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Vom Architekturbüro hinter den Ladentisch

Andrea Netzker verkauft gebrauchte Babysachen und hat dabei klare Prinzipien.

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© Sven Ellger

Von Sophie Arlet

Größer könnte der Unterschied nicht sein. Früher saß Andrea Netzker bei ihrer Arbeit in einem Architekturbüro vor dem Computer und fertigte technische Zeichnungen an. Heute begrüßt sie täglich Kinder und deren Eltern in ihrem Geschäft und berät sie bei der Kleiderwahl. Denn mittlerweile verkauft die gelernte Bautechnikerin gebrauchte Baby- und Kindersachen in Striesen – und das mit Erfolg. Jetzt feiert ihr Geschäft „Der kleine Sonnenkäfer“ sein 15. Jubiläum.

Als Netzker sicher war, dass die einsame Arbeit hinter dem Computer nicht das Richtige für sie ist, war ihr Sohn gerade zwei Jahre alt und sie war Kundin in eben dem Second-Hand-Laden, der nun ihr gehört. „Das machst du auch“, entschied sie schließlich und fragte die damalige Inhaberin um Rat. Die bot ihr kurzerhand den Laden an, der sich zu dieser Zeit noch auf der Augsburger Straße befand.

Damals gab es für Existenzgründer eine dreijährige Förderung und so wagte Netzker den Sprung in die Selbstständigkeit. Im Laufe der Jahre hat sie sich klare Prinzipien angeeignet. Fleckige und beschädigte Kleidung nimmt sie nicht an. „Ich bin ziemlich pingelig“, sagt die 46-Jährige. Und auch beim Design hat sie eindeutige Regeln. Star Wars oder Batman auf einem Pullover für Vierjährige findet man in ihrem Laden nicht. 2016 musste der Sonnenkäfer umziehen, die Miete war zu teuer geworden. „Da hatte ich Existenzängste“, erinnert sich Netzker. Mittlerweile hat sie sich auf der Wittenberger Straße 53 gut eingerichtet. Das Interesse an gebrauchten Babysachen ist groß, für die Kunden sei der geringe Preis aber nicht entscheidend. Wichtiger ist, dass die Sachen bereits viele Male gewaschen wurden und deshalb deutlich weniger Schadstoffe enthalten als neue Teile. Neben Müttern finden neuerdings auch immer häufiger Väter den Weg ins Geschäft. Auch Omas kommen gern zum Einkaufen mit den Enkeln. Und die haben meist schon mit drei Jahren ganz genaue Vorstellungen, was sie anziehen wollen.

Die Abkehr vom Computer-Job zieht Andrea Netzker konsequent durch. Eine Website oder Facebook-Seite hat sie nicht. Während der Öffnungszeiten weht eine Fahne mit Marienkäfern am Zaun vor dem Haus. Und wenn einmal im Monat auch am Sonnabend geöffnet ist, erfahren das die Kunden durch einen Zettel im Schaufenster. Für Andrea Netzker ist klar, dass das der richtige Beruf für sie ist. Jetzt freut sie sich auf die nächsten 15 Jahre.