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Vorreiter der deutsch-polnischen Freundschaft

Die Kupferbergschule ist die erste Schule im Landkreis Meißen, die mit einer Schule aus dem polnischen Ostrzeszów anbandelt.

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© Kristin Richter

Von Jörg Richter

Großenhain. Dieser Schulleiter hat Rock‘n‘Roll im Blut. Dariusz Grzesik setzt sich ans Keyboard und haut in die Tasten. Seine Augen leuchten. Er lacht. Als der letzte Akkord verklungen ist, wird er etwas wehmütig. „Leider gibt es an unserer Schule keinen Musikunterricht mehr“, übersetzt sein Deutsch-Lehrer Mariusz Madry. Grzesik leitet die Zespol Szkol Nummer 1 im polnischen Ostrzeszów. Diese ist vergleichbar mit einem Berufschulzentrum. Und dort soll keine Musik mehr gelehrt werden. Die neue Regierung will es so. Sehr zum Bedauern Grzesiks, der eigentlich Musiklehrer ist und selbst in seiner Freizeit in einer Band spielt.

Jennifer, Lisa und Philippe bereiten gerade eine Kartoffelsuppe zu. Sie und andere Schüler haben das Essen im WTH-Unterricht gekocht. Ein typisch sächsisches Gericht für die Gäste aus der neuen Partnerschule im polnischen Ostrzeszów.
Jennifer, Lisa und Philippe bereiten gerade eine Kartoffelsuppe zu. Sie und andere Schüler haben das Essen im WTH-Unterricht gekocht. Ein typisch sächsisches Gericht für die Gäste aus der neuen Partnerschule im polnischen Ostrzeszów. © Kristin Richter
Musiklehrerin Claudia Zobelt (vorn) studiert gerade mit den Schülern der Klasse 7a das Lied „Kaputt“ der Band „Wir sind Helden“ ein, als die Tür aufgeht und die polnischen Kollegen sich selbst ein Bild von der Arbeit an einer deutschen machen möchten.
Musiklehrerin Claudia Zobelt (vorn) studiert gerade mit den Schülern der Klasse 7a das Lied „Kaputt“ der Band „Wir sind Helden“ ein, als die Tür aufgeht und die polnischen Kollegen sich selbst ein Bild von der Arbeit an einer deutschen machen möchten. © Kristin Richter

Umso so mehr freut er sich, dass er wiedermal in eine Musikstunde hineinschnuppern und zuhören darf. Und eine Moderne noch dazu. Denn zuvor hat Claudia Zobelt, Musiklehrerin an der Großenhainer Kupferbergschule, gezeigt, wie Musikunterricht heute geht. Sie singt mit den Schülern der 7a ein Lied der Band „Wir sind Helden“. Es heißt „Kaputt“. Immer wieder wiederholt sie den Refrain, darauf hoffend, dass auch die Jungs ein paar Laute von sich geben. Die Mädchen singen eh mit. Denen muss sie nur etwas die Schüchternheit nehmen. Wahrscheinlich auch, weil hinten im Klassenzimmer Schulleiterin Manuela Fuchs und ein paar Lehrer aus Polen für die restlichen zehn Minuten der Musikstunde Platz genommen haben.

Erstmals 13 Lehrer zu Besuch

Von Freitag bis Sonnabend sind 13 Lehrer aus Ostrzeszów in Großenhain zu Gast gewesen. Die dortige Zespol Szkol und die hiesige Kupferbergschule bauen gerade eine Schulpartnerschaft auf. Es ist die erste Partnerschaft zwischen einer Schule im gleichnamigen Landkreis Ostrzeszów (Woiwodschaft Großpolen) und einer Schule aus dem Landkreis Meißen.

Den Kontakt zu der polnischen Schule hat der Großenhainer Deutsch-Lehrer Christian Hellfritzsch hergestellt. Er ist der Sohn von Albrecht Hellfritzsch. Der ehemalige Stellvertreter von Landrat Arndt Steinbach ist Vorsitzender des Partnerschaftsvereins Landkreis Meißen. Dieser pflegt die Verbindungen zu den Partnerlandkreisen Rems-Murr (Baden-Württemberg) und Ostrzeszów (Polen). Bei einer Reise ins östliche Nachbarland begegnete er seinem Kollegen Mariusz Madry. „Wir kamen auf die Idee, diese Landkreispartnerschaft auch auf Schulen zu erweitern“, erzählt Christian Hellfritzsch.

Und so kam es auch. Im Oktober 2016 war Madry nach Großenhain gereist, um schon mal bei der Schulleiterin Manuela Fuchs vorzufühlen, ob es denn überhaupt Interesse an einer Schulpartnerschaft gibt. Sie war sofort begeistert und reiste vier Monate ihrerseits mit zwei Kollegen und der Meißner Schulamtsleiterin Kühne nach Polen. Im Mai 2017 besuchte erstmals Dariusz Grzesik und die Schulleitung aus Ostrzeszów die Kupferbergschule. Dem folgte im September die erste große Lehrerfahrt von zehn Großenhainer Pädagogen in die neue polnische Partnerschule. Die Begegnung am Wochenende war der Gegenbesuch. Die Treffen zwischen Polen und Deutschen soll nicht nur auf die Lehrer beider Schulen beschränkt bleiben. Bereits am kommenden Freitag fahren 17 Zehntklässler der Kupferbergschule für drei Tage nach Ostrzeszów und besichtigen u. a. das KZ Auschwitz und Breslau. Voraussichtlich für Oktober sollen polnische Schüler zum 2. Tag der Kulturen an die Kupferbergschule eingeladen werden.