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Wann sollten Kinder schwimmen lernen?

Er wollte nur eine Abkühlung von der Sommerhitze. Doch der zehnjährige Saddam A. ertrank bei einem Bad in der Elbe. Der tödliche Badeunfall des Zehnjährigen in Dresden heizt die Debatte um Schwimmkurse für Kinder an.

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© Claudia Hübschmann

Von Sarah Herrmann und Julia Vollmer

Er wollte nur eine Abkühlung von der Sommerhitze. Doch der zehnjährige Saddam A. ertrank am Sonntag bei einem Bad in der Elbe. Er wurde an der Albertbrücke aus dem Wasser gezogen, die Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. Wenig später verstarb der Junge im Krankenhaus. Im Jahr zuvor war bereits ein Sechsjähriger im Nichtschwimmerbecken des Elbamare in Gorbitz ums Leben gekommen. Er war ebenfalls Syrer. Nur eine Woche zuvor hatte sich ein ähnlicher Unfall im Stauseebad Cossebaude ereignet, den eine Vierjährige nicht überlebte. Die Unfälle werfen viele Fragen auf. Eine davon: Wann sollten Kinder das Schwimmen lernen?

So ertrank am Sonntag ein zehnjähriger, syrischer Junge. Er wurde an der Albertbrücke leblos aus dem Wasser gezogen und verstarb wenig später im Krankenhaus.
So ertrank am Sonntag ein zehnjähriger, syrischer Junge. Er wurde an der Albertbrücke leblos aus dem Wasser gezogen und verstarb wenig später im Krankenhaus. © Roland Halkasch

„Ein frühzeitiger Schwimmunterricht für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr ist sinnvoll und kann Ertrinkungsunfälle verhindern“, sagt Kinderarzt Sascha Ifflaender, der eine Praxis am Albertplatz hat. „Die Entscheidung sollten Eltern aber auch in Abhängigkeit von der geistigen und körperlichen Entwicklung ihres Kindes sowie etwaigen Gesundheitsrisiken – zum Beispiel bei chronischen Atemwegserkrankungen – treffen.“ Kinderärzte würden zu dem Thema beraten.

Auch die Dresdner Bäder GmbH findet es wichtig, dass sich Kinder früh mit dem Element Wasser vertraut machen. Dort wird der Kurs „Wasser erleben“ angeboten, der für Ein- bis Zweijährige gedacht ist. Für sechs Einheiten je 45 Minuten müssen die Eltern 36 Euro bezahlen. Darauf aufbauend gibt es auch Kleinkinderkurse für Drei- bis Fünfjährige sowie Schwimmlehrgänge für Kindereinrichtungen und für Anfänger-Brustschwimmen. Sie können beide ab fünf Jahren besucht werden und kosten zwischen 64 und 108 Euro. Die Abnahme von Schwimmabzeichen muss zusätzlich bezahlt werden.

Kurse sind schnell ausgebucht

„Je nachdem, wie die Schwimmhallen vor allem mit Schulschwimmen ausgelastet sind, bieten wir selbst verschiedenste Kinderkurse im Schwimmsportkomplex Freiberger Platz, in der Schwimmhalle Prohlis, im Nordbad und in der Schwimmhalle Klotzsche an. Dazu gibt es externe Kinderkurse in der Schwimmhalle Bühlau“, teilt Bäder-Sprecher Lars Kühl auf SZ-Anfrage mit. „Das Angebot wird sehr gut angenommen. Die meisten Kurse sind schnell ausgebucht.“ Leider gebe es derzeit aber keine Möglichkeit, weitere Kurse anzubieten. Das soll sich mit der Sanierung der Halle am Freiberger Platz sowie dem Neubau in Prohlis ändern.

Neben dem Bäderbetrieb bieten auch private Unternehmen Kurse an. Till Kühne betreibt die Schwimmschule Lustige Ente. Er und seine Mitarbeiter unterrichten etwa 1 000 Teilnehmer pro Jahr. Darunter sind auch fortgeschrittene Schwimmer und Erwachsene. Ein Anfängerkurs kostet in seiner Einrichtung 159 Euro. Auch er weiß allerdings, wie schwer es für manche Eltern ist, noch einen Platz zu ergattern. „Die Kurse sind in der Regel immer ausgebucht“, sagt Kühne. An Sonnabenden und in begehrten Lagen wie der Neustadt gebe es mitunter Wartelisten von einem Dreivierteljahr. Im Gegensatz zum Kinderarzt Sascha Ifflaender sagt Kühne, dass Kurse nicht zu früh belegt werden sollten. „Bei Mädchen mit frühestens fünf Jahren und bei Jungen mit fünfeinhalb“, schätzt der Schwimmlehrer ein. „Am besten eignet sich das Vorschuljahr zum Erlernen der Schwimmbewegung.“

In den städtischen Kitas werden allerdings keine verpflichtenden Schwimmkurse angeboten, wie Karl Schuricht im Auftrag des Eigenbetriebs Kindertagesstätten mitteilt. Es werde aber durchaus als wichtig erachtet, dass die Kleinen schon im Kindergarten die Möglichkeit haben, sich mit dem Element Wasser vertraut zu machen und erste Erfahrungen im Schwimmbecken zu sammeln. Hierzu gebe es eine Zusammenarbeit mit dem Kreissportbund Dresden. „Die städtischen Kindertageseinrichtungen haben damit die Möglichkeit, das Thema Wasser im Rahmen eines Projektes mit Kindern zu bearbeiten oder temporär einen Kurs zur Wassergewöhnung über einen bestimmten Zeitraum durchzuführen“, so Schuricht. Bei Letzterem lernen die Mädchen und Jungen die Übungsleiter zunächst in der Kita kennen und können dann in der Schwimmhalle spielerisch Vertrauen zum Element Wasser aufbauen. Zudem würden in Gesprächen die Gefahren, die Seen und Flüsse in sich bergen, mit den Kindern altersgerecht besprochen.

Unterricht in der 2. Klasse

Verpflichtende Schwimmkurse gibt es dann allerdings in der Schule, wie Petra Nikolov, Sprecherin des Landesamts für Schule und Bildung (Lasub) erklärt. Gerade angesichts des jüngsten Unglücks erachte das Amt die präventive Arbeit an Schulen für äußerst wichtig. „An den staatlichen Grundschulen findet das Schwimmen in der Klassenstufe 2 statt“, so Nikolov. „Auch an den staatlichen Förderschulen erfolgt die verpflichtende Schwimmausbildung. Dabei variiert es jedoch aufgrund der unterschiedlichen Förderschwerpunkte zwischen der zweiten bis vierten Klassenstufe.“ Dann sind die Kinder zwischen acht und elf Jahre alt.

Beim jüngsten Unglück ließ ein syrischer Junge sein Leben, auch ein Jahr zuvor war ein Landsmann ertrunken. Ein Zufall? „Wir hatten in den letzten Jahren einige Badeunfälle mit Geflüchteten, da es in vielen Herkunftsländern wie Syrien nicht so üblich ist, die Kinder zum Schwimmunterricht zu schicken“, sagt Maik Gärtner vom Flüchtlingsrat. „Es ist deshalb umso wichtiger, dass die Kinder hier die Möglichkeit haben, die Schule zu besuchen und dort schwimmen zu lernen.“