Von Jürgen Müller
Diera/Prausitz. Fühlt sich die Kuh wohl, hat auch der Milchbauer etwas davon. Denn nur Kühe, denen es rundum gut geht, geben viel Milch. Im Milch-Center Dorfheimat Prausitz und im Milchhof Diera weiß man das natürlich. Und tut einiges, damit es den Milchkühen gut geht. Millionen Euro wurden in beiden Betrieben in den vergangenen Jahren investiert, um neue, moderne, luftige Ställe zu bauen. Und beide wurden jetzt vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie für ihre Tierhaltung ausgezeichnet. Eine goldene Stalltafel für tiergerechte und umweltfreundliche Haltung ziert jetzt die Ställe. Doch für Therese Gierschner-Wallrabe, die Geschäftsführerin des Milch-Centers Prausitz, ist tiergerechte Haltung auch ohne Wettbewerb und goldene Tafeln eine Selbstverständlichkeit. „Wir wirtschaften immer so, dass sich die Tiere wohlfühlen. Das liegt doch auch in unserem eigenen Interesse“, sagt sie.
Doch die Sache hat einen Haken. „Es kostet Geld, das wir derzeit nicht verdienen. Das ist eine schizophrene Situation“, sagt sie. Rund 15 Millionen Liter Milch verlassen im Jahr das Gelände des Milch-Centers. Derzeit ist es ein Minusgeschäft. So zwischen 50 000 und 80 000 Euro minus fahren die Prausitzer jeden Monat ein. Dennoch müsse investiert werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. So entstehen zwei weitere neue Ställe für 400 Milchkühe. Die sind derzeit noch in 35 Jahren alten Ställen untergebracht. Diese entsprechen nicht mehr den heutigen Anforderungen. Künftig ziehen sie in „Fünf-Sterne-Ställe“, wie Therese Gierschner-Wallrabe sagt. Keine Kuh soll mehr auf Gummimatten liegen, jede soll ihren eigenen Fressplatz und Auslauf haben.
In den Ställen gibt es auch ein automatisches Belüftungs- und Kühlungssystem. Mitte nächsten Jahres sollen die Ställe fertig sein. Kostenpunkt mit allen Nebenanlagen wie Güllebehälter: rund 3,5 Millionen Euro. „Wir können nur investieren, weil es derzeit sehr günstig Kredite und auch Fördermittel gibt. Auf der anderen Seite konnten wir schon seit drei Jahren unseren Mitarbeitern keine Lohnerhöhung mehr zahlen“, macht die Geschäftsführerin die Kehrseite der Medaille deutlich.
Dazu kommt, dass Massentierhaltung wie in Prausitz und Diera massiv in der Kritik steht. „Gerade gegenwärtig, wo in der Gesellschaft kontrovers über die Tierhaltung diskutiert wird und die Landwirte extrem wenig für ihre Produkte bekommen, ist es das Anliegen, am Beispiel der Wettbewerbsteilnehmer über die tatsächliche Situation auf den Höfen zu informieren. Insbesondere soll gezeigt werden, dass eine artgerechte Tierhaltung Investitionen erfordert, die sich über die Preise amortisieren müssen“, sagt Norbert Eichkorn, der Präsident des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie.
Er ist davon überzeugt, dass Wettbewerbsteilnehmer wie das Milch-Center Dorfheimat Prausitz und der Milchhof Diera beispielhaft deutlich machen, welche gewaltigen Anstrengungen die Milchviehhalter in den letzten Jahren zur Verbesserung der Haltungsbedingungen für die Milchkühe unternommen haben. „Mit dem derzeitigen Milchpreis werden die Mühen der Landwirte und der Aufwand, der in eine gute Tierhaltung gesteckt werden muss, in keiner Weise honoriert“, so der Präsident. „Eine Verbesserung der Haltungsbedingungen ist für die Betriebe jedoch mit hohem finanziellen Aufwand und Risiko verbunden, was dauerhaft nur bei auskömmlichen Preisen tragbar ist“, so Norbert Eichkorn.
Einer, der den Betrieb seit über 30 Jahren kennt, ist Gerold Blunk vom Sächsischen Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, und das nicht nur, weil er in der Gemeinde Hirschstein wohnt. „Was hier entstand, ist das Ergebnis tagtäglicher und jahrzehntelanger, engagierter Arbeit der Mitarbeiter“, sagt er. Gerade in Zeiten, in denen es viele Diskussionen um Großanlagen gebe, solle den Leuten gezeigt werden, dass etwas Sinnvolles entstehe.
„Egal, ob ein Betrieb groß oder klein ist, das Entscheidende ist doch, dass es wie in Prausitz und Diera Leute gibt, die ihre Arbeit sehr gut machen. Den 98 Prozent der Bevölkerung, die nichts mit Landwirtschaft am Hut haben, soll gezeigt werden, was die Landwirte leisten, dass sie Investitionen tätigten, die dem Tierwohl dienen und in die Zukunft gerichtet sind“, so Matthias Itzerott vom Genossenschaftsverband.
Verhalten optimistisch ist Marko Schlunke, geschäftsführender Gesellschafter des Milchhofes Diera. Auch dieser Betrieb bekam eine goldene Stalltafel. Höhere Milchpreise sind mit der Auszeichnung nicht verbunden. „Das ist eine ideelle Sache. Wir müssen uns mit unseren modernen Ställen, die wir 2013 gebaut haben, nicht verstecken“, sagt er.
Freilich hätten die Investitionen in den vergangenen Jahren und der stetig fallende Milchpreis ein Riesenloch hinterlassen. Doch Marko Schlunke ist vorsichtig optimistisch, dass sich das bald ändert: „Wir haben derzeit leicht steigende Milchpreise, wenn auch auf niedrigem Niveau“, sagt er.
Am Wettbewerb hatten 18 Milchviehbetriebe in den drei Kategorien „neu gebaute Ställe“, „Ökobetriebe“ und „bestehende oder modernisierte Ställe“ teilgenommen.