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Warum bleiben die Kartoffeln auf dem Acker?

Die Agram Maschinenring Ebersbach hat schweren Herzens auf einen Teil der Ernte verzichtet. Das freut andere.

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© Matthias Weber

Von R. Altmann-Kühr und G. Lachnit

Gunther Rößler kann nur den Kopf schütteln. Was dem Walddorfer so verärgert, liegt auf dem Feld nahe der Kreuzung am ehemaligen Gasthaus „Goldener Löwe“ in Ebersbach. Die Kartoffelernte ist beendet, doch unzählige Kartoffeln liegen dort jetzt noch in der Furche. Kleine und große Knollen. Einen Kilometer weiter, im Schnäppchenmarkt, gibt es Zehn-Kilo-Säcke Kartoffeln aus der Lüneburger Heide zu kaufen, hat Rößler beobachtet. „Da werden die Kartoffeln von so weit hergebracht, und hier liegen sie auf dem Acker rum. Das ist doch unsinnig“, sagt er mit Blick auf die Klimabilanz.

Das nicht abgeerntete Feld.
Das nicht abgeerntete Feld. © privat

Der Walddorfer ist nicht der Einzige, dem das Kartoffeldesaster aufgefallen ist. Auch andere Leser haben sich bei der SZ-Redaktion gemeldet und sogar Fotos von den Kartoffeln auf dem Acker eingereicht.

Verantwortlich für die liegen gebliebenen Kartoffeln ist die Agram Maschinenring GbR Ebersbach. Hier haben sich drei Landwirte aus Ebersbach, Friederdorf und Kottmarsdorf zusammengeschlossen, bewirtschaften Felder und nutzen ihren Maschinenfuhrpark gemeinsam. Die Landwirte bauen Kartoffeln, Raps, Getreide und Zuckerrüben an. Den Kartoffelanbau hat in diesem Jahr Andreas Rothe aus Ebersbach übernommen.

Mit dem Feld in der Nähe des „Goldenen Löwen“ in Ebersbach hatte Andreas Rothe in diesem Jahr ausgesprochenes Pech. Obwohl er insgesamt mit der Kartoffelernte in diesem Jahr zufrieden ist, gab es bei der Ernte auf diesem Feld ein großes Problem. Nicht alle Knollen konnten geborgen werden. Die Kartoffelerntemaschine ist kaputt gegangen. „Und zwar so schwer, dass sie nicht mehr repariert werden kann“, berichtet Andreas Rothe. Das anschließende schlechte Wetter mit jeder Menge Regen führte dazu, dass das Feld nicht mehr abgeerntet werden konnte.

Andreas Rothe hatte dann schweren Herzens beschlossen, dass die Feldfrüchte liegen bleiben. Das haben natürlich viele Menschen in der Umgebung wahrgenommen und sich darüber gewundert. Etliche Ebersbacher und Leute aus dem Umland fragten bei Andreas Rothe an, ob denn noch geerntet wird oder ob sie selbst die liegengebliebenen Kartoffeln auflesen dürften. Landwirt Rothe hat das Feld für die Selbsternte freigegeben. Wegen der defekten Erntemaschine und der üblen Witterung sah er keine andere Möglichkeit. „Ich habe dann auch viele Leute beim Kartoffel- aufsammeln gesehen“, sagt der Landwirt. Mit Pkw und Anhänger waren mehrere vorgefahren und haben volle Körbe oder Säcke abtransportiert. So kommt es, dass ein ganzer Teil der liegengebliebenen Feldfrüchte doch noch eine Verwendung finden wird. Die Kartoffelsammler nutzen sie meistens für den eigenen Verbrauch. Geflügel- und Kaninchenzüchter lassen sich so eine Gelegenheit nicht entgehen, weiß auch der Landwirt. Denn Hühner und Stallhasen zum Beispiel fressen gerne mal auch Kartoffeln, die einen in gedämpfter Form, die anderen roh. Auch Gunther Rößler hat etliche Leute beobachtet, die am „Goldenen Löwen“ Kartoffeln eingesammelt haben. „Warum auch nicht“, sagt der Walddorfer. „Sollen sie im Boden verderben?“