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Warum Flüchtlinge nicht die Feuerwehr retten

Ein Besuch bei der Nieskyer Stadtfeuerwehr weckt Interesse bei Asylbewerbern. Aber die Hürden fürs Mitwirken sind hoch.

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© André Schulze

Von Steffen Gerhardt

Niesky. Yasser ist ein Mensch, der gern hilft und das hier auch in Deutschland tun möchte. Der junge Mann ist eigentlich in Afghanistan zu Hause, lebt aber seit einiger Zeit als Flüchtling in einer Unterkunft in Niesky. Eine Möglichkeit sieht er, bei der freiwilligen Feuerwehr in Niesky mitzuhelfen. Jedenfalls gehört der Afghane mit zu der Gruppe von Flüchtlingen, die sich jetzt in Niesky im Feuerwehrtechnischen Zentrum umsah und sich über das Feuerwehrwesen in Deutschland informierte.

Organisiert hatte das Treffen Diakonisse Katarina Seifert vom Nieskyer Willkommensbündnis. Sie hat die Idee, dass Flüchtlinge sich auch über den Dienst bei der Feuerwehr integrieren können. Zudem lädt das Bündnis zum Deutsch-Café montags in Niesky ein. Das ist einer Begegnungsstätte für Flüchtlinge und Deutsche gleichermaßen. „Wir wollen uns nicht nur im Café treffen, sondern auch Einrichtungen und Vereine in der Stadt aufsuchen. So hatten wir bereits die Verkehrswacht zu Gast und waren in der Stadtbibliothek“, erzählt Schwester Katarina. Alles Dinge, die dazu beitragen sollen, die Flüchtlingen in das Leben der Nieskyer einzubeziehen, sie zu integrieren. Darin sieht diese Privatinitiative ihre ehrenamtliche Aufgabe. Nun stand die Feuerwehr auf dem Programm.

Wie schnell schnelle Hilfe gebraucht wird, das hat Yasser bereits als Kind erfahren. Als das Wohnhaus der Familie abbrannte und sein Vater mit Brandwunden an Hand und Bein in ein Krankenhaus musste. Jetzt interessierte ihn, wie die Deutschen den Brandschutz organisieren und welche Möglichkeiten sie dafür haben. Matthias Schramm von der Stadtfeuerwehr zeigte den fünf Männern aus dem arabischen Raum die Technik und welche Anforderungen an die Feuerwehrleute gestellt sind. Auch Mohamed, der sich lieber mit „Mo“ ansprechen lässt, weil sein Name so häufig vorkommt, ist begeistert. Von der Technik und den Möglichkeiten, die das Feuerwehrtechnische Zentrum bietet. Auch er könne sich vorstellen, bei der Nieskyer Feuerwehr mitzuwirken, sagt er.

Für Matthias Schramm ist das eine begrüßenswerte Idee, wenn sich die Flüchtlinge nicht nur für die Feuerwehr interessieren, sondern auch selbst aktiv mitwirken wollen. Das bringt nicht nur Abwechslung in ihren Alltag, sondern hilft, die Bereitschaftsstärke der Nieskyer Feuerwehr zu erhöhen. Ein Gedanke, den nicht nur die Nieskyer haben. Denn die Einsatzstärke ist für viele Wehren ein großes Problem.

Doch so einfach ist die Sache nicht. Das sieht Stadtwehrleiter Steffen Block. „Ein Muss ist, die deutsche Sprache zu beherrschen. Das ist besonders im Einsatz notwendig, um nicht seine eigene Gesundheit und die der Kameraden zu gefährden“, sagt Block. Auch was die gesetzlichen Regelungen dazu betrifft, sieht der Stadtwehrleiter einen Einsatz von Flüchtlingen bei der freiwilligen Feuerwehr eher skeptisch.

Dennoch beschäftigt das Thema Flüchtlinge und Feuerwehren auch andere Wehren – und das bundesweit. So sah sich die Freiwillige Feuerwehr Brunsbüttel im vergangenen Jahr damit konfrontiert, dass mit einem Schlag 25 Flüchtlinge eintreten wollten. Vorangegangen war eine Info-Veranstaltung der Wehr, an der auch Asylbewerber teilnahmen. Gemeindewehrführer Bernd Meier sagte gegenüber dem Feuerwehr-Magazin, dass die schlechten oder fehlenden Deutschkenntnisse einen direkten Eintritt in die Wehr nicht infrage kommen lassen. Also entschloss sich die Wehrführung, eine Integrationsgruppe zu bilden, um Flüchtlinge an den Dienst in der Feuerwehr langsam heranzuführen. Über diesen Weg könnten sie mit entsprechender Eignung, auch sprachlich, zu Brandschutzhelfern ausgebildet werden. Das setzt aber voraus, dass so ein Projekt Akzeptanz bei den Kameraden findet und sie sich auch bereit erklären, als Paten für ihre neuen Kameraden zu wirken. Das sind die Erkenntnisse, die der Gemeindewehrführer in den ersten Monaten gewonnen hat.

Dass der Bedarf da ist, hat der Deutsche Feuerwehrverband erkannt. Er initiierte das Projekt: „Deine Feuerwehr – Unsere Feuerwehr! Für ein offenes Miteinander“. Ausgangspunkt ist, dass verschiedene Hemmnisse dem Engagement von Drittstaatsangehörigen in den freiwilligen Feuerwehren entgegenstehen, so der Verband. Durch das Projekt wird seitens der Feuerwehren auf diese Hemmnisse eingegangen, Vertrauen gewonnen und eine Willkommenskultur entwickelt. Außerdem sei das Projekt gut vernetzt und arbeite mit den Migrantenorganisationen zusammen.