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Vom Hechtschüler zum Olympioniken

Die 30. Grundschule feiert im September 50. Geburtstag. Seit der Gründung 1965 hat sich kaum etwas verändert.

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© Sven Ellger

Von Ulrike Kirsten

An die Betonwüste im Hof kann sich Tom Liebscher noch genau erinnern. Mehr als nur eine Schramme hat sich der 21-Jährige hier geholt. Das ist lange her. Die Wunden aus der Kindheit sind längst verheilt, heute holt sich Tom Liebscher von Berufs wegen Schwielen.

Vor elf Jahren hat der Kanu-Weltmeister die 30. Grundschule verlassen, wohnt aber noch immer im Hechtviertel. Nur 100 Meter von seiner alten Schule entfernt, in der Hechtstraße 55. „Ich komme hier jeden Tag vorbei, doch verändert hat sich kaum etwas in den letzten Jahren“, sagt der Sportsoldat. Lediglich eine Rettungstreppe hat die Stadt angebaut und den Keller saniert, nachdem dort Schimmel entdeckt worden war. Doch mehr hat sich nicht getan. „Unverständlich, wenn man bedenkt, dass inzwischen doppelt so viele Kinder auf die Schule gehen, wie damals“, sagt der Neustädter, der an der TU neben seinem Sport Verkehrsingenieurwesen studiert.

Etwa 400 Mädchen und Jungen lernen heute an der Hechtschule. Tendenz steigend. Für die Umgestaltung des Schulhofes und den Ausbau der Schule kämpfen Eltern seit Monaten. Vor allem der Förderverein engagiert sich, will die Sanierung des veralteten Schulhofes sogar selbst finanzieren. Doch das soll nicht eher geschehen, bevor die Stadt einen neuen Hort gebaut hat. Weil der Platzmangel immer schlimmer wird, reagiert nun auch das Rathaus, nachdem es die dringend notwendige Sanierung lange vor sich hergeschoben hat.

Zwei Architekturbüros haben inzwischen mit den Planungen begonnen. Beginn für den ersten Bauabschnitt, in dem der neue Hort entstehen soll, ist für März 2017 vorgesehen. Zwar sind das gute Nachrichten für die Eltern. Doch insgeheim hatten sie sich gewünscht, dass die Stadt etwas Geld für ein paar kleinere Dinge wie neue Spielgeräte zum Jubiläum im September hätte lockermachen können. Dafür gab es aber bereits vor einigen Monaten eine Absage vom Rathaus. „Wenn ich zum Ehemaligentreffen nicht trainieren muss oder bei einer Meisterschaft bin, will ich auf jeden Fall kommen und meine Schule unterstützen“, sagt Tom Liebscher, der schmunzeln muss, als er den Schulflur betritt. „Die Eimer für die Milchflaschen sind noch immer die gleichen“, sagt der junge Mann vom Kanu-Club Dresden, der 2018 in Rio de Janeiro Olympiasieger werden will.

Dafür trainiert er täglich auf der Elbe am Blauen Wunder. „Damals habe ich mich um den Milchdienst immer gedrückt. Dafür habe ich schon damals den Sportunterricht geliebt.“ Dabei haben Tom Liebscher die Sportstunden so viel Spaß gemacht, dass ihn die Lehrer sogar zurückhalten mussten. „Ich habe alle Kurse und Disziplinen gemacht. Sport war schon immer mein Ding.“ Auch Toms große Schwester ist auf die 30. Grundschule gegangen, durch sie hat er überhaupt erst zum Kanusport gefunden. Anders als sie ist Tom Liebscher jedoch beim Leistungssport geblieben. „Nach dem Abitur auf dem Sportgymnasium habe ich weitergemacht“, sagt der Kanute. Währenddessen beäugen ihn die Schüler auf dem Hof neugierig, wollen Autogramme von dem bekannten Ehemaligen ihrer Schule. Doch für den Erfolg nimmt Tom Liebscher einige Entbehrungen auf sich, Momente wie diese sind selten, der Zeitplan eng. „Egal, ob Sommer oder Winter, wir sind immer auf dem Wasser. In Dresden geht das auch gut, weil die Elbe fast nie zufriert. Kanu ist ein harter Sport, deshalb fehlt uns auch der Nachwuchs.“ Wenn er es zum Ehemaligen-Treffen am 18. September schafft, dann weiß Tom Liebscher schon genau, auf was er sich am meisten freut. „Meine alten Lehrer zu sehen“, sagt der Kanute. Und Werbung bei den Kleinen für eine Sportart zu machen, die sonst ein Rand-Dasein hat.

Eltern, Lehrer und Anwohner des Hechtviertels laufen am Dienstag von 17 bis 18 Uhr wieder für die Sanierung des Schulhofes. Beim Laufen zählt jede einzelne Runde, für die es Geld von den Sponsoren gibt. 2014 waren bei der Premiere etwa 3 000 Euro zusammengekommen. www.foerderverein30gs.de