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Warum klappern Kinder in Schirgiswalde?

Über Ostern wird es in einigen sorbischen Dörfern durch die Orte schallen. Der Brauch ist schon Jahrhunderte alt - und hat mit der Kreuzigung von Jesus zu tun.

Von Irmela Hennig
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In Schirgiswalde ersetzen Mädchen und Jungen Karfreitag und -samstag mit Klappern das Geläut.
In Schirgiswalde ersetzen Mädchen und Jungen Karfreitag und -samstag mit Klappern das Geläut. © Hans Klecker

Sich noch einmal umdrehen und weiterschlafen: An Feiertagen wie dem Karfreitag ist das eigentlich kein Problem. In Schirgiswalde und einigen sorbischen Dörfern werden die Bewohner aber unsanft geweckt. Dort wird ein Brauch gepflegt, der wenig bekannt ist: das Klappern.

Vom Gründonnerstagabend an bis zum Ostermorgen verzichten die Kirchen überall auf das Geläut, weil Jesus der biblischen Überlieferung nach in diesen Tagen hingerichtet und bestattet wurde. Damit die Gläubigen früher trotzdem wussten, wann es Zeit zum Beten war, zogen die „Klapperjungen“ mancherorts durchs Dorf, um sie daran zu erinnern. Morgens, mittags und abends nahmen sie dafür die Holzklappern oder Ratschen zur Hand. Meist um sechs Uhr, um zwölf Uhr und um 18 Uhr schallte dann der Lärm durch die Lande.

„Im Volksmund heißt es: Die Glocken ziehen nach Rom, um beim Papst ihre Osterbeichte abzulegen“, gibt der Oberlausitzer Heimatforscher Hans Klecker aus Zittau die humorige Erklärung für die Tradition. Er hat ein Buch über die Osterbräuche der Region geschrieben. Auch das Klappern hat ein Kapitel bekommen. Das wurde einst zum Beispiel in den Pfarrdörfern des Klosters St. Marienthal bei Zittau gepflegt. Dort ist es aber verschwunden, nachdem die Orte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs an Polen fielen. 

Tradition seit Jahrhunderten

Heute sei das Klappern selten geworden. In Schirgiswalde halten die Menschen daran fest. Dort ziehen Jungen und mittlerweile auch Mädchen um die katholische Kirche und um das Pestgrab im Ortsteil Neuschirgiswalde. Dabei gibt die Uhrzeit die Zahl der Runden vor. „Weil die Kirche in Schirgiswalde auf dem Berg steht, ist das hier sehr gut zu hören“, erzählt der Schirgiswalder Stefan Wollmann, der sich mit Traditionen auskennt. Das Klappern locke auch Touristen an.

Stefan Wollmann schätzt, dass die Jungen schon um 1741 geklappert haben, als die jetzige Kirche gebaut wurde. Auch zu sozialistischen Zeiten haben die Christen daran festgehalten. „Die Kinder sind schon stolz, wenn sie da mitmachen“, meint Wollmann. Allerdings liegt das frühe Aufstehen nicht jedem, wie der Schirgiswalder Pfarrchronist Konrad Thomas weiß. Zur Morgenrunde kommen eher weniger Klapperjungen und -mädchen. Auch bei Schnee oder Regen sei der Zulauf manchmal nicht so groß. Insgesamt machen rund 40 Kinder und Jugendliche mit, und 15 bis 20 in Neuschirgiswalde.

Die Klapper, die in Schirgiswalde zum Einsatz kommt, besteht aus Holz. Auf einem Stiel ist ein kleines Brettchen befestigt. Und darauf ist in der Mitte ein beweglicher hölzerner Hammer angebracht. Der schlägt beim Schwingen aufs Brett. Möglichst im Takt sollen die Schirgiswalder Klapperkinder dabei bleiben. „Geübt wird das vorher nicht“, sagt Konrad Thomas. Im Klosterdorf Marienthal und Seitendorf, heute Zatonie bei Bogatynia (Reichenau) an der Neiße, war das Klappern auch eine Möglichkeit für die Kinder, um sich etwas zu verdienen. Sie zogen klappernd durchs Dorf und bekamen Eier und Geld. (ihg)

Die Klapperkinder von Schirgiswalde klappern Karfreitag und Karsamstag, um sechs, zwölf und 18 Uhr (Freitag zudem 14.45 Uhr) an der Katholischen Pfarrkirche.