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Vom Lapidarium auf den Neumarkt

Jahrzehntelang trocknete der Krell-Brunnen in der Zionskirchruine vor sich hin. Jetzt sprudelt er wieder.

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© F. Klemenz

Von Franziska Klemenz

Ausgerechnet sein Kopf ziert den Brunnen. Sollte Sachsens einstiger Kanzler Nikolaus Krell geahnt haben, wie sein Leben endet, hätte er damit wahrhaftig finsteren Humor bewiesen. Vielleicht nahm Krell auch einfach nur einen heißen Sommer zum Anlass, um sein Visier in Stein zu meißeln. Ebenso denkbar, und vielleicht sogar noch ein bisschen mehr, ist folgende Variante: Der Brunnen wurde lange nach dem Tod des geköpften Kanzlers im Jahr 1601 erbaut, um seiner zu gedenken.

Wie dem auch sei: „Der Brunnen sprudelt wieder, endlich“, sagt Anwohner Gunnar Baumann, der die Bauherrn-Familie Zeibig vertritt. Sie sorgte dafür, dass der Brunnen sein langjähriges Dahintrocknen im Lapidarium, der ehemaligen Zionskirche Dresden, beenden konnte. Überlebende hatten die Überreste des Brunnens nach dem Zweiten Weltkrieg aus den Trümmern rund um die Frauenkirche geborgen. „Früher stand er in der ehemaligen Moritzstraße nahe dem heutigen Steigenberger-Hotel“, so Baumann. Da das Gebäude, zu dem der Brunnen eigentlich gehörte, nicht wieder aufgebaut wird, übergab die Stadt ihn der Familie Zeibig als Dauerleihgabe. Die drei Reliefplatten waren teilweise erhalten, sie wurden nach den Vorgaben des Denkmalamtes restauriert. Das Becken musste komplett neu gebaut werden, Bildhauer Julius Hempel entwarf es nach barockem Vorbild, und fertigte es aus drei Tonnen Sächsischem Sandstein. 2008 stellte er sein Werk fertig. Für einige Zeit sprudelte der Brunnen, dann musste er erneut trocken gelegt werden. „Es stellten sich weitreichendere Schäden an der historischen Bausubstanz heraus“, so Baumann. „Vermutlich Brandschäden, die weder wir noch der Denkmalschutz gesehen haben.“ Noch einmal mussten Steinbildhauer und Klempner nachbessern. Heute spuckt der haarige Kopf von Nikolaus Krell wieder Wasser in das Becken, im Hinterhof der Häuser an der Frauenkirche 16 und 17, wo sich auch das Augustiner-Brauhaus befindet.

„Kein Trinkwasser“, warnt ein Schild vor dem Strahl, der aus dem Mund des Sachsen-Kanzlers plätschert. Baumann und Augustiner-Pächter Herbert Berger machen es umgekehrt. Spucken nicht aus, sondern schenken ein. Aktuelle Temperaturen lassen es einen fast vergessen: In Dresden gibt es auch noch kühle Orte. Dank Nikolaus Krell.