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Wann bekommt Pirna die Brötchentaste?

Einkäufer und Händler freuen sich über kostenloses Kurzzeitparken am Markt in Sebnitz. Pirna ist noch nicht so weit.

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© Dirk Zschiedrich

Von Dirk Schulze und Christian Eissner

Sebnitz/Pirna. Ronald Weßner ist überzeugt von dem neuen Angebot. „Das war lange überfällig“, sagt der Sebnitzer, der gerade am Markt ein paar Besorgungen erledigt. Sein Auto parkt mitten auf dem Platz, hinter der Windschutzscheibe liegt ein Ticket für eine halbe Stunde. Bezahlt hat er dafür nix.

Um die Brötchentaste am Parkautomaten zu finden, muss man allerdings genau hinschauen. Die gelbe Taste löst das Gratisticket. Jede weitere halbe Stunde kostet.
Um die Brötchentaste am Parkautomaten zu finden, muss man allerdings genau hinschauen. Die gelbe Taste löst das Gratisticket. Jede weitere halbe Stunde kostet. © Dirk Zschiedrich

Sei wenigen Tagen sind die Parkscheinautomaten auf dem Sebnitzer Markt mit einer Brötchentaste ausgestattet. Für 30 Minuten ist das Parken damit kostenlos. „Das ist einfach praktisch“, sagt Ronald Weßner. Bisher hat er immer seine Runden gedreht, um an der Zwingerstraße oder hinter der Passage eine Lücke zu erwischen. Dort ist das Parken mit Parkscheibe kostenlos. Jetzt kann er das Auto auch direkt auf dem Markt abstellen, ohne zu zahlen. Die halbe Stunde reicht völlig aus, sagt der Sebnitzer. Er war in der Zeit bei der Bank, beim Fleischer und hat noch im Schuhladen nach den Winterschlussschnäppchen geschaut.

Mit der neu eingeführten Regelung will die Stadt das Einkaufen in der Innenstadt attraktiver machen und dem lokalen Einzelhandel den Rücken stärken. Auf Facebook sammelt die Nachricht von der Einführung der Brötchentaste zahlreiche „Gefällt mir“-Daumen. Auch die Händler begrüßen das. „Für uns ist es auf jeden Fall eine Erleichterung, dass die Kunden jetzt schnell mal reinhuschen können“, sagt Beate Kramer von der Confiserie am Markt. Zuvor hätten sich die Leute häufiger beschwert, dass sie für jeden schnellen Weg ins Geschäft Gebühren bezahlen mussten.

Die im Gewerbeverein organisierten Händler haben schon länger für eine Lockerung der Gebührenordnung gekämpft. Im Zuge des neu aufgestellten Einzelhandelskonzepts, für das Experten auch die Geschäftsinhaber befragt haben, kam ihnen die Stadt jetzt entgegen. Im vergangenen Jahr wurden bereits die Parkuhren an der Langen Straße und vorm Rathaus abgebaut. Dort können Autos ebenso wie auf der Schandauer Straße mit Parkscheibe im Fenster eine Stunde kostenlos stehen.

Jetzt muss das Gratisparken auf dem Marktplatz nur noch bekannter werden. Die kleine gelbe Taste am Parkscheinautomaten wird von Uneingeweihten leicht übersehen. Er habe in den vergangenen Tagen schon einige Menschen angesprochen, die gerade am Automaten standen, erzählt Buchhändler Laszlo Meszaros von der Buchhandlung am Markt. Wie seine Kollegen hält auch er die Brötchentaste für eine gute Sache. Es sei unsinnig, jedes Mal bezahlen zu müssen, wenn man nur kurz in ein Geschäft geht.

Viele Kunden hätten sich ohnehin nicht daran gehalten. Sie standen dann allerdings nervös im Laden und drängten den Verkäufer, dass er schneller machen solle – den Blick immer durchs Schaufenster nach draußen gerichtet, damit sie den Mann vom Ordnungsamt rechtzeitig erspähen. Der wird auch künftig auf Patrouille sein und die Parkscheine kontrollieren. Wer per Brötchentaste das Gratisticket gelöst hat, hat zwar eine halbe Stunde lang nichts zu befürchten, überzieht er die Zeit aber, riskiert er nach wie vor ein Knöllchen.

Angst vor zusätzlichem Verkehr

In Stolpen, Hohnstein und Neustadt ist das Parken auf den Marktplätzen schon längere Zeit kostenlos möglich. In Pirna hingegen, dessen Altstadt viele Einkäufer lockt, diskutiert man seit Jahren ergebnislos über das gebührenfreie Parkzeitfenster. Den letzten Vorstoß wagten 2015 und 2016 die Stadträte der Wählervereinigung „Wir für Pirna – Freie Wähler“ sowie der Stadtrat Tim Lochner. Sie wollten erreichen, dass auf den gebührenpflichtigen Innenstadt-Parkplätzen wenigstens die ersten zehn oder 15 Minuten kostenlos sind. Das würde genügen, um in einem Geschäft schnell etwas abzuholen, zum Geldautomaten zu gehen oder eine Bestellung aufzugeben. Pirnas Stadtverwaltung und letztlich auch die Mehrheit des Stadtrates lehnten das ab. Die Stadt beruft sich dabei vor allem auf Empfehlungen der Fachkommission Verkehrsplanung des Deutschen Städtetages.

Diese hatte das kostenlose Kurzzeitparken analysieren lassen und rät im Fall von Innenstädten mit ohnehin hoher Verkehrsbelastung und knappem Parkplatz-Angebot davon ab. Man würde, so sieht es auch Pirnas Stadtverwaltung, damit nur noch mehr Autos in die Innenstadt holen. Die Brötchentaste steigere den Parkplatz-Suchverkehr und fördere das „Parkplatz-Hopping“, heißt es in einer Stellungnahme des Rathauses. Außerdem fürchtet die Stadt den Verlust von Parkgebühr-Einnahmen von jährlich mehreren zehntausend Euro.

Pirna versucht einen anderen Weg. Mit gestaffelten Parkgebühren will man Besucher anregen, das Auto möglichst ein Stückchen abseits der Altstadt zu parken und einen kleinen Fußweg in Kauf zu nehmen. Der im Sommer 2017 gestartete Citybus bringt Einkäufer zudem direkt von Bahnhof und Busbahnhof ins Zentrum.

Vom Tisch ist die Diskussion damit in der Kreisstadt aber noch nicht. Wie in anderen Städten auch, sind Pirnas Innenstadt-Händler vor allem von Kunden abhängig, die mit dem Auto kommen. Und die wissen kurze Wege und ein Entgegenkommen bei den Parkgebühren sehr zu schätzen.