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Waldorfschule öffnet sich für Erwachsene

Der Umzug nach Görlitz ist geschafft. Nun steigen die Schülerzahlen deutlich. Doch es gibt auch andere Konsequenzen.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Ingo Kramer

Ulrike Bäumer liest die polnischen Wortgruppen laut und deutlich vor. Dann schallen die gleichen Worte aus zwanzig Kehlen zurück. Manche gut, andere weniger gut betont. Manche Kinder aufmerksam, andere weniger. Alltag an der Görlitzer Waldorfschule in der Konsulstraße 23. Ein ähnliches Bild wie wohl an den meisten Schulen. Im Detail freilich gibt es Unterschiede. So steht Ulrike Bäumer vor den Klassen 6 und 7. In der Waldorfschule lernen immer zwei Jahrgänge gemeinsam.

Und mittlerweile lernen hier Schüler der Klassenstufen 1 bis 9. Dafür reichte das bisherige Gebäude in Zodel nicht mehr, erklärt Schulvorstand und Klassenlehrer Andreas Unger. Seit diesem Schuljahr ist die Einrichtung nun in Görlitz. „Die Vorbereitungen waren für Lehrer und Eltern ein hartes Stück Arbeit, aber der Start hat funktioniert“, sagt er. Das neue Gebäude habe viele Vorteile, vor allem die Größe, aber auch die Lage. 80 Prozent der Schüler leben in Görlitz, haben jetzt also deutlich kürzere Schulwege. So sind die Schülerzahlen deutlich gestiegen: Voriges Schuljahr waren es 72 Schüler, im Sommer waren 89 angemeldet, mittlerweile sind es 92. „Und nach den Oktoberferien vielleicht schon 95“, so Unger. Manche Kinder wechseln von staatlichen Schulen hierher, andere ziehen jetzt nach Görlitz. Es gebe sogar Familien, für die eine in der Stadt gelegene Waldorfschule Bedingung ist, nach Görlitz zu ziehen.

Doch der Schulumzug hat noch mehr Folgen. Wenn etwa im Geschichtsunterricht das Thema Mittelalter behandelt wird, kann die Klasse schnell mal in die Altstadt gehen und nach Spuren des Mittelalters suchen. „Als wir in Zodel waren, hätten wir dafür Busse organisieren müssen, da wäre schnell viel Zeit weg“, sagt Unger. Doch die Stadt hat auch Nachteile. Bestes Beispiel ist der Schulgarten. Der sollte eigentlich im Schlachthofgelände entstehen. Die Arbeiten hatten schon begonnen. „Das IKU-Projekt, mit dem der Schlachthof belebt werden sollte, ist leider eingeschlafen“, sagt Unger. Auch von der Eigentümerseite her gebe es dort keinen Ansprechpartner mehr. Somit hat sich die Schule nun zurückgezogen – und will stattdessen nach den Herbstferien beginnen, den eigenen Schulhof mit Hochbeeten zu gestalten. Prinzipiell ist die Waldorfschule aber weiter auf der Suche nach einem geeigneten Schulgartengelände. Es sollte auf jeden Fall von der Konsulstraße aus schnell zu Fuß erreichbar sein. Wer etwas anbieten will, kann sich gern bei der Schule melden.

Auch sonst ist noch nicht alles bis ins Detail fertig. Das Chemiekabinett entsteht gerade, Fertigstellungsziel ist Weihnachten. Auch Handwerkslehrer Gregor Hommel hat noch gut zu tun: „Vormittags unterrichte ich die Kinder, danach baue ich weiter an der Werkstatt.“ Momentan findet sein Unterricht bei gutem Wetter oft auf dem Hof statt. Demnächst soll aber noch ein zweiter, größerer Raum hinzukommen. Dann gibt es genug Platz für alle.

Mehrere Lehrer wollen die Waldorfschule auch zunehmend für Erwachsene öffnen. Hommel zum Beispiel bietet künftig in der Schulwerkstatt Schnitzkurse an. „Die ersten Anmeldungen habe ich schon, vom 20-Jährigen bis zum älteren Herrn“, freut er sich. Eine Sportlehrerin plant ab nächstem Jahr öffentliche Volkstanzkurse. Zusätzlich soll es ab und an Einzelveranstaltungen geben, bei denen die Görlitzer die Schule kennenlernen können, zum Beispiel am 19. November einen Basar mit vielen Ständen und Spielaktionen sowie am 4. Februar einen Tag der offenen Tür.

Und mittelfristig will die Schule weiter wachsen. Platz ist im Gebäude noch vorhanden. Laut Hortnerin Simone Waschelitz soll schon nächstes Schuljahr ein weiterer Klassenraum hinzu kommen: „Dann wird die Schule erstmals eine zehnte Klasse haben.“ Insgesamt geht die Waldorf-Ausbildung über 13 Jahre. Ab der 10. Klasse werden die Zwei-Jahrgangs-Klassen getrennt. Nach Klasse 11 gibt es den Hauptschulabschluss, nach Klasse 12 den Waldorf- und den Realschulabschluss und nach Klasse 13 das Abitur. All das will auch die Görlitzer Schule in ein paar Jahren anbieten.

Angebote für einen Schulgarten und Anmeldungen für die Erwachsenenkurse unter Telefon 03581 7269230 sowie per E-Mail: [email protected]