Von Jens Fritzsche
Radeberg. So hat man die Musik der legendären „Comedian Harmonists“ wahrscheinlich noch nie erlebt! Und das Wort „erlebt“ ist dabei durchaus bewusst gewählt. Verpackt als Sitzung einer Art Männer-Selbstfindungs-Gruppe nämlich. Einen Abend mit den „Dresden Harmonists“ – wie am Freitag bei „Bier & Kultur“ im Conrad-Brüne-Haus der Radeberger Brauerei – muss man(n) und Frau einfach gehört und gesehen haben!
So erfährt das Publikum zum Beispiel, warum Männer ihre Frauen nie wirklich verstehen können: Ein Blick ins Inhaltsverzeichnis einer Frauenzeitschrift genügt dazu; denn nach den Diät-Tipps kommen dort ja gleich die Kochrezepte.
Aber natürlich sind die „Dresden Harmonists“ vor allem ein musikalisches Erlebnis! Ganz dicht am Original, ohne wirklich ein akustisches Abziehbild sein zu wollen. Denn nicht allein die erwähnten unglaublich hintersinnig-pointierten, ja mitunter auch wunderbar sarkastischen Moderationen von Gregor Hirschmann – einem der drei Tenöre des Abends – machen dieses Erlebnis so besonders. Auch die zum Dauerschmunzeln im Publikum führende Selbstironie in Mimik und Gestik der fünf Sänger und des Pianisten Andreas Lammel gehört unbedingt dazu. Aber nicht zuletzt eben diese musikalischen Kabinettstückchen, in die Klassiker der „Harmonists“ fast unbemerkt melodische Anspielungen aufs Heute einzubauen, sorgen für einen unglaublich-mitreißenden Zauber. Es gibt so viel zu entdecken, dass man sich unbedingt vornimmt: Die muss ich einfach noch einmal erleben! Und dass sich das lohnt, ist nach diesem fesselnden Abend im ausverkauften Saal so klar wie die Stimmen dieser beeindruckenden Sänger.
Mit Sicherheit hätten dabei auch die Originale ihre wahre Freude an den Dresdnern. Denn genauso, so voller Hintersinn und Zweideutigkeit, hatten sie es wohl schon damals gemeint. Damals, am Ende der „Goldenen Zwanziger“, als sie sich im Dezember 1927 aufmachten, von einer Wohnung in Berlin-Friedenau aus die Welt zu erobern. Dort, in der Wohnung von Harry Frommermann in der Stubenrauchstraße hatten sich die Sänger zum ersten Mal getroffen. Frommermann hatte eine Zeitungs-Anzeige aufgegeben, um Mitstreiter für sein Projekt zu finden. Und dass die musikalischen Erben mit dem Material nun zwar sorgsam, aber nicht in Ehrfurcht erstarrt umgehen, würde ihnen wahrscheinlich gefallen. Denn so erklingen eben nicht „einfach nur“ alte Hits, sondern so sind diese Lieder wirklich lebendig. Und mit Sicherheit ging es bei den Proben der „Comedian Harmonists“ wohl genauso fröhlich zu, wie bei denen der „Dresden Harmonists“. Zumindest lassen das die Geschichten vermuten, die Gregor Hirschmann von besagten Proben in Dresden und vor allem über seine Kollegen genüsslich hämisch zu erzählen weiß. Dass sich die sechs Musiker dann mitunter auch auf der Bühne gegenseitig mit urkomischen Einlagen überraschen und sich mit diebischer Freude darüber amüsieren können, den anderen ein wenig aus dem Konzept gebracht zu haben, macht das Ganze umso mehr authentisch. Da stehen wirkliche Musiker auf der Bühne, die zwar in jedem Fall die Musik, aber sich selbst nicht so bierernst nehmen.
Und das muss man erlebt haben!
Das nächste Mal „Bier & Kultur“: Am 9. Februar wird der bekannte Musiker Dirk Zöllner mit seinem Buch „Affenzahn“ zur musikalischen Lesung nach Radeberg kommen. Tickets können reserviert werden unter der Tickethotline 03528 454260 oder per [email protected]