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Vom Goldschmidt-Park ist nicht viel geblieben

Anwohner kritisieren das Fällen von großen Blutbuchen. Der Grundstücksbesitzer bekam dazu allerdings die Genehmigung.

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© privat

Von Peter Redlich

Radebeul. Die Bilder können eindrucksvoller nicht sein. Auf der historischen Aufnahme aus den 1930er-Jahren der gepflegte Park. Jetzt die von wenigen großen Bäumen noch gesäumte kahle Fläche. Der vielleicht schönste Park von Radebeul, am sächsischen Weinwanderweg gelegen, gerät seit Jahrzehnten nicht nur in Vergessenheit, er werde auch abgeholzt. Das jedenfalls vermuten Anwohner und haben das Thema jetzt auch in den Stadtrat getragen.

Heute steht noch ein Teil der Blutbuchen. Dazwischen ist Wiese (kl. Foto).
Heute steht noch ein Teil der Blutbuchen. Dazwischen ist Wiese (kl. Foto). © Norbert Millauer

Dabei fing alles einmal wunderbar an. Mitte des 19. Jahrhunderts gehörte das ausgedehnte Weinbergsgrundstück samt Gebäuden am ehemaligen Jägerhof ebenso wie das nahe gelegene Areal namens Paradies, den Grafen von Hohenthal-Dölkau. Es handelte sich dabei um den nördlichen Teil des ehemals königlichen Eckbergs, zu dem auch die südlich gelegenen Grundstücke an der späteren Terrassenstraße gehörten. Nachdem es seit Ende des 19. Jahrhunderts als Sommersitz im Besitz der Familie des Berliner Bankiers Joseph Goldschmidt war, beantragte dieser 1892 über den Architekten und Baumeister Adolf Naumann den Bau eines Gewächshauses. 1893 folgte der Bau des Gärtnerhauses. Ein Jahr später entstanden dort durch den Bauunternehmer Carl Georg Semper anstelle eines Winzerhauses eine repräsentative Villa im Schweizerstil nach dem Entwurf von Adolf Neumann sowie ein parkartiger Garten mit Wasserspielen, heißt es im Stadtarchiv.

Viele ältere Radebeuler kennen den Park noch. Denn schon die Goldschmidts ließen große Teile der Anlage offen, sodass die Bürger hier zwischen Bäumen und Wasserspielen spazieren konnten. Während der NS-Zeit wurde der Park gepflegt. Auch noch als das Grundstück der sogenannten Langemarck-Stiftung mit einer Nazi-Eliteschule und später als Erholungsgrundstück für eine Ausbildungsstätte des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes diente. Allerdings gab es da schon erste wesentliche Veränderungen. Aus einem Teil des Parkes wurde ein Fußballplatz für die Gewerkschaftsschüler gemacht. Gepflegte Wege und Rabatten verschwanden lautlos. Auch Bäume wurden gefällt.

Stadtrat Michael Röhner (Die Linke) hat noch Luftaufnahmen von dem Gelände, die etwa 15 Jahre alt sind. „Alles grün und von großen, gesunden Bäumen bewachsen“, zeigt er auf das Foto. Die großen Bäume sind auch heute noch zu sehen, dazwischen allerdings nur noch Wiese. Die mächtigste Blutbuche gibt es nicht mehr.

Das Goldschmidt-Grundstück wurde nach der Wende mehrfach verkauft und auch geteilt. Den Hauptteil besaß zuletzt ein Radebeuler Bauunternehmer. Er bestätigt, dass ein Baum gefällt werden musste. Aber eben nur einer. Zwischen den Bäumen sei jede Menge grüner Wildwuchs gewesen, den er beseitigt habe. Dieser habe auf den Luftaufnahmen ein so großes grünflächiges Bild abgegeben. Der gefällte Baum sei zunehmend gefährlicher geworden, auch für seine Kinder, die hier spielten. Deshalb habe er die Fällgenehmigung bei der Stadt beantragt, sagt der ehemalige Besitzer, denn das Grundstück ist inzwischen weiterverkauft.

Bevor der Baum gefällt wurde, sei ein Gutachten erstellt worden. Die für den Baumbestand verantwortliche Mitarbeiterin der Stadt Radebeul und auch der Revierförster seien zur Besichtigung da gewesen.

Von der unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt heißt es dazu: Die Fällgenehmigung in diesem Gebiet erteilt die Stadt. Die Naturschutzbehörde greife ein, wenn es um Bäume geht, die einen besonderen Schutzstatus haben. Dies sei hier nicht der Fall, so Landratsamtsvizesprecherin Helena Musall. Dieses Areal sei zu Teilen im Landschaftsschutzgebiet, die genannten Bäume aber nicht extra geschützt. Einzelne davon mit Genehmigung zu fällen, sei nicht verboten.

Die wesentliche Aussage zum einst gepflegten Goldschmidt-Park kommt von der Stadt. Baubürgermeister Jörg Müller schreibt an die sich beschwerenden Bürger: „Es ist festzustellen, dass es sich bei der von Ihnen angesprochenen Fläche bereits seit 1945 nicht mehr um eine Parkanlage handelt. Durch die Weiterführung der Terrassenstraße zu DDR-Zeiten wurden zudem wesentliche Teile der ursprünglichen Anlage beseitigt.“ Aktuelle Baumfällungen in dem Bereich seien dem Sachgebiet Stadtgrün nicht bekannt. Wenn dies dennoch geschehe, bitte die Stadt um Anzeige.