehn bis zwölf Spezialisten aufstellen. Die einzelnen Projekte sind noch nicht abgestimmt. Ein Beispiel für geplante Pilotvorhaben ist die Erprobung neuartiger Fahrassistenzsysteme bei der Volkswagen Cargo Tram. Sie könnte eines Tages selbstfahrend die Bauteile durch die Stadt zur Fabrik transportieren.

Noch gelten Elektroautos als Ladenhüter. In Dresden sind derzeit 200 rein elektrisch fahrende Autos zugelassen. Zählt man die Hybridfahrzeuge dazu, kommt man auf 1 500 Autos. In zehn Jahren will die Stadt es auf 25 000 zugelassene Stromer bringen. Dazu wird kräftig in die Infrastruktur investiert, 250 Lade- und Schnellladestationen sind bis 2025 vorgesehen. Die Stadtverwaltung sei im Gespräch mit Unternehmen und der Wohnungswirtschaft, um die Ladeinfrastruktur praxistauglich aufzubauen, betonte Hilbert.

Und die Stadt geht mit gutem Beispiel voran: Schrittweise wird der gesamte kommunale Fuhrpark einschließlich der Fahrzeuge städtischer Unternehmen elektrisch umgerüstet werden. Die Autos sollen nach Dienstschluss zudem privat genutzt oder über Carsharing verliehen werden können. „Wir müssen nicht zwingend die Autos besitzen, sondern wollen schnell über Software auf sie zugreifen können“, schildert der Oberbürgermeister, was er unter innovativem Fuhrparkmanagement versteht.

Mit Uma Dresden-Stau umfahren

Doch wer stellt die E-Flitzer für die Fahrten der Stadtbediensteten zur Verfügung? Nur VW, oder können auch BMW, Daimler oder Toyota Elektroautos zum Rathaus schicken? Das bleibt offen. In der Vereinbarung heißt es nur: „Mittelfristig plant die Landeshauptstadt Dresden, statt auf einen eigenen Fuhrpark auf Mobilitätsdienstleistungen eines Dritten zurückzugreifen.“

Und wie werden die Fahrten abgerechnet, die Kosten für Strom und Parken aufgeteilt? Dafür müssen noch Geschäftsmodelle entwickelt werden, genauso wie die Software, mit deren Hilfe Autos künftig allein die nächste freie Parkbucht finden können. Volkswagen hat zehn Themenfelder identifiziert, für die der Konzern Technologien und Geschäftsmodelle braucht, um sich vom klassischen Autobauer zum Mobilitätsdienstleister zu wandeln. Ziel ist es, ein oder zwei dieser Themenfelder nach Dresden zu holen und sie von Start-ups in einem sogenannten Business Incubator, also einem Gründerzentrum, entwickeln zu lassen. Sobald feststeht, welche Themen das sind, sollen die Aufträge ausgeschrieben werden. Die Details, wie der Incubator ausgestattet sein wird, ob sich VW an den Firmen beteiligt und nach welchen Kriterien die Auswahl der Firmen erfolgt, werden noch im November zwischen den Partnern abgestimmt. Die Stadt Dresden erhofft sich so, Gründungen anzukurbeln und Firmen in das neu entstehende Ökosystem rund um Mobilität zu locken.

Einen Vorgeschmack darauf gibt die Verkehrsapp „UMA“, die VW Sachsen für die Stadt Dresden entwickelt hat. Sie soll Anfang 2017 verfügbar sein und das schnelle Umfahren von Staus ermöglichen wie auch freie Parkplätze anzeigen oder die nächste E-Ladesäule. Bis dahin wird dann auch „die größte Solartankstelle Europas“ fertig sein, die VW und die Stadt derzeit auf dem Gelände der Gläsernen Manufaktur bauen. Sie sollte schon fertig sein, doch es gibt Statikprobleme beim geplanten Car-Port, dem Dach über der Ladestation. Das wird nicht die einzige Hürde auf dem Weg zur Modellstadt bleiben. „Deshalb ist es wichtig, dass wir nun untergehakt gehen“, so VW-Sachsen-Chef Fiebig.