Von Britta Veltzke
Riesa. Von einer Sekunde auf die andere wirkt die Lehrerin so betrunken, als habe sie in kürzester Zeit mindestens drei große Gläser Bier geleert. Sie versucht, der Linie auf dem Boden zu folgen, hebt den rechten Fuß selbstsicher – und tritt genau daneben. Beim nächsten Schritt ist sie schon unsicherer, irrt unbeholfen über den Teppich. Dann zieht sie sich die Brille, die an eine Skibrille erinnert, wieder ab und ist mit einem mal nüchtern. „Aufs Fahrrad würde ich damit sicher nicht steigen“, sagt sie baff. Die „Rauschbrille“ simuliert einen Promillewert von etwa 1,3 bis 1,5. Den Riesaer Schülern sollte diese Station im „Klarsicht-Parcours“ deutlich machen, was Alkohol mit den Sinnen anstellen kann.
In ganz Deutschland ist die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit ihrer Aktion unterwegs. Auch in der Stadthalle Stern hat das Team haltgemacht – ganz zur Freude von Suchtberater Andreas Görlitz von der Diakonie Riesa-Großenhain. „Das ist eine willkommene medienwirksame Aktivität für das Thema Suchtgefahren“, sagt er. Aber: „Es braucht eine Nachbearbeitung in der Schule.“ Ginge es nach ihm, würden die Schulen im Landkreis kontinuierlich an dem Thema Sucht arbeiten. „Elemente aus dem Parcours sollten ganz regulär in den Unterricht eingebaut werden. Leider fehlen dafür die Ressourcen.“
Um Jugendliche bestmöglich vor Sucht nach Alkohol, Zigaretten, Crystal oder auch Computerspielen zu bewahren, komme es vor allem darauf an, das Selbstbewusstsein der Schüler zu stärken. „Wir merken in der Beratung oft, dass Jugendliche in der Clique Drogen ausprobieren. Sie bleiben darauf hängen. Dieser Missbrauch führt dann im schlimmsten Falle zur Abhängigkeit“, so Görlitz.
Hätten Sie's gewusst?
In die Suchtberatung kämen betroffene Schüler oder deren Eltern in der Regel erst, wenn es schon zu spät ist – besonders, was legale Drogen angeht. „Anders als bei illegalen Drogen denken sich Eltern bei Alkohol und Zigaretten, dass sie sich damit selbst auskennen. In die Beratung kommen sie erst, wenn das Kind meist schon in den Brunnen gefallen ist.“