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Vom Pflegefall zum Unternehmer

Andreas Münch war nach einem Unfall dem Tod näher als dem Leben. Nun will er Hungrige verköstigen und setzt auf ein besonderes Konzept.

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© André Braun

Von Tina Soltysiak

Waldheim. Warum bis zum 1. Dezember mit der Geschäftseröffnung warten? Hungrig sind die Leute immer und jeder Tag zählt. Andreas Münch, den alle nur Andi nennen, weiß das nur allzu genau. „Ich bin 33 Jahre alt. Oder neun – je nachdem, welchen Geburtstag man zugrunde legt“, sagt er. Denn 2008 war er bei Bockelwitz in einen schweren Unfall involviert. „Ein Betrunkener hat mein Auto frontal gerammt. Ich bin froh, dass ein Arzt Ersthelfer war. Er hat sofort einen Rettungshubschrauber angefordert“, erzählt er. An die Fortsetzung seines Studiums der Wirtschaftsinformatik in Leipzig war nicht zu denken. Stattdessen musste er alles neu lernen – vom Sprechen bis hin zu Bewegungsabläufen. Doch er kämpfte sich, vor allem auch dank der Unterstützung seiner Familie, Schritt für Schritt zurück. „Ich habe einen Berufsabschluss als Fachinformatiker“, erzählt er. Bis vor Kurzem war er im Blumengeschäft „Blattlaus“ seiner Mutter Ute Münch am Waldheimer Niedermarkt 12 angestellt. Nun ist er selber Inhaber eines Geschäftes. Lausschmaus heißt es. „Wir haben einen Wanddurchbruch zwischen ihrem und meinem Laden gemacht“, erzählt Andreas Münch. Dieser stand, seitdem der Fleischer ausgezogen ist, leer. Die Waldheimer Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft mbH (WBV) habe ihn vorgerichtet. „Wir sind Mieter, haben die Innenausstattung übernommen“, erläutert Münch, der stets ein Lachen auf den Lippen hat. Noch am Mittwoch sind die letzten Handgriffe zu erledigen: Einräumen, putzen und die ersten Gerichte vorbereiten sowie Kuchenbacken stehen auf der Agenda. „Ich koche alles selbst mit möglichst frischen Zutaten aus der Region“, so Andreas Münch. Das Kochen sei schon immer sein großes Hobby gewesen. „Während meines Studiums in Leipzig haben sich die Leute hin und wieder zu mir eingeladen, weil es bei mir immer so gut schmeckt“, sagt er. Das Speisenangebot werde sich deshalb auch etwas „vom Gewöhnlichen abheben. Am Donnerstag, dem Tag der Eröffnung, gibt es zum Beispiel unter anderem Kartoffel-Paprika-Spieße. Ich experimentiere auch gern in der Küche“, sagt der 33-Jährige.

Während des Gesprächs klingelt das Telefon. Ein Mitarbeiter des Bauhofs ist dran und möchte wissen, was auf dem Speiseplan steht. „Wir haben einen unheimlichen Vertrauensvorschuss. Das freut uns“, sagt Münch. Seine Mutter führt den Blumenladen seit fast 15 Jahren. Man kennt sich in der Stadt. „Wir haben deshalb unsere Kunden vorher nach ihrer Meinung zu solch einem Imbissangebot befragt. Ob sie es überhaupt in Anspruch nehmen würden. Wir haben viel Zuspruch erhalten und sind deswegen optimistisch“, sagt Ute Münch. Sie, ihre drei Mitarbeiter sowie ihr Mann Gunter, ein gelernter Landmaschinenschlosser, haben deshalb einen Gesundheitspass erworben. Damit sie, falls Not am Mann ist und helfende Hände gebraucht werden, in der Küche oder im Service einspringen können. Den übernimmt vor allem Janet Bieber, Andreas Münchs Angestellte. „Sie hat vorher schon im Blumenladen mitgearbeitet, wir kannten uns dadurch. Ich habe sie sozusagen abgeworben. Es geht nur im Team und mit Vertrauen. Und das ist vorhanden“, sind er und seine Mutter Ute sich einig.

Der Zugang zum Lausschmaus erfolgt über den Blumenladen. „Die andere Tür bleibt zu. Dort davor wird eine Spielecke eingerichtet“, erklärt Andreas Münch. Im Hinterhof gibt es einen versteckten Schatz: einen gemütlich eingerichteten Außensitzbereich für etwa 25 Personen inklusive einer außergewöhnlichen Wanddekoration. Im Speiselokal selbst ist Platz für reichlich 20 Gäste. „Wir haben montags bis freitags von 7 bis 17 Uhr geöffnet. Das Abendgeschäft überlassen wir unseren ansässigen Gastronomen“, sagt der motivierte Jungunternehmer.