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Warum explodierte die Fabrik?

In einer Chemiefirma in Pirna wird eine neue Produktion gestartet. Bei einem Test läuft alles problemlos - doch dann passiert ein Unglück. Am Morgen danach bietet sich ein Bild der Verwüstung.

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© Alexander Müller

Pirna/Dresden. Er hört ein Ventil zischen, dann folgt eine heftige Explosion. „Dann sind uns die Teile um die Ohren geflogen.“ Sichtlich erschüttert berichtet Betriebsleiter Joachim Seifert nach dem tödlichen Unglück in einer Chemiefabrik in Pirna. „Ein Reaktor für chemische Produkte hat durchgezündet - warum auch immer“, sagt der 54-Jährige mit leiser Stimme bei einer Pressekonferenz noch in der Nacht zum Dienstag und starrt niedergeschlagen auf die Tischplatte vor ihm. „Das ist bisher nicht erklärbar“.

Der Tag nach der Explosion in Pirna-Neundorf

Die Explosion am Montagabend hat in der Chemiefabrik deutliche Spuren hinterlassen.
Die Explosion am Montagabend hat in der Chemiefabrik deutliche Spuren hinterlassen.
Bisher ist die Urasche noch nicht endgültig geklärt.
Bisher ist die Urasche noch nicht endgültig geklärt.
Experten von Feuerwehr und Polizei suchen nach Hiweisen, was genau die Explosion ausgelöst hat.
Experten von Feuerwehr und Polizei suchen nach Hiweisen, was genau die Explosion ausgelöst hat.
Die Wucht der Explosion schleuderte auch Maschinenteile in das Nachbargrundstück der Fabrik.
Die Wucht der Explosion schleuderte auch Maschinenteile in das Nachbargrundstück der Fabrik.
Überall um die Fabrik liegen Trümmer verstreut.
Überall um die Fabrik liegen Trümmer verstreut.
Teile des Fabrikdachs wurden bis vor ein Haus in der Nachbarschaft geschleudert.
Teile des Fabrikdachs wurden bis vor ein Haus in der Nachbarschaft geschleudert.
Beschädigt wurden aber auch Häuser nahe des Fabrikgeländes.
Beschädigt wurden aber auch Häuser nahe des Fabrikgeländes.
Teile der explodierten Fabrik beschädigten in Pirna-Neundorf auch Zäune und Bäume.
Teile der explodierten Fabrik beschädigten in Pirna-Neundorf auch Zäune und Bäume.
Scheiben gingen etliche zu Bruch.
Scheiben gingen etliche zu Bruch.

Havarie in Chemiefabrik in Pirna

Bei einer schweren Explosion in einer Chemiefabrik in Pirna ist am Montag ein Mensch ums Leben gekommen.
Bei einer schweren Explosion in einer Chemiefabrik in Pirna ist am Montag ein Mensch ums Leben gekommen.
Der Tote ist ein 34 Jahre alter Chemiker aus Böblingen
Der Tote ist ein 34 Jahre alter Chemiker aus Böblingen
Vier weitere Mitarbeiter wurden schwer verletzt.
Vier weitere Mitarbeiter wurden schwer verletzt.
Das Unglück soll von einem Reaktor für chemische Produkte ausgegangen sein.
Das Unglück soll von einem Reaktor für chemische Produkte ausgegangen sein.
Die Löscharbeiten zogen sich bis zum späten Abend hin.
Die Löscharbeiten zogen sich bis zum späten Abend hin.
Zur Höhe des Sachschadens waren zunächst keine Schätzungen bekannt.
Zur Höhe des Sachschadens waren zunächst keine Schätzungen bekannt.
Zum Zeitpunkt des Unglücks gegen 17.20 Uhr befanden sich etwa 30 Firmenmitarbeiter im Gebäude.
Zum Zeitpunkt des Unglücks gegen 17.20 Uhr befanden sich etwa 30 Firmenmitarbeiter im Gebäude.
Mehr als 100 Rettungskräfte waren vor Ort.
Mehr als 100 Rettungskräfte waren vor Ort.
Für den Großeinsatz wurden auch Feuerwehren aus der Region angeforder, ebenso Helfer des Deutschen Roten Kreuzes.
Für den Großeinsatz wurden auch Feuerwehren aus der Region angeforder, ebenso Helfer des Deutschen Roten Kreuzes.

Bei der Explosion wenige Stunden zuvor starb ein 37 Jahre alter Chemiker aus Böblingen (Baden-Württemberg), ein Kollege vom dortigen Standort des Unternehmens sowie drei Pirnaer Mitarbeiter wurden in Trümmern eingeklemmt und mit schweren Brandverletzungen und Knochenbrüchen geborgen.

Nach der Explosion stieg ein Feuerball auf, wie Stadtsprecher Thomas Gockel schilderte. Die Gebäudefassade wurde nach Angaben der Feuerwehr „total zerstört“. Die Trümmer flogen bis auf die Straße, rund 50 Meter weit. Etwa 200 Feuerwehrleute, Polizisten und andere Helfer eilten in den kleinen Pirnaer Ortsteil Neundorf, in dem rund 300 Menschen leben.

Trümmerteile liegen in der Nachbarschaft

Mehr als 100 von ihnen wurden in Sicherheit gebracht. Immer wieder flammten einzelne Brände auf, bis zum späten Abend strömte ein gesundheitsschädigendes Lösungsmittel aus. Am Dienstagmorgen dann zeigte sich das ganze Bild der Verwüstung: in einem Garten liegt ein Generator, in Häusern klaffen Fensterlöcher ohne Scheiben, Teile der Produktionsanlage liegen im Firmenhof, ein Hausdach in rund 100 Metern Entfernung hat ein Loch - von einem Einschlag.

In der Fabrik, die direkt neben Wohnhäusern steht, wurden schon zu DDR-Zeiten Chemikalien produziert - Düngemittel, Textillösungsmittel. Das Gebäude, das jetzt in die Luft flog, war nach Auskunft von Pirnas Bürgermeister Klaus-Peter Hanke (parteilos) noch relativ neu. „Die Anlage hatte einen hohen Sicherheitsstand.“ Darauf habe seine Verwaltung großen Wert gelegt.

An dem Unglückstag wurde dort erst eine neue Produktion hochgefahren, ein Flammschutzmittel für Textilien und Kunststoffe. „Es war eine Erstproduktion“, wie Seifert sagte. Der bei der Explosion ums Leben gekommene Kollege war eigens deswegen im Werk. Zuvor war die Anlage schon einmal probeweise getestet worden, mit kleineren Mengen - und ohne Probleme. Noch ist unklar, warum es nun schief ging. Auch nach der Untersuchung der Produktionshalle durch Kriminaltechniker und Spezialisten gab es am Dienstag noch keine Antwort auf diese Frage. (dpa)