Von Nina Schirmer und Rasmus Wittrin
Radebeul. Die jungen Bands, die zum Eröffnungsabend beim Herbst- und Weinfest auftreten, kennen den Anblick wenn überhaupt nur von alten Fotos: Ein ruinöser Dorfanger, die Häuser zu Bruchbuden verkommen, verfallene Hinterhöfe und Hühner, die über die Straße laufen. So sah es in Altkötzschenbroda aus, als kurz nach der Wende die Idee für das Fest entstand.
Spannend wie ein Krimi
„Damals wohnten nur um die 50 Familien dort“, erinnert sich Cornelia Bielig, die von Anfang an zu den Organisatoren gehört. Die Radebeuler von oberhalb der Meißner Straße verirrten sich nur selten auf den wenig ansehnlichen Dorfanger. Das wollten die Festmacher ändern. „Unser Ziel war es, die Radebeuler hierher zu bringen und gemeinsam mit ihnen zu feiern “, sagt Bielig.
Mit einer großen Kaffeetafel auf dem Anger fing alles an. Der Gewölbekeller in der Alten Apotheke – damals war in dem Haus gerade ein Kopierservice eingezogen – wurde als erster Weinkeller geöffnet. Und die Anwohner luden die Gäste in ihre Hinterhöfe ein.
Programm-Tipps
Heute, 28 Jahre später, ist der alte Rübenkeller zu einer urigen Kneipe geworden. Das erste Haus, die heutige Heimatstube, wurde vor 25 Jahren saniert. Die anderen folgten. Millionen flossen in den Anger, der inzwischen mit seinem ganz besonderen Charme die Touristen anlockt. Doch es gibt auch Dinge, die sich nicht verändert haben: Wenn in gut zwei Wochen, am letzten Septemberwochenende, das Weinfest gefeiert wird, öffnen die Anwohner wieder ihre Höfe, kommen wieder Radebeuler und inzwischen auch Gäste von weiter weg für gesellige Stunden zusammen.
Aus dem einstigen Wendekind ist eine Großveranstaltung geworden. Rund 50 000 Besucher werden vom 28. bis 30. September erwartet. Mehr als 50 Geschäfte, Galerien, Restaurants und Höfe haben dann geöffnet.
In diesem Jahr wird das Weinfest auch zur Bühne für ein besonders Jubiläum. Seit 30 Jahren gibt es die Städtepartnerschaft zwischen Radebeul und St. Ingbert im Saarland – eine von sehr wenigen deutsch-deutschen Partnerschaften, die schon vor der Wende entstanden sind. Die St. Ingberter sind traditionell zwar eher dem Bier zugewandt, zum Radebeuler Weinfest kommen sie trotzdem mit einer großen Delegation. Möglichkeiten, sich vom sächsischen Wein zu überzeugen, wird es an über 30 Winzerständen zur Genüge geben.
Das Festprogramm ist wie gewohnt bunt und fantasievoll. 27 Bands aus aller Welt geben über 45 Konzerte. Im Rahmen des Internationalen Wandertheaterfestivals präsentieren außerdem 18 Theatergruppen und Solisten ihre Inszenierungen. Obwohl sie einen Radebeuler Ortsteil sogar im Namen trägt, ist die Serkowitzer Volksoper zum ersten Mal mit dabei. Die Darsteller eröffnen am Freitagabend, 19.30 Uhr, im Luthersaal mit ihrem Stück „Präludium und Unfug“ .
Das ganze Programm: www.weinfest-radebeul.de