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Warum die Oscar-Verleihung ein Dämpfer für Netflix ist

Die 91. Oscar-Verleihung hatte viele strahlende Sieger, aber keinen klaren Gewinner. Ein Kommentar von Oliver Reinhard.

Von Oliver Reinhard
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Oliver Reinhard
Oliver Reinhard © dpa/Bildmontage: SZ-Bildstelle

Die 91. Oscarverleihung ging ohne große Überraschungen über die Bühne. Auch dass Florian Henckel von Donnersmarcks „Werk ohne Autor“ verdientermaßen nicht Bester Fremdsprachiger Film wurde, war kein Aha-Ereignis. Anders die Sache mit „Roma“ von Alfonso Cuarón: Das Drama über eine Jugend in Mexiko scheiterte in der Königskategorie und wurde trotz Favoritenstellung nicht Bester Film.

Warum? Möglichkeit A ist die schlichte Variante: Es fand sich keine Mehrheit für „Roma“ unter den über 7.000 Mitgliedern der Oscar-Academy. Möglichkeit B ist die komplexere, weil politische Variante: Die Academy hat mit ihrem Votum gegen „Roma“ dem Giganten im Film-Hintergrund einen Dämpfer verpasst. Denn Cuarón ließ sein Drama von demjenigen produzieren, der ihm das meiste Geld dafür gab. Und das war der amerikanische Online-Streaming-Riese Netflix.

Der aber ist inzwischen zur größten Gefahr der Kinokultur geworden. Weil Netflix zwar Filme im Kinoformat dreht, sie aber nur ganz kurz oder gar nicht mehr auf die Leinwand lässt. Stattdessen vermarktet er sie am liebsten direkt im Internet, von wo aus man sie streamen und über TV-Bildschirme im Pantoffelkino laufen lassen kann. Im Gegensatz zu anderen Streamingdiensten, die nicht selber Filme machen. Die sich daher mit den Filmproduzenten darauf geeinigt haben, dass diese ihre Werke erst drei bis vier Monate im Kino laufen lassen und damit Geld verdienen können, bevor sie dann von Amazon & Co. im Internet zweitvermarktet werden.

Netflix aber ist inzwischen derart reich und mächtig, dass er auf solche Vereinbarungen pfeifen kann. Es sei denn, er will ebenfalls höchste Film-Weihen ernten und beim Oscar mitspielen. Und dafür müssen seine Filme laut Oscar-Reglement auch im

Kino laufen. Also war Netflix gnädig und gewährte einigen Lichtspielhäusern, „Roma“ einen oder ein paar Tage zeigen zu dürfen. Wenige Kinos schluckten den Köder und taten Netflix den Gefallen, in Deutschland waren es gerade mal 38. Für Netflix reichte das. „Roma“ durfte mitmachen und holte drei Oscars. Gut möglich also, dass die Academy mit ihrem „Nein“ zum Oscar „Bester Film“ zeigen wollte: Es ist dem Kino noch nicht völlig schnuppe, dass es eine Schlange an seiner Brust nährt.

E-Mail an Oliver Reinhard. 

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